Warum so viele US-Stars in die Pleite abstürzen

„Wer bezahlt deine Rechnungen? Wer hat Zugriff auf deine Konten? Hast du ein monatliches Budget?“

Mit diesen recht primitiv anmutenden Fragestellungen versetzte Finanzberater Drew Hawkins einst einen nicht genannten NFL-Profi bei dessen Antwort mächtig ins Schwimmen. Der entgegnete Hawkins mit Desinteresse: „Keine Ahnung, das musst du meinen Agenten fragen.“

In den USA ist das kein Einzelfall: Immer wieder schaffen es Jungmillionäre aus dem amerikanischen Profisport infolge fehlender Finanzplanung, unmittelbar nach dem Karriereende ohne jeden Cent dazustehen.

US-Sport: Extravaganz führt ins Elend und in Insolvenz

Und die Liste der prominenten Geld-Verprasser ist lang.

Da wäre Ex-NBA-Profi Gilbert Arenas, der sich neben seinem Arsenal von über 500 Schusswaffen ein Haifischbecken in seine 3,5-Millionen-Dollar-Villa integrieren ließ. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur NBA)

Der ehemalige Quarterback Vince Young soll für einen Flug von Nashville nach Houston alle 120 Sitze reserviert haben, um auf der Flugreise ungestört sein zu können. Über 1,6 Millionen US-Dollar verzockte Golf-Profi John Daly in Las Vegas, und das binnen 24 Stunden.

Robin Lehner wiederum, meldete Insolvenz an, nachdem der Schwede über 50 Millionen Dollar Schulden angehäuft hatte.

Der NHL-Keeper der Las Vegas Knights soll Geld-Ausstände bei 50 Personen und Unternehmen haben - unter anderem noch Raten aus seiner Zahlung von 1,2 Millionen Dollar für seltene Schlangen, die er 2017 für seine Reptilien-Farm in Missouri gekauft hat.

Dass der American Dream und die existenzbedrohende Armut in den USA nicht weit auseinanderliegen, beweist ein Arbeitspapier der National Bureau of Economic Research.

Konkret: Bei jedem sechsten NFL-Profi soll in einer Zeitspanne von zwölf Jahren nach dem Karriereende das Konto leergeräumt sein. Insgesamt geht der Studie zufolge 80 Prozent aller Ex-Spieler in der amerikanischen Football-Liga das Geld aus.

Ähnlich verhält es sich bei ausgeschiedenen NBA-Akteuren: Drei von fünf Basketballern müssen demnach im Ruhestand Insolvenz anmelden.

Akademische Abschlüsse? Fehlanzeige

Die Gründe für die naive Finanzplanung amerikanischer Sportstars sind vielschichtig. (NEWS: Der steile Aufstieg von Eagles-Star Reed Blankenship)

Viele Supertalente feiern sehr jung ihr Debüt im US-Profisport und können so ihre akademische Laufbahn nicht abschließen.

Die Folge: Von 0 auf 100 werden aus herausstechenden Youngstern in den jeweiligen College-Teams Millionäre, die die Endlichkeit ihres Vermögens häufig zu spät realisieren.

„In der Regel reden wir hier über junge Männer aus ärmlicheren Verhältnissen“, machte Hawkins im Gespräch mit dem Spiegel deutlich. Weder die Jungprofis selbst noch dessen Familie hätten einen Plan, mit den überwiesenen Millionenbeträgen richtig umzugehen, so der Finanzberater.

Berater werden zu Betrügern

Deswegen setzt ein Großteil der Jungmillionäre in Sachen Finanzplanung schon früh auf die Dienste von Beratern. Beispiele aus der Vergangenheit haben indes gezeigt: Nicht immer darf Beratern vertraut werden - allzu oft wirtschaften die klammheimlich in die eigene Tasche, melken die Geldquellen ihrer Klienten.

„Es geht mit 500 Dollar los, um zu testen, ob der Spieler es bemerkt“, schildert Finanz-Guru Hawkins den ersten Schritt des betrügerischen Prozederes, „irgendwann wachst du auf und realisierst, dass dir 20 Millionen Dollar fehlen. Oder hundert Millionen.“

So geschehen im Fall des früheren NBA-Profis Richard Jefferson, der von einem sogenannten Scammer hinters Licht geführt wurde. Sein persönlicher Berater hatte Jeffersons Unterschrift gefälscht und ein Konto unter seinem Namen aufgemacht.

Aus Freunden werden Feinde

Hinzu kommen nicht selten sogenannte Freunde und Verwandte, die am Vermögen der Wunderkinder des Sports teilhaben und sich an deren Erfolg bereichern wollen. (NEWS: Alles zur NHL)

„Ich ließ meinen Cousin bei mir wohnen, meinen besten Freund, meinen Onkel“, blickt der Ex-Basketballprofi Greg Oden auf seine ersten Jahre in der NBA zurück.

Der damalige Multimillionär hatte für Familienmitglieder einen Topf mit Bargeld eingerichtet. Die Problematik dabei war: „Der Topf war schnell leer, die Verwandtschaft kam immer wieder von Neuem an.“

Erst pleite, am Ende oft in der Kriminalität

Immer häufiger endet der finanzielle Niedergang vieler ehemaliger Sportstars schließlich in der Kriminalität.

2021 deckte das FBI einen von vielen kriminellen Komplotten auf, an dem 18 Ex-NBA-Akteure beteiligt waren. Sie hatten versucht, mit gefälschten Arzt-Rechnungen an Millionenbeträge aus dem liga-internen Gesundheitsfonds zu gelangen.

All das Elend hat Finanzberater Hawkins dazu veranlasst, Seminare für Profisportler in puncto Finanzkompetenz ins Leben zu rufen. Zahlreiche NBA- und NFL-Mannschaften haben sich der Initiative mittlerweile verschrieben. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der NHL)

Ob das die schillernden Stars der amerikanischen Profiligen zur finanziellen Vernunft bringt und deren oft ausschweifenden Lebensstil zu begrenzen vermag, bleibt mittel- bis langfristig jedoch abzuwarten.

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