Ägypten-WM wegen Hygiene absagen? "Mit welcher Arroganz ..."

Es herrscht mal wieder Zoff in Handball-Deutschland.

Am Mittwoch sorgten Vertreter der SG Flensburg-Handewitt und des THW Kiel mit einem Interview in der Sportbild für Aufsehen. Darin forderten Marc Weinstock (Aufsichtsratsvorsitzender THW Kiel) und Boy Meesenburg (Chef des SG-Beirats) unter anderem eine Absage der Handball-WM im Januar in Ägypten und eine Verschiebung des Bundesliga-Starts von Oktober auf Anfang nächsten Jahres.

"Nichts gegen Ägypten, aber die Spieler müssen voraussichtlich hinterher 14 Tage in Quarantäne. Das macht überhaupt keinen Sinn", wütete Kiel-Boss Weinstock.

Und auch der Flensburger Meeseburg hielt sich mit seiner Meinung nicht zurück: "Ägypten steht nicht gerade in dem Ruf, die höchsten Hygienezustände der Welt zu haben."

Einer, der mit den Ansichten der beiden Klub-Verantwortlichen überhaupt nichts anfangen kann, ist Bob Hanning. Bei SPORT1 redet der Vizepräsident des DHB und Geschäftsführer der Füchse Berlin Klartext.

Hanning wirft Flensburg und Kiel Arroganz vor

"Ich finde es ehrlich gesagt sehr anmaßend, einem Land wie Ägypten die Fähigkeit, eine WM auszurichten in dieser Form abzusprechen", erklärt Hanning: "Ich bin mir sehr sicher, dass die Ägypter genauso in der Lage sind, hygienische Standards herzustellen, wie wir sie in Deutschland auch vorfinden. Im Rahmen der Völkerverständigung finde ich es traurig, so etwas einfach in den Raum zu stellen."

Der Füchse-Boss glaubt an die Weltmeisterschaft - und schießt gegen die Vertreter der beiden Topklubs.

"Wenn der Weltverband eine WM vergibt und Ägypten zusichert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dann sehe ich keinerlei Grund, für eine Verlegung. Ich weiß nicht, mit welcher Arroganz wir an Themenfelder herangehen. Ich empfinde dies als unangebracht und distanziere mich davon", sagt Hanning.

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Füchse-Spieler wollen antreten

Sorgen um seine eigenen Spieler macht sich der Füchse-Geschäftsführer ohnehin nicht. Noch bevor die Kaderlisten für die europäischen Wettbewerbe gemeldet werden musste, hatte Hanning seine Stars zum Thema Corona befragt.

"Alle haben gesagt, dass sie gerne in Europa spielen möchten. Trotz der Belastung empfinden sie es als etwas Besonderes, international anzutreten. Im Hinblick auf die WM muss man aber festhalten, dass niemand gezwungen ist, für die Nationalmannschaft zu spielen", so der 52-Jährige weiter.

Eine Absage der WM kommt für ihn nicht in Frage. "Die Formel 1 fährt, die Fußball-Bundesliga spielt – da frage ich mich schon, warum wir keinen Handball spielen sollen."

HBL-Start verschieben? Hanning argumentiert dagegen

Doch nicht nur mit der Forderung nach einer Absage der WM sorgten die Vertreter von Flensburg und Kiel für Aufsehen. Auch der Appell, den Start der Handball-Bundesliga von Oktober auf Januar zu verschieben, sorgte für ein gewaltiges Echo.

Begründet hatten die Klub-Verantwortlichen ihre Forderung mit der fehlenden Möglichkeit, die Hygiene-Konzepte ausführlich zu testen. Für Hanning kein Argument. "Wir machen alle Vorbereitungsspiele und testen die Hygiene-Konzepte. Ob ich diese Konzepte jetzt im September oder im Oktober teste, spielt wirklich keine Rolle", stellt der DHB-Vizepräsidenten klar.

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Und auch aus Sicht der Sponsoren sei eine Verlegung wenig sinnvoll: "Man muss sich verdeutlichen, was so eine Forderung auch für den DHB bedeutet. Der Verband ist bestrebt, seine Hauptsponsoren zu behalten. Diese haben, ähnlich wie bei den Bundesligavereinen, in dieser Situation mit großer Solidarität an der Seite des Verbandes gestanden."

Hohe Verluste durch Geisterspiele

Diese Solidarität ist aktuell auch bitter nötig. Allein der THW Kiel macht mit jedem Geisterspiel einen Verlust von 200.000 Euro.

Dass die Situation aktuell für keinen Klub einfach ist, bestreitet Hanning nicht. "Ich kämpfe jeden Tag um das Überleben unseres Klubs. Aber ich glaube auch, dass die Überlebenschance der Klubs mit zunehmender Spielunterbrechung schwinden werden", meint der 52-Jährige

Eine Verschiebung der Handball-Bundesliga bis in das nächste Jahr könnte im schlimmsten Fall also gar existenzbedrohend für einige Teams werden.