Böckler-Stiftung: Wirksamkeit des Entgelttransparenzgesetzes noch immer gering

Das Entgelttransparenzgesetz gilt seit Anfang 2018 und soll es vor allem Frauen ermöglichen, eine mögliche Diskriminierung geltend zu machen. Die Hans-Böckler-Stiftung hält die Wirkung des Gesetzes nach wie vor für begrenzt.
Das Entgelttransparenzgesetz gilt seit Anfang 2018 und soll es vor allem Frauen ermöglichen, eine mögliche Diskriminierung geltend zu machen. Die Hans-Böckler-Stiftung hält die Wirkung des Gesetzes nach wie vor für begrenzt.

Das Entgelttransparenzgesetz gilt seit Anfang 2018 und soll es vor allem Frauen ermöglichen, mögliche Diskriminierungen aufzudecken. Zwar nutzten zwischen 2019 und 2021 mehr Beschäftigte in Betrieben ihr Auskunftsrecht als kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes, wie die Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag mitteilte. Allerdings sei die Wirkung des Gesetzes noch gering. Unterdessen warf Familienministerin Lisa Paus (Grüne) der FDP eine Blockadehaltung bei strengeren Regeln für Lohntransparenz vor.

Dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung zufolge ist nach wie vor die Mehrheit der Betriebe, in denen die Beschäftigten ein Auskunftsrecht haben, nicht mit dessen Nutzung konfrontiert. Dennoch stieg der Anteil vom Zeitpunkt unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes 2018 von 17 auf 26 Prozent im Jahr 2021. Im Öffentlichen Dienst gaben zehn Prozent der Dienststellen an, dass Beschäftigte einen entsprechenden Antrag gestellt hätten.

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Spitzenreiter bei den Auskünften ist laut WSI der Bereich Information und Kommunikation mit 39 Prozent der Betriebe, gefolgt vom Baugewerbe mit 34 Prozent und dem Bereich Verkehr, Lagerei und Gastgewerbe sowie Handel mit 29 Prozent. Die höheren Zahlen ließen darauf schließen, "dass hier offenbar in überdurchschnittlich vielen Betrieben Beschäftigte den Verdacht hatten, dass sie ungleich entlohnt werden", argumentierten die Forschenden.

Die Zahl der Anfragen auf Auskunft steigt zudem mit der Zahl Hochqualifizierter im Unternehmen, wie die Studie weiter ergab. Außerdem steigere der Anteil jüngerer Beschäftigter die Wahrscheinlichkeit von Anfragen.

Das Entgelttransparenzgesetz gibt Beschäftigten einen Anspruch auf Auskunft über das mittlere Einkommen (Median) der vergleichbar beschäftigten Kolleginnen und Kollegen des anderen Geschlechts. Das Gesetz gilt in Betrieben ab einer Größe von 200 Beschäftigten und nur dann, wenn es mindestens sechs Vergleichsbeschäftigte des anderen Geschlechts gibt. Das Gesetz soll sicherstellen, dass Frauen im gleichen Betrieb für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten wie Männer.

Das WSI hält die Wirkung des Gesetzes noch immer für gering. Um sie zu erhöhen, seien "strengere Auflagen, spürbare Sanktionen sowie niedrigere Hürden bei der Wahrnehmung des Transparenzanspruchs nötig", forderten die Forschenden.

Das WSI befragte für die Studie knapp 3900 Betriebs- und Personalräte. Die Auswahl ist demnach repräsentativ für Betriebe mit Betriebsrat und mindestens 20 Beschäftigten. Die Befunde von 2021 wurden dann mit denen aus der Befragung 2018 verglichen. Damals wurden Betriebs-, aber keine Personalräte befragt.

Auf EU-Ebene waren kürzlich ebenfalls Regeln zur Lohntransparenz besiegelt worden - wegen etwas strengerer Vorgaben der Richtlinie muss Deutschland nun binnen drei Jahren nachbessern. So müssen zum Beispiel Unternehmen bereits ab einer Größe von 100 Beschäftigten Informationen veröffentlichen. Besteht ein Lohnunterschied von mehr als fünf Prozent, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung eine gemeinsame Entgeltbewertung vornehmen.

Dazu sagte Paus bei einer Veranstaltung des Portals "Finanztip", dass strengere Regeln für mehr Transparenz in Deutschland bislang am Koalitionspartner FDP gescheitert seien. "Die Wahrheit ist, dass ich mich in der derzeitigen Bundesregierung befinde, mit Koalitionspartnern, die nicht einmal der EU-Richtlinie zustimmen wollen", sagte Paus dem Portal.

Paus will demnach die neue EU-Richtlinie noch in dieser Legislaturperiode "eins zu eins" umsetzen. Mehr sei mit dem Koalitionspartner FDP in dieser Frage nicht zu machen.

hcy/cne