Matthäus exklusiv: Deutsche Teams müssen Asien erobern

Lothar Matthäus liefert ab sofort Eindrücke und Analysen für Yahoo Sport.
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Liebe Fußball-Freunde.
Liebe Yahooligans,

es ist derzeit das beherrschende Thema im deutschen Fußball: Transfers und das wahnsinnig viele Geld, das dabei eine Rolle spielt. Vor allem die englische Premier League scheint mit den Geldscheinen förmlich nur so um sich zu schmeißen, die genannten Summen sind astronomisch und für „Otto Normalverbraucher“ sicher schon lange nicht mehr nachvollziehbar. Meiner Meinung nach ist diese Entwicklung aber auch nur eine logische Konsequenz marktwirtschaftlicher Begebenheiten. Der „Markt“ in England und damit auch die jeweiligen Vereine profitieren schlichtweg von gigantischen Einnahmequellen. Der Kuchen ist von Jahr zu Jahr größer geworden -   und zwar in allen Bereichen. Ob Sponsorengelder, Ticketeinnahmen oder – und das vor allem – TV-Einnahmen: Es ist einfach irre viel Geld im Spiel. Das geht die Schere zwischen England und der deutschen Bundesliga mittlerweile schon sehr weit auseinander.

Ihr wollt wissen, ob dieser Prozess aufzuhalten ist? Ehrliche Antwort: Ich weiß es nicht. Eine zielführende Maßnahme für deutsche Vereine könnte es sein, den asiatischen Markt zu erobern. Ich war erst neulich vor Ort und habe mich in Asien umgesehen. Die Fußball-Begeisterung dort ist der absolute Hammer. Allerdings habe ich während meines Aufenthalts schnell gemerkt: Die englische Premier League ist in Asien in Sachen Popularität den anderen europäischen Ligen weit voraus. Auch der Bundesliga.

Der FC Bayern sieht sich nach strategischen Partnerschaften in Fernost um. (Bild: Wu Zhizhao/ChinaFotoPress/Getty Images)
Der FC Bayern sieht sich nach strategischen Partnerschaften in Fernost um. (Bild: Wu Zhizhao/ChinaFotoPress/Getty Images)

Dennoch ist es genau richtig, was Bayern München oder Borussia Dortmund gerade machen. Es führt wohl kein Weg daran vorbei, sich in punkto Marketing in Richtung Asien zu bewegen. Natürlich besteht die Gefahr, dass kleine deutsche Vereine auf Dauer mit den „Big Playern“ aus München oder Dortmund finanziell nicht mehr mithalten können – aber hier macht die Deutsche Fußball-Liga (DFL) alles richtig, wie ich finde. Sie unterstützt die kleineren Vereine bei ihren Expansionsvorhaben, so profitieren diese auch davon. Man muss in Asien einfach präsent sein.

Klar ist meiner Meinung nach, dass man die Geldschraube nicht mehr zurückdrehen kann. Da hilft auch ein „Salary Cap“, eine Gehaltsobergrenze, nichts. Die hatte zuletzt der Frankfurter Spieler Stefan Reinartz in Erwägung gezogen. So etwas halte ich für nicht durchsetzbar. Der jeweilige Spieler ist auf seinen Vertrag fokussiert und auf das damit verbundene Ergebnis.

Damit wären wir auch bei einem anderen großen Thema der letzten Tage: Kevin de Bruyne. Wolfsburg. Manchester City. Bayern. Paris. Vom Gefühl her würde ich sagen, de Bruyne soll trotz der wirtschaftlich hoch attraktiven Angebote in Wolfsburg bleiben. Dort hat er eine wahre Wohlfühloase, ist anerkannt und hat sich einen hohen Status erarbeitet. Er scheint ein passendes Umfeld auch zu benötigen um diese Leistungen abrufen zu können. Wie wir alle wissen, ist er in der Premier League beim FC Chelsea ja schon einmal gescheitert und somit ein gebranntes Kind. HIER, in Deutschland, ist er ein Star, in England nur einer unter vielen. Geld hilft nicht immer, das sollte sich de Bruyne denken. In Mario Götze beim FC Bayern hat er ein negatives Beispiel vor Augen, wie wichtig der Faktor „Wohlfühlen“ ist.

ManCity will angeblich 75 Millionen Euro für Kevin De Bruyne bezahlen. (Bild: Peter Steffen/dpa)
ManCity will angeblich 75 Millionen Euro für Kevin De Bruyne bezahlen. (Bild: Peter Steffen/dpa)

Geld, Geld, Geld. Die Engländer jedenfalls tun sich mit ihrer Legionärsflut keinen Gefallen – zumindest wenn man sich die Nationalmannschaft oder auch die Spitzenclubs in den internationalen Wettbewerben anschaut. Da waren die Erfolge in den letzten Jahren überschaubar. Das Geld birgt also auch Gefahren.  Große englische Talente erfahren nicht die notwendige Förderung und die damit verbundenen notwendigen Einsatzzeiten, die einheimischen Spieler versauern auf der Bank. Das ist schlecht für die Stimmung. Und kein gutes Signal für eine erfolgreiche Zukunft.

In diesem Sinne
Euer Lothar