Werbung

Am Beispiel Wasserstoff: So gefährdet der Mangel seltener Rohstoffe die Energiewende – und das könnten Lösungen sein

Auf Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ruhen Hoffnungen der Energiewende. Doch wichtige Rohstoffe, die für das Verfahren benötigt werden, sind knapp.  - Copyright: Picture Alliance
Auf Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, ruhen Hoffnungen der Energiewende. Doch wichtige Rohstoffe, die für das Verfahren benötigt werden, sind knapp. - Copyright: Picture Alliance

Bei der Energiewende geht es um den Abschied von fossilen Brennstoffen. Energie soll so gewonnen werden, dass weniger oder keine klimaschädlichen Gase wie CO₂ frei werden. Doch je mehr Tempo der Umbau der Energieversorgung aufnimmt, umso deutlicher wird, dass auch für die Nutzung von Wind, Sonne oder Wasserstoff viele, oft knappe Rohstoffe benötigt werden. Der Abschied von fossiler Energie macht andere Rohstoffe wichtiger. Das hat wirtschaftliche und politische Folgen. Warum das so ist, macht das Beispiel der Elemente Iridium und Scandium für die Produktion von Wasserstoff deutlich.

Denn bei dem gewünschten deutlichen Ausbau der Wasserstoffproduktion drohen ein Rohstoffmangel, steigende Preise und neue Abhängigkeiten von wenigen Exportländern – vor allem Russland und China. Um dem entgegenzuwirken, sind aus Sicht von Fachleuten neben viel Forschung und Entwicklung, mehr Recycling und Bergbau nötig – was allerdings für die Umwelt auch nicht neutral ist.

Wasserstoff soll in Deutschland schrittweise fossile Brennstoffe wie Erdgas ersetzen. Hergestellt werden kann Wasserstoff, indem man Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Elektrolyse heißt der Vorgang. Dafür wird Strom benötigt. Wird diese Elektrizität mit erneuerbaren Energien gewonnen, ist von grünem Wasserstoff die Rede.

Wasserstoff kann ein klimaschonender Energieträger sein, wenn der für die Produktion benötigte Strom umweltfreundlich gewonnen wird.  - Copyright: Grafik: F. Bökelmann, Redaktion: M. Lorenz
Wasserstoff kann ein klimaschonender Energieträger sein, wenn der für die Produktion benötigte Strom umweltfreundlich gewonnen wird. - Copyright: Grafik: F. Bökelmann, Redaktion: M. Lorenz

Es gibt verschiedene Formen der Elektrolyse. Manche arbeiten mit chemischen Elementen wie Scandium und Iridium, die knapp sind. Laut einer Studie der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) könnte der Bedarf an Scandium 2040 bei rund 24 Tonnen liegen – das wäre mehr als zweieinhalbmal so viel wie die 2018 produzierte Menge. Bei Iridium geht die Prognose sogar davon aus, dass der Bedarf dann mit 34 Tonnen das Fünffache der heutigen Produktion beträgt.

Neue Abhängigkeit von Russland und China

Iridium gilt derzeit als unersetzbar, sagt Viktoriya Tremareva von der Dera. Das Edelmetall werde hauptsächlich in Südafrika und Russland als Beiprodukt von Platin und Palladium gewonnen. „Eine deutliche Erhöhung der Iridiumproduktion ist unwahrscheinlich“, heißt es bei der Dera. „Bei Produktionsausfällen kann es dann – wie 2021 – zu dramatischen Preissteigerungen kommen.“

Scandium wiederum kommt vor allem aus China. Ebenfalls gefolgt von Russland, das seit dem Angriff auf die Ukraine für den Westen kein Handelspartner mehr ist. Hier sieht die Dera aber mehr alternative Abbaumöglichkeiten zum Beispiel in Kanada und auf den Philippinen.

Allerdings brauche es mehrere Jahre, um eine Lagerstätte für die Produktion herzurichten und die Rohstoffe verfügbar zu machen, sagt Christoph Hilgers vom Institut für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Unternehmen investierten jedoch erst dann, wenn die Nachfrage langfristig sei. Sie schauten daher, wie ernsthaft die Wasserstoffabsichten sind, sagt Hilgers. Dabei gehe es nicht nur um die Energiewende in Deutschland, sondern um globale Trends. „Deutschland ist zwar ein großes Industrieland. Aber neue Lagerstätten macht man nicht nur für ein Land auf.“

Bei der alkalischen Elektrolyse seien zwar keine seltenen Metalle erforderlich, sagt Maike Schmidt vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg. Allerdings werde in diesem Verfahren Nickel gebraucht, von dem Deutschland und auch Europa insgesamt vor Beginn des Kriegs in der Ukraine etwa 35 bis 50 Prozent der Importe aus Russland bezogen hätten. Zwar gebe es Alternativen, doch„die Nickel-Verarbeitung konzentriere sich stark auf China. «Hieraus können neue geopolitischen Abhängigkeiten erwachsen, die zwar keinen akuten Engpass darstellen, aber beobachtet werden müssen.“

Mit der Knappheit drohen steigende Preise für Rohstoffe und in der Folge wachsende Kosten für die Herstellung von Wasserstoff. „In welcher Dimension sich diese Steigerungen bewegen, ist aktuell nicht absehbar“, sagt Schmidt. Es sei wichtig, mit Forschung und Entwicklung den Einsatz kritischer Rohstoffe zu verringern.

Proteste von Anhängern der "Letzten Generation" in Berlin. Die Gruppe diskutiert radikale Forderungen.
Proteste von Anhängern der "Letzten Generation" in Berlin. Die Gruppe diskutiert radikale Forderungen.

Recycling ist möglich, kostet aber viel Energie

Dazu zähle es, bei der sogenannten Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse weniger Iridium einzusetzen. „Andere Technologien zur Wasserstoffgewinnung wie beispielsweise Pyrolyseverfahren befinden sich in der Entwicklung“, sagt Schmidt. Wenn künftig aber Wasserstoff in großen Mengen klimaneutral hergestellt werden soll, könnten sie die Elektrolyse nur zu kleinen Teilen ersetzen.

Auch an Ersatz für Iridium werde geforscht, erläutert Dera-Geologin Tremareva. Der Stoff lasse sich zudem gut recycel. „Wir gehen davon aus, dass die Forschungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Wasserelektrolyseuren insgesamt einen positiven Effekt auf den künftigen Bedarf von potenziell kritischen Rohstoffen haben werden.“

Claudia Nehring von Siemens Energy als Hersteller von Elektrolyseuren erklärt: „Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft ist es wichtig, robuste Versorgungsketten aufzubauen und auch bei den Zulieferern in eine Serienfertigung zu kommen.“ Siemens Energy setze auf eine breite Lieferantenbasis. Kontinuierlich würden die Effizienz der Produkte gesteigert und der Materialeinsatz verbessert. Rund 90 Prozent der Rohstoffe könnten wiederverwendet werden.

KIT-Forscher Hilgers macht aber deutlich, dass auch beim Recycling hohe Temperaturen und damit viel Energie benötigt werden. Der Abbau von Rohstoffen hinterlasse Gruben und Löcher im Boden. Solche Aspekte dürften nicht außer Acht gelassen werden, wenn von grüner Technologie und erneuerbaren Energien die Rede sei.

Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht Deutschland auf einem guten Weg beim Ausbau der Solarenergie.
Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht Deutschland auf einem guten Weg beim Ausbau der Solarenergie.