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Mit Millionen aus Ägypten: Auferstehung eines Kultklubs

Mit Millionen aus Ägypten: Auferstehung eines Kultklubs

Auf einmal war Aston Villa in aller Munde.

Jenes furiose 7:2 gegen den FC Liverpool hat nicht nur Jürgen Klopp Albträume bereitet, sondern den Traditionsverein aus Birmingham mit einem Donnerschlag wieder in die Schlagzeilen befördert.

Wie war das nur möglich? Als 17. der vergangenen Saison nur knapp dem Abstieg entronnen, demütigten die Villans den Dominator der Premier League auf unglaubliche Art und Weise.

Als einziges Team mit perfekter Bilanz könnte gegen Leeds United am Freitagabend sogar der Sprung an die Tabellenspitze gelingen. Neben Ausgaben von 80 Millionen Euro ist ein Mann Vater des Erfolges: Dean Smith.

Mit Trainer Smith dreht Aston Villa auf

Als Spieler schaffte er es trotz 566 Profispielen nie in die Premier League, als Trainer gelang ihm schon auf seiner dritten Station der langersehnte Durchbruch.

Im Oktober 2018 übernahm Smith - mit der Reputation in Brentford viel aus wenig gemacht zu haben - den strauchelnden Klub mit der großen Vergangenheit (u.a. Europapokal der Landesmeister 1982) auf Rang 14 der zweiten Liga.

Mit England-Legende John Terry als Co-Trainer gelang aber schnell der Umschwung. Smith förderte Talente wie den hochbegabten Mittelfeldspieler Jack Grealish und brach im Frühjahr 2019 den 109 Jahre alten Klubrekord mit dem zehnten Sieg in Folge gegen Millwall.

Milliardenschweres Duo kauft Chinesen raus

Mit einem 2:1-Erfolg gegen Terrys alten Chelsea-Kollegen Frank Lampard und Derby County gelang über die Playoffs die Rückkehr in die Premier League.

Damit krönte Villa ein verrücktes Jahr, das mit dem Verkauf des Klubs durch den glück- und meist planlosen chinesischen Eigentümers Tony Xia an das milliardenschwere Duo Wes Edens und Nassef Sawiris aus den USA und Ägypten begonnen hatte.

Sawiris, der in Kairo die Deutsche Evangelische Oberschule besuchte, ist Chef eines Düngemittelherstellers, 2015 stieg er bei Sportartikelhersteller Adidas ein und gilt als reichster Mann Ägyptens.

Nach Corona-Neustart macht es Klick

Trotzdem lief es in der Premier League zunächst nicht rund. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie stand der große Villa-Fan Smith bei seinem Traumverein vor dem Rauswurf.

Nach dem Neustart platzte aber plötzlich der Knoten, durch ein 1:1 am letzten Spieltag gegen West Ham wurde der Klassenerhalt perfekt gemacht. "Trotzdem war niemand mit Rang 17 zufrieden", sagte Smith, der seinen Vater im Mai an Covid-19 verlor.

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80 Millionen Euro für neue Stars

Smith verließ die Feier, verbrachte die Nacht auf dem Sofa seines Büros und sagte sogar den Familienurlaub in Schottland ab, um die Saison 2020/21 perfekt zu planen.

Mit dem neuen Sportdirektor Johan Lange, der aus Kopenhagen kam, wurden insgesamt gut 80 Millionen Euro investiert - zum Großteil in Torhüter Emiliano Martinez von Arsenal und Stürmer Ollie Watkins, der für über 30 Millionen von Zweitligist Brentford kam.

Das Duo behob zwei krasse Schwachstellen. In den vergangenen fünf Transferfenstern kamen Torhüter, die nicht überzeugten, Watkins schockte Klopps Liverpool mit drei Toren.

Dazu kamen noch Betrand Traoré aus Lyon und Verteidiger Matty Cash aus Nottingham sowie als Leihe Nationalspieler Ross Barkley von Chelsea.

"Stolz, für Villa zu spielen"

Allesamt sind Stammspieler beim Überraschungsteam aus Mittelengland, aber die zwei größten Coups waren die Vertragsverlängerungen mit den eigenen Stars Tyrone Mings und vor allem Kapitän Grealish, der unter anderem von Manchester United heftig umworben war.

"Ich möchte, dass die Spieler jeden Tag glücklich zur Arbeit kommen und stolz darauf sind, für Villa zu spielen", sagt Smith bei The Athletic.

Vor allem die Defensive hat Smith zusammen mit Terry in den Griff bekommen. Mit Disziplin und Aggressivität machte er aus der Schießbude (19/20: 67 Gegentore) ein starkes Kollektiv, das aktuell in drei von vier Partien ohne Gegentor blieb.

Vorne lässt er seinen kreativen Könnern wie Grealish und dem Ägypter Trezeguet viele Freiheiten: "Wir wissen, wir haben Jungs, die jederzeit treffen können."

Grealish überzeugt Barkley

Grealish überzeugte seinen Kumpel Barkley von den Villans mit endlosen Nachrichten und Anrufen – die Chemie zwischen den beiden stimmt. "Ich habe nur gesagt, er fährt zur EM, wenn er uns hilft, Spiele zu gewinnen", erklärte Smith den Barkley-Coup.

Der Coach hat auch eine Theorie, warum sich seine junge Mannschaft nach dem Neustart so verbesserte: "Ich denke, ihnen half das leere Stadion, so mussten sie miteinander reden – außerdem bekommen sie alles von draußen richtig mit."

Gegen Leeds reicht schon ein Punkt, um erstmals seit 2001 wieder Tabellenführer der Premier League zu werden - aufgrund dieser Momentaufnahme dreht im Verein aber niemand durch, vielmehr wird auch an der Nachwuchs- und Frauenabteilung hart gearbeitet, um Villa für die Zukunft breit aufzustellen.

Wenn dann auch irgendwann wieder Zuschauer in den Villa Park dürfen, könnte der Kultklub endgültig wieder auferstehen.