ARD ohne Mehmet Scholl: Die Chance auf kritischeren Journalismus

Der ehemalige Bayern-Spieler war neun Jahre lang als Experte für den Fernsehsender aktiv. Nach einer Meinungsverschiedenheit folgte nun die Trennung.
Der ehemalige Bayern-Spieler war neun Jahre lang als Experte für den Fernsehsender aktiv. Nach einer Meinungsverschiedenheit folgte nun die Trennung.

Nach neun Jahren und einer unrühmlichen Meinungsverschiedenheit ist es nun also vorbei: Die ARD und Mehmet Scholl werden nicht weiter zusammenarbeiten. Für viele Fans bedeutet das: Einer der charismatischsten TV-Experten des Landes verschwindet (zunächst) von der Bildfläche und mit ihm seine markanten Sprüche. Es ist aber auch und vor allem die Chance für einen kritischeren Journalismus.

Ein Kommentar von Cord Sauer

Beim Confed-Cup in Russland hat es geknallt – die Programmchefs der ARD wollten das Thema Doping in die Sendung heben, Experte Mehmet Scholl wäre lieber beim Fußball geblieben. Dann der große RUMMS. Soweit die Vorgeschichte. Danach, so schien es, habe man sich wieder zusammengerauft, die ARD verkündete noch am vergangenen Montag, dass Scholl auch weiterhin ARD-Experte bleibe.

Die Trennung nun kommt plötzlich, wirklich überraschend aber ist sie nicht. Mehmet Scholl hat sich nach seiner großen Fußballer-Karriere auch als Experte am ARD-Pult einen Namen gemacht. Gemeinsam mit Moderator Matthias Opdenhövel bildete er nach der Ära Delling/Netzer vielleicht DAS kongenialste Duo, das die TV-Zuschauer und Fußballfans zu dem Zeitpunkt je gesehen hatten. Endlich mal einer, der auch einen lockeren Spruch auf den Lippen hatte. War Scholl im Einsatz, gab es nicht nur Sport, sondern auch Unterhaltung. Doch genau dieser Anspruch sorgte letztlich für das Aus.

Gute Laune: Ja. Negative Berichterstattung: Nein

Zu oft sei Scholl die Vorberichterstattung „zu negativ“ gewesen. Das Thema Doping habe am besagten Tag des Eklats „nichts in der Sendung verloren“ gehabt. Bezeichnend, dass der stets verschmitzte Ex-Profi nicht über seine eigenen Befindlichkeiten drüberstehen und das für ihn leidige Thema in wenigen Sätzen abhandeln konnte. Sein Abgang steht für seine Gradlinigkeit, aber auch dafür, dass er sich in der Regel scheute, bei kritischen Themen in die Tiefe gehen zu wollen. Fundierte Analysen gab es bei Scholl selten. Ein Manko, das ihm speziell von vielen Fußballfans nicht selten vorgehalten wurde.

Wer die nun vakante Stelle als Experte neu besetzen wird, ist noch unklar. Fest steht: Für ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky, der Scholl kürzlich noch öffentlich gerüffelt hatte („Die Redaktion ist für den Inhalt zuständig, die Experten für die Meinung.“), bietet sich jetzt eine Chance, die es zu nutzen gilt. Ein Experte, der die Zuschauer unterhält? Ja, bitte. Aber dazu gern auch einer, der bei wichtigen Themen nicht die Augen verschließt.

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