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Der Überdenker bricht seine Regeln

Der Überdenker bricht seine Regeln

Robbie Savage (45) sorgte im Sommer für ein wenig Aufsehen in England.

Der Kolumnist beim Mirror tippte Manchester City vor der Saison nur auf den vierten Rang - hinter Liverpool, Manchester United und Chelsea. "Die Defensivspieler wirken nicht stark genug und die 18-Punkte-Lücke zu Liverpool im vergangenen Jahr wirkt zu groß", begründete er seine Wahl. Er ist zwar als ehemaliger Spieler von ManUnited wohl etwas voreingenommen und nur ein Beispiel für einen Skeptiker von Pep Guardiola.

Aber es zeigt: der Gegenwind für den Katalanen nimmt zu - vor allem seit dem Wochenende.

Die Miene von Guardiola sprach am Sonntag Bände. Immer nachdenklicher verfolgte der Coach von Manchester City das Geschehen auf dem Platz. Das 2:5 gegen Leicester City war ein Tiefpunkt seiner Karriere. Nie zuvor musste der Coach fünf Gegentreffer in 90 Minuten von einem seiner Teams in 686 Spielen ansehen.

Guardiola hat Probleme

Dabei wollen die Scheichs von Manchester City ganz andere Nachrichten über den Katalanen lesen. Er soll den Verein zum ersten Henkelpott-Sieg führen, nachdem Guardiola 2009 und 2011 bereits mit Barca den Triumph schaffte.

Das scheint aktuell weit entfernt zu sein.

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"Schockierende Heimpleite! Für Guardiola türmen sich die Probleme auf, die Leicester gnadenlos aufdeckte", titelte zum Beispiel der Mirror. Sky-Experte Gary Neville (45) prophezeite Guardiola die "größte Herausforderung seiner Karriere".

Immer häufiger lautet die Frage: Ist Guardiola noch der große Über-Trainer von einst?

United-Legende Neville: "Guardiolas Zahlen sind unglaublich"

"Die Zahlen sind unglaublich. Sie zeigen wie gut er immer war und was für starke Teams er trainiert hat", gab selbst ManUnited-Legende Neville zu.

Allerdings: Guardiola hat in der vergangenen Saison lediglich die relativ unbedeutenden League Cup und englischen Supercup gewonnen und ist in der Champions League in den vergangenen drei Jahren immer im Viertelfinale rausgeflogen.

Vor allem die Niederlage gegen Olympique Lyon im Final-Turnier im August hängt Guardiola noch nach. Beim 1:3 hatte er sich mächtig verzockt. Statt des gewohnten 4-3-3-Systems bot er eine Dreierkette auf. Spieler wie Bernardo (26), David Silva (34), Riyad Mahrez (29) und Phil Foden (20) blieben zunächst auf der Bank. Das verunsicherte das Team spürbar.

Probleme ohne Co-Trainer Arteta

"Warum hat Pep Guardiola Manchester City die Freude und Freiheit genommen?" fragte der Guardian. Die Tageszeitung Guardian fragte: "Wie oft, Pep, wie oft?"

Das Experimentier-Phänomen in wichtigen Spielen ist bei Guardiola nicht neu. Er steht besonders auf der Insel im Verdacht des "Überdenkens", also in ein Duell zu viel hineinzuinterpretieren. Immer wieder war er in der Vergangenheit damit aufgefallen.

Auffällig ist zudem, dass Guardiolas Teams nur noch wenige von den ganz wichtigen Spielen entscheidet - vor allem seitdem sein Co-Trainer Mikel Arteta (38) nicht mehr dabei ist. Der Spanier ist seit Januar 2020 Coach bei Arsenal.

Nach dem Arteta-Abgang gab es in der Liga gegen Southampton sowie die Spitzenteams Manchester United, Chelsea und Tottenham Niederlagen. Im FA-Cup folgte das Aus gegen den FC Arsenal (0:2). Es blieb nur noch der League Cup.

Ohne Arteta an seiner Seite bekommt Guardiola vor allem eines nicht in den Griff: die löchrige Abwehr. Leicester zeigte am Wochenende mal wieder die Mängel deutlich auf.

Ex-Citizen Richards findet die Abwehr "peinlich"

"Wie oft muss es noch passieren damit City die Probleme behebt? Jeder redet über die Defensive. Es war ein Durcheinander und peinlich", meinte der ehemalige City-Verteidiger Micah Richards (32) bei Sky. "Wenn man die erste Pressinglinie überspielt, dann tut man ihnen richtig weh", fügte der ehemalige Liverpool-Kapitän Graeme Souness (67) an.

Bisher hat der Starcoach, der auch während seiner Zeit beim FC Bayern den großen Wurf in der Champions League verpasste, keine Antworten für die Anfälligkeiten gefunden. "Natürlich müssen wir versuchen, herauszufinden, was wir verändern und vermeiden müssen in Zukunft", gab Guardiola am Samstag zu. Das klang wenig konkret.

Die Baustellen in der Abwehr sollen jedenfalls zwei Neuzugänge beenden.

Immerhin hat Guardiola für Nathan Aké (kam für 40 Millionen Euro vom AFC Bournemouth) und Ruben Dias (für 70 Millionen Euro von Benfica losgeeist) rund 110 Millionen Euro für zwei Innenverteidiger ausgegeben. Internationale Klasse hat das Duo aber bisher nie nachgewiesen.

Guardiola verrät seinen Vorsatz

Panikkäufe also? Immerhin sieht der Trainer das große Ziel - den Champions-League-Sieg - wohl schon in Gefahr. Und von dem Henkelpott ist der Spanier besessen. Er will den Scheichs den Pokal bringen - koste es, was es wolle. Und wenn es die eigenen Überzeugungen sind. Guardiola hatte mal gesagt, niemals länger als drei Jahre bei einem Spitzenverein bleiben zu wollen. Und sei es nur, um den eigenen Marktwert aufrecht zu erhalten.

Allerdings hat der 49-Jährige seinen ursprünglichen Vertrag bis 2021 verlängert. Dann wären es am Ende fünf Jahre Amtszeit, er bricht seine eigenen Regeln.

Geht es in dieser Saison ohne großen Titel weiter, könnten auch die Scheichs die Geduld verlieren.