Die Bayern lachen sich kaputt – noch

Die Bayern lachen sich kaputt – noch

Zugegeben: Was Bayern-Angreifer Robert Lewandowski gegen Wolfsburg mit seinen fünf Toren an Show ablieferte, dafür reicht nur das Prädikat Weltklasse. Zugegeben: Lewandowskis Mannschaft, der FC Bayern München, ist ebenfalls Weltklasse. Und natürlich: Die Bayern sind auch in dieser Saison der heiße Favorit auf den Meistertitel, zu stark und prominent ist der Kader besetzt. Aber Vorsicht: Sicher ist das mit der Meisterschale noch lange nicht. Auch wenn die Dortmunder in Hoffenheim trotz Überlegenheit zwei Punkte liegen ließen, bleibt die Tuchel-Truppe der schärfste Rivale der Münchner im Kampf um den Olymp des deutschen Vereinsfußballs. Das hat Gründe.

Diese sind nicht in erster Linie auf dem grünen Rasen zu suchen, sondern primär in den Köpfen der jeweiligen Akteure. Während bei den Bayern zumindest die beiden nationalen Titel, Meisterschaft und DFB-Pokal, ein Minimum darstellen und Trainer Pep Guardiola dieses Jahr auch die Champions League gewinnen sollte, ticken die Uhren in Dortmund anders. Niemand wusste, was von den Schwarz-Gelben unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel zu erwarten ist. Nun ist klar: Alle Erwartungen wurden übertroffen – meilenweit, trotz des kleinen Rückschlags am Mittwochabend.

Tuchel hat Dortmund fit gemacht. Nicht nur spielerisch. Tuchel ist in die Köpfe seiner Spieler gekrochen, hat ihnen neues Selbstbewusstsein eingeimpft, hat das Trauma der vergangenen Saison geheilt. Elf Pflichtspiele in Folge hatten die Dortmunder vor Hoffenheim gewonnen, eine herausragende Erfolgsserie, die alle Beteiligte zum Träumen einlädt. Jeder derjenigen Dortmunder, der im letzten Jahr diesen schier unfassbaren Absturz auf den letzten Tabellenplatz erlebte, scheint mittlerweile zu wissen: Wir können jede Krise meistern! Wir können alle schlagen! Wir können Meister werden! Ein Mantra quasi, dass es den Bayern bis zum Schluss schwer machen wird.

Dortmunder Aufschwung dank Tuchel

Dortmund wird auch trotz Hoffenheim nicht einbrechen. Dafür hat Tuchel seine Leistungsträger stark geredet, hat die labile Seele eines Henrich Mchitarjan gestärkt und den Armenier wieder zu dem gemacht, was er ist: einer der besten Spieler der Liga, der in Hoffenheim erst in der zweiten Halbzeit kam und sogleich Akzente setzte. Auch Ilkay Gündogan hat Tuchel die Flausen ausgetrieben und ihn zum Chef auf dem Platz befördert - und die bisherige Leistung eines Pierre-Emerick Aubameyang ist beinahe höher zu bewerten als die von Lewandowski. Auch in Hoffenheim traf der Gabuner, und damit in allen bisherigen sechs Ligapartien. Das ist Liga-Rekord! Vielleicht für die Ewigkeit.

Dortmund funktioniert. Die Bayern auch. Der Unterschied aber ist, dass die Bayern an ihren standardisiert hohen Ansprüchen nur scheitern können. Selbst ein Triple wäre fast normal, es sind schließlich die Münchner Millionarios. Für die Borussia dagegen, schon immer emotional aufgeladen, wäre der Gewinn nur eines einzigen Titels himmlisch. Der Hunger danach ist riesengroß, von Sattheit keine Spur. Eine enorme Kraftquelle, wenn es in den entscheidenden direkten Duellen gegen die Bayern um Alles geht.

Cleverness als Unterschied

Lust auf Fußball, Lust auf Neues – das ist Dortmund im Jahr 2015. Die erfolgreiche Klopp-Ära ist Geschichte, auch in Hoffenheim hat man Tuchels innovativen Fußball wieder bestaunen dürfen. Klopps Hochgeschwindigkeits-Fußball gibt es zwar weiterhin, aber nur noch in den entscheidenden Momenten. Ansonsten herrscht ein cleverer Fußball vor, der weiterhin erfolgreich sein wird.

Garantiert werden sich die Bayern am Mittwochabend ins Fäustchen gelacht haben. Ihre Partie in Hoffenheim haben sie in letzter Sekunde gewonnen, Dortmund hat das nicht geschafft. Vielleicht ist diese Cleverness im Moment der Unterschied. Noch. Denn Hunger, Lust und Leidenschaft sind die Faktoren, die Dortmund helfen könnten. Am 4. Oktober, also in zwei Spieltagen, weiß man mehr. Dann gastieren die Dortmunder in München – und dürfen zeigen, dass sie Meister werden wollen. Die Qualität hätten sie.