Nach dem WM-Aus: So geht es mit dem DFB-Team weiter

Die WM-Reise ist für das DFB-Team vorbei, deutlich früher als erwartet. Kommt jetzt ein großer Umbruch? Wie es mit Flick, Müller, Kimmich und Co. weitergeht.

War's das? Müller bedankte sich im Interview nach dem Costa Rica Spiel bei den Fans, es klang sehr nach Abschied. (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)
Ausgemüllert? Thomas Müller bedankte sich im Interview nach dem Costa Rica Spiel bei den Fans, es klang sehr nach Abschied. (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

Nach dem überraschenden Ausscheiden in der Vorrunde steht der DFB in der Kritik. Die mangelnde Nachwuchsarbeit wird thematisiert, die Kaderzusammenstellung, sportliche Leitung und auch die Spieler werden in Frage gestellt. Der Fokus richtet sich bereits auf die EM im eigenen Land 2024. Ein erster Überblick über die Zukunft des DFB-Teams.

Sportliche Leitung:

Oliver Bierhoff wirkte nach dem WM-Aus ziemlich geknickt, auch wenn der Geschäftsführer der deutschen Nationalmannschaft gewohnt distanziert und kontrolliert auf harte Interviewfragen reagierte. Er habe "leider keine Argumente" nach dem doppelten Vorrunden-Aus und einer enttäuschenden EM 2021. Dennoch schloss der EM-Held von '96 einen Rücktritt aus. Bierhoff ist seit 2004 an der Entwicklung der DFB-Mannschaft verantwortlich, auch die Jugendarbeit liegt in seiner Zuständigkeit. Diesen Weg will er mindestens bis zu seinem Vertragsende 2024 weiter begleiten.

Hansi Flick wird sicherlich im Nachhall der WM die meiste Kritik einstecken müssen. Was deutlich wurde: Unter seiner Ägide ist bisher kein fester Kern der Nationalmannschaft gewachsen. Vor allem in der Defensive fehlt Konstanz, allerdings kann sich auch Flick keine Spieler herbeizaubern. Flick - und mit ihm wohl auch sein Trainerteam - werden die Aufgabe haben, ein stärkeres, neu gestaltetes Team bis zur Heim-EM aufzubauen. Direkt nach dem Aus machte Flick klar, dass er vor hat, diese Aufgabe auch zu erfüllen.

Tor:

Manuel Neuer ist mit 36 Jahren mit Abstand der älteste Spieler im WM-Kader. Zuletzt hatte der Bayern-Torwart vermehrt mit Verletzungen zu kämpfen, war trotzdem auch in Katar wieder sicherer Rückhalt. Gut möglich, dass er seine bislang 117 Länderspiele nicht mit dem Aus in Katar beenden will. Dahinter warten allerdings mit Marc-André ter Stegen und Kevin Trapp zwei Torhüter seit Jahren auf ihre große Chance. Vielleicht wird es also bei der EM einen ähnlichen Wechsel im Tor geben, wie einst 2006 zwischen Kahn und Lehmann.

Der Ehrgeiz ist noch da: Bleibt Manuel Neuer auch bei der EM die Nummer 1? (Bild:  REUTERS/Annegret Hilse)
Der Ehrgeiz ist noch da: Bleibt Manuel Neuer auch bei der EM die Nummer 1? (Bild: REUTERS/Annegret Hilse)

Abwehr:

Die Verteidigung war das große Manko, nicht nur bei dieser WM. Vor allem auf den Außenpositionen ist die Generation Philipp Lahm nie adäquat ersetzt worden. Nico Schlotterbeck und David Raum mussten heftige Kritik einstecken. Bis zur EM haben beide aber Zeit, im Verein weiter zu reifen. Antonio Rüdiger gehörte (meist) zu den Lichtblicken dieses Turniers. Der 29-Jährige sollte auch bei der EM in der Innenverteidigung gesetzt sein.

Einziger Stabilitätsfaktor in der DFB-Abwehr: Antonio Rüdiger. (Bild: REUTERS/Matthew Childs)
Einziger Stabilitätsfaktor in der DFB-Abwehr: Antonio Rüdiger. (Bild: REUTERS/Matthew Childs)

Daneben wird es allerdings schwer, denn Niklas Süle dürfte höchstens aus Mangel an Alternativen noch zum Kader gehören, Routinier Mats Hummels wurde schon jetzt aussortiert. Wichtig wird sein, künftig eine eingespielte Verteidigung zusammen zu stellen, die nicht neu formiert in ein Turnier gehen muss.

Mittelfeld:

Kaum jemand war so geknickt, wie Joshua Kimmich nach dem Costa Rica Spiel. Dabei gehörte das defensive Mittelfeld noch zu den Glanzstücken der deutschen Mannschaft. Mit Ilkay Gündogan ist nur ein Spieler über 30, Leon Goretzka und Kimmich bilden bei Bayern und in der DFB-Elf ein starkes Duo. Wenn sie den Frust der letzten Turnier als Lehrstunde begreifen, könnten sie die vielbeschworenen Leader in der Tradition von Schweinsteiger und Ballack auf dem Platz werden.

Die Worte von Thomas Müller direkt nach dem Abpfiff klangen dagegen schon sehr nach Abschied. Mit dem Weltmeister von 2014 würde ein Ära zu Ende gehen. Bei allem Charakter muss man nach dieser WM allerdings sagen: Vielleicht sogar ein wenig zu spät. Zu sehr auf den treuen Müller gesetzt zu haben, ist ein Vorwurf, den sich Flick gefallen lassen muss. Doch die Offensive verheißt eine goldene Zukunft. Mit den erfahrenen aber immer noch erst 26-jährigen Serge Gnabry und Leroy Sané steuert ein weiteres starkes Bayern-Duo bei den nächsten Turnieren auf den Karriere-Höhepunkt zu.

Schneller als sein Schatten. Oder zumindest als die meisten Gegenspieler. Jamal Musiala war einer der Lichtblicke des DFB-Teams. (Bild: REUTERS/Kai Pfaffenbach)
Schneller als sein Schatten. Oder zumindest als die meisten Gegenspieler. Jamal Musiala war einer der Lichtblicke des DFB-Teams. (Bild: REUTERS/Kai Pfaffenbach)

Und mit einem agilen Kreativ-Spieler wie Jamal Musiala gab es schon einige vielversprechende Ausblicke auf das zukünftige Gesicht des DFB. Mit ein bisschen mehr Erfahrung auf internationalem Niveau und etwas mehr Ruhe im Tor-Abschluss wird der 19-Jährige diese Mannschaft prägen. Besonders bitter dürfte dagegen die DFB-Karriere von WM-Held Mario Götze enden. Sein Comeback bei Eintracht Frankfurt und die WM-Nominierung als Lohn endeten mit zwei Kurzeinsätzen und vorzeitiger, als erwartet. Die Zukunft wird der 30-Jährige wohl nicht mehr mit gestalten dürfen.

Sturm:

Niclas Füllkrug war der Publikumsliebling und mit zwei WM-Toren löste er die Erwartungen ein. Der 29-Jährige ist in dieser Form ein dringend benötigter Zielspieler im Strafraum. Sollte er weiter in der Bundesliga treffen, wird er zu seinen bisher vier Länderspielen wohl noch ein paar hinzu fügen, denn ähnliche Spielertypen sind Mangelware.

Es sollte das einzige echte Highlight bleiben: Niclas Füllkrug traf gegen Spanien spektakulär zum Ausgleich. (Bild: REUTERS/Matthew Childs)
Es sollte das einzige echte Highlight bleiben: Niclas Füllkrug traf gegen Spanien spektakulär zum Ausgleich. (Bild: REUTERS/Matthew Childs)

Dafür gibt es mit Youssoufa Moukoko (17) und Karim Adeyemi (20) zwei vielversprechende schnelle Umschaltspieler, die bis zur EM zwei Jahre Zeit haben, Erfahrung zu sammeln. Auch Kai Havertz ist nach wie vor erst 23 und bewies mit ordentlich Wut im Bauch und zwei Toren gegen Costa Rica, dass er durchaus Ansprüche auf eine Führungsrolle im DFB-Team hat.

Fazit:

Der ganz große Umbruch wird nicht kommen, ein paar alte Gesichter sollte Flick aber aussortieren. Die dringend benötigte Stabilisierung der Defensive bleibt die Hauptaufgabe. Mit Füllkrug und vor allem Musiala gibt es zwei echte Gewinner der WM. Doch auch die anderen Youngsters sollten ihre Chancen bei Flick bekommen. Pflichtspiele gibt es im Jahr 2023 als EM-Gastgeber allerdings nicht, die nächste Länderspielpause für Testspiele steht Ende März an.