Das ausgebremste Wunderkind

Gut drei Jahre ist es her, als Ansu Fati mit einem Treffer in seinem zweiten Liga-Spiel zum jüngsten Barca-Torschützen der Geschichte wurde.

Auch in der Champions League krönte sich Fati Ende 2019 zum historisch jüngsten Torschützen, ehe ihm dieses Kunststück auch in der spanischen Nationalmannschaft gelang. Mit nur 17 Jahren und 311 Tagen traf das Wunderkind gegen die Ukraine.

Überall wurde der Youngster gefeiert und als neuer Superstar gehandelt. Rund um Barcelona hofften viele sogar, dass Fati eines Tages der Nachfolger von Lionel Messi werden könnte - und so war es kein Zufall, dass ausgerechnet Fati nach dem Abgang des Superstars dessen Nummer 10 erbte.

Doch ein Sprung in die Gegenwart macht deutlich, dass der 20-Jährige den Erwartungen und Hoffnungen in Barcelona aktuell noch weit hinterherhinkt. In 14 Saisonspielen für Barca erzielte er drei Treffer, in der Champions League traf er in dieser Saison noch gar nicht.

In einem Interview mit Mundo Deportivo erklärte er zudem, dass er unter Trainer Xavi nicht die Einsatzzeit erhalte, die er sich wünsche. Er respektiere jedoch die Entscheidung der Barca-Ikone, da diese seine Verletzungshistorie berücksichtige.

Verletzungspech des Wunderkindes

Um dies besser zu verstehen, müssen wir in der Zeit zurückgehen: Als Sohn von Flüchtlingen kam Fati im Alter von sechs Jahren aus Guinea-Bissau mit seiner Familie nach Sevilla und wurde vier Jahre später von Barca in La Masia aufgenommen.

Nachdem er 2019 einen Profivertrag unterschrieb und die oben erwähnten ersten Ausrufezeichen setzen konnte, folgten allerdings Verletzungen, die das Wunderkind ausbremsten. Ende 2020 fiel Fati nach einem Meniskusriss sogar fast ein ganzes Jahr aus.

Fati schaffte aber ein sensationelles Comeback und traf in seinem ersten Spiel zurück auf dem Rasen direkt nach seiner Einwechslung. Barca verlängerte daraufhin seinen Vertrag nur einen Monat später bis zum 30. Juni 2027, die Ausstiegsklausel wurde auf eine Milliarde Euro erhöht.

Doch die Verletzungsprobleme wurde Fati weiterhin nicht los. Immer wieder stoppten Blessuren den inzwischen 20-Jährigen, oft bereitete dabei der Oberschenkel Probleme.

Xavi baut Wunderkind Fati behutsam auf

Kein Wunder, dass Xavi nun so behutsam mit dem einstigen Wunderkind umgeht und ihn in 14 Saisonspielen nur dreimal von Beginn an auflaufen ließ. Keine einzige Partie in La Liga spielte er dabei über 90 Minuten.

Immerhin: Nach vielen Kurzeinsätzen in der Champions League - unter anderem zweimal gegen den FC Bayern - durfte Fati im letzten Gruppenspiel bei Viktoria Pilsen erstmals über 90 Minuten ran.

Nach der WM will er sich bei Barca endlich wieder einen Stammplatz erkämpfen - doch erst einmal steht Katar für Fati im Mittelpunkt, nachdem Spaniens Nationaltrainer Luis Enrique ihn über zwei Jahre nach seinem letzten Länderspiel für die WM nominiert hat.

Fati gibt WM-Debüt für Spanien

Dass sich die Herangehensweise seiner Trainer in der spanischen Liga sowie der Nationalmannschaft stark unterscheidet, erklärt der Youngster folgendermaßen: „Ich denke, jeder Trainer hat seine eigene Art, die Dinge zu sehen. Jeder hat seine eigene Art zu sein, zu erklären und zu spielen.“

Bei Spaniens Trainer Enrique schätzt Fati vor allem dessen direkte Art und wie er die Dinge vermittelt. Und natürlich freut sich der WM-Debütant über das Vertrauen des Trainers, ihn für die WM nominiert zu haben. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)

Nach zwei Spielen ohne Einsatz wurde Fati im letzten Gruppenspiel gegen Japan in der 68. Minute eingewechselt, konnte die 1:2-Niederlage aber nicht mehr verhindern.

Dank des deutschen Sieges gegen Costa Rica kam Spanien dennoch ins Achtelfinale. (DATEN: WM-Spielplan 2022)

WM in Katar Belohnung der harten Arbeit

Damit ist in Spanien aber natürlich noch niemand zufrieden, weiß Fati, der seine Nominierung als Belohnung für seine harte Arbeit nach den vielen Verletzungen in den vergangenen zwei Jahren empfindet. Doch er warnt vor Achtelfinal-Gegner Marokko.

„Sie sind sehr stark. An diesem Punkt kann jedes Team mit dir konkurrieren, jeder ist taktisch und physisch vorbereitet. Wir beobachten das Turnier, es ist sehr ausgeglichen, niemand gewinnt leicht. Marokko ist im Achtelfinale, weil sie es verdienen. Es wird ein sehr hartes Match“, ist sich Fati sicher.

Damit auch Fati im Falle eines Einsatzes dem Team bestmöglich helfen kann, legt er oft sogar Extra-Einheiten am Nachmittag ein, um sich weiter zu verbessern. (DATEN: Gruppen und Tabellen der WM)

„Es ist etwas, was ich mein ganzes Leben lang getan habe, weil ich versuche, mich zu verbessern und mich gut zu fühlen. Und an den Nachmittagen, an denen ich freihabe, ziehe ich es vor, bestimmte Dinge zu tun, die mir ein gutes Gefühl geben. Also werde ich es weiterhin tun“, erklärte der Spanier.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Verletzungen in Zukunft ausbleiben - dann könnte angesichts dieses Fleißes das Wunderkind womöglich doch noch sein volles Potenzial entfalten.