Was ist der VfL Wolfsburg noch wert?

Von Jens Fischer

Was ist der VfL Wolfsburg noch wert?

Pleite bei Manchester United, Riesen-Rückstand auf die Bayern in der Bundesliga, Spieler am Pranger – in Wolfsburg läuft es nicht mehr rund. Auf Trainer Dieter Hecking wartet die bislang wohl schwerste Phase seiner Karriere.

Wenn sich Klaus Allofs da mal nicht ordentlich verrechnet hat. „Der VfL ist für die Marke VW mehr wert als die tatsächlich investierte Summe“, sagte der Wolfsburg-Manager neulich in der „Zeit“. Nach dem Auftritt der Niedersachen bei Manchester United muss man leider sagen: Die Mannschaft von Trainer Dieter Hecking ist derzeit ungefähr so viel wert wie ein Solarium in der Wüste Gobi. Mit 1:2 verloren die Stars rund um André Schürrle, Julian Draxler und Bas Dost im alt ehrwürdigen Old Trafford nach zugegeben harten und ehrlichem Kampf – für viel mehr als eine knappe Niederlage bei Schweinsteiger und Co. hat es aber nicht gereicht. Die offene Frage ist: Was ist Wolfsburg augenblicklich wert?

Fakt ist derzeit, dass die Millionen-Truppe von Trainer Dieter Hecking nach einigen Wochen Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal in einer handfesten Krise steckt. In der Bundesliga strahlen die selbsternannten Bayern-Jäger null Gefahr auf die Münchner aus und haben neun Punkte Rückstand und auch in der Champions League müssen sie aufpassen. Trotz sehr leichter Gruppe wackeln sie nach zwei Spieltagen bedenklich. Weiterkommen? Keineswegs sicher.

Heckings Auftrag: Siege am Fließband

Auf Trainer Hecking wartet deshalb die wohl die schwerste Zeit seiner Trainer-Karriere. Der eigentlich als rücksichtsvoll und mit hoher sozialer Kompetenz ausgestattete Hecking hatte in den letzten mächtig internen Druck ausgeübt. Da ging es einmal um das egoistische Verhalten seines Torjägers Dost, das andere Mal bekam Weltmeister Schürrle, mit dem sie in der VW-Stadt so gar nicht zufrieden sind, ordentlich sein Fett weg. Auch wenn Schürrle in Manchester nach seiner Einwechslung Druck entfachte und von Allofs nach der Partie in Schutz genommen wurde, ist offensichtlich: angekommen ist der oft überhastet wirkende Schürrle in Wolfsburg (noch) nicht.

Es sind aber nicht die kleinen Spieler-Probleme, die Hecking umzingeln, es geht vielmehr um das große Ganze. Der 51-Jährige muss auf seiner nächsten Karrierestufe für dauerhaften Erfolg in Wolfsburg sorgen, die Zeiten des Außenseites und Überraschungsteams sind längst Geschichte. Jede Menge Siege, und das über die nächsten Jahre hinweg – das ist Heckings Auftrag. Diese Denke hat sich mittlerweile auch auf die Spieler übertragen. „Wir werden die Bayern nicht in Ruhe lassen“, meinte Verteidiger Ricardo Rodriguez vor dem ersten Spieltag – davon ist der VfL derzeit meilenweit entfernt.

De Bruyne Abgang wiegt schwer(er als gedacht)

Das liegt auch daran, dass der Weggang von Kevin de Bruyne noch lange nicht kompensiert ist. Auch in Manchester fehlten die Ideen des Ballgenies, Kruse und Draxler können ihn nur schwer ersetzen. Die Mannschaft wirkt nicht eingespielt, die Zeit dafür haben sie allerdings nicht. Zu groß ist der Druck des Gewinnenmüssens.

Schließlich investiert Großsponsor VW jedes Jahr eine Riesen-Summe (ca. 70 Millionen Euro jährlich schreibt sportschau.de), um das Unternehmen Fußball in Wolfsburg zu etablieren. Spätestens mit der Abgasaffäre aber hat der Fußballclub Wolfsburg nun eine weitere Baustelle abseits des grünen Rasens. Denn VWs Engagement für den Fußball war eng mit dem Namen Martin Winterkorn verknüpft. Der Boss des Giganten VW musste gehen, was jetzt? Darf der VfL noch weiter profitieren, obwohl auf VW Schadensersatzforderungen in astronomischer Höhe zurollen? Man darf gespannt sein – wie auf so vieles derzeit beim VfL Wolfsburg.