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Die bewegende Geschichte des englischen Moukoko

"Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, dann hätte ich Burnley nie verlassen", sagt John Cofie im Rückblick auf seine Karriere bei The Athletic.

Die Geschichte des ehemaligen Wunderkindes hat aber nicht in der englischen Arbeiterstadt begonnen, sondern in Ghana. Cofie wurde am 21. Januar 1993 in der ghanaischen Goldgräberstadt Aboso geboren, das Fußballspielen lernte er in den örtlichen Parks. Seine Eltern zogen mit ihm aber schon bald nach England.

Mit 14 Jahren wurde für ihn eine Ablösesumme von über einer Millionen Euro gezahlt, heute ist er vereinslos. Ein turbulenter Lebensweg, dessen Geschichte auch ein Kapitel in Deutschland bereithält.

Cofie überzeugt in Gütersloh und Burnley

Denn mit zehn Jahren ging es für Cofie von England weiter nach Nordrhein-Westfalen. Vater Samuel, der in der britischen Armee diente, wurde dorthin versetzt. Dort spielte er für das Jugendteam von PRB Gütersloh, einem Klub, der von der britischen Armee gegründet wurde.

Cofies Vater wollte nicht, dass sein Sohn bei einem deutschen Verein anfing. Der Filius sprach kein Deutsch und wurde außerdem oftmals das Opfer von Rassismus. Also sprach Samuel Cofie mit seinem Paten in England und der meinte, dass es eine gute Idee sei, nach Burnley zu kommen.

Das traf sich gut, denn Cofie hatte kurz zuvor mit PRB ein Freundschaftsspiel gegen eine Jugendmannschaft des FC Burnley absolviert. Er hatte die englischen Coaches beeindruckt und daher luden sie ihn zu einem weiteren Testspiel ein, diesmal in einem bordeauxroten Trikot. Der Offensivspieler überzeugte erneut.

Aller zwei Wochen Flug nach England

Cofie trat die Reise nach Burnley nun alle 14 Tage an. Ganz allein flog der 13-Jährige auf die Insel und zurück. "Ich hatte keine Probleme damit. Wenn du aus Ghana kommst, dann lernst du sehr schnell erwachsen zu werden", erzählte er jüngst The Athletic.

Jugendtrainer Jeff Taylor holte das junge Talent regelmäßig vom Flughafen ab. "Jeff war ein klasse Kerl", sagt Cofie. "Im Auto lief immer klassische Musik." Schon bald überzeugte Taylor Cofies Vater davon, dass sein Sohn dauerhaft nach Burnley ziehen sollte.

Wieder reiste Cofie alleine, sein neues Zuhause war das Internat Moorland, das eine Fußball-Akademie unterhält. Beim FC Burnley erfuhr der junge Kicker zum ersten mal professionelles Coaching - er lernte, Stürmer zu sein.

"Zum ersten Mal hatte ich eine feste Position. Ich lernte, wie ich mich bewegen sollte. Dort lernte ich das Spiel", verriet Cofie. Seine große Stärke: vor dem Tor zeigte er sich eiskalt. "Der Abschluss war für mich immer natürlich. Ich dachte niemals nach, wenn ich vor dem Tor war. Ich wusste wo es steht und hämmerte einfach drauf. Ich hatte keine Angst und schoss eine Menge Tore."

In einem Team mit Pogba und Lingard

Cofies Potenzial war für die Jugentrainer sofort sichtbar. Da er einfach nicht aufhörte, zu treffen, versetzten sie ihn von der U14 in die U15. Doch auch dort zeigte sich das gleiche Bild und er wurde als 13-Jähriger in die U18 des Klubs verfrachtet - ganz ähnlich wie Borussia Dortmunds Phänomen Youssoufa Moukoko.

Die ungewöhnlich schnelle Entwicklung des Stürmers weckte Begehrlichkeiten. Die größten Interessenten waren Manchester United und der FC Liverpool. Cofie wollte das Angebot von Liverpool annehmen, doch der Klub drängte ihn nach langem Hin und Her schließlich zu einer Unterschrift bei United. Die Red Devils überwiesen rund 1,1 Millionen Euro für den 14-Jährigen.

"Ich hatte keine Ängste, als ich ging. Gebt mir einen Fußball und ich bin Weg. Es ist egal, mit wem oder gegen wen ich spiele", dachte Cofie damals.

Bei United spielte er zunächst mit Paul Pogba und Ravel Morrison, von denen er schwer begeistert war: "Das war unglaublich. Du lernst Spieler kennen, wenn du sie jeden Tag spielen siehst. Was Paul und Ravel mit dem Ball machten, das war erschreckend."

Kopfwäsche von Sir Alex Ferguson

Bis heute ist Cofie gut mit Pogba befreundet. "Es gibt nicht viele Personen, die ich Freunde nenne. Er ist aber eine von ihnen und zwar nicht wegen dem, wo er im Leben steht, sondern weil er eine so freundliche und unkomplizierte Person ist", sagte Cofie.

Währen seiner Zeit in Manchester wird er zum Junioren-Nationalspieler. Obwohl er auch einen deutschen und einen ghanaischen Pass hat, entscheidet er sich für die englische Auswahl.

Im Jahr 2011 gewinnen die beiden Freunde zusammen den FA Youth Cup. Auch der heutige United-Profi Jesse Lingard war Teil des Erfolgsteams.

Als Die Teenager die Trophäe bei einem Spiel der Profis im Old Trafford präsentieren, durfte Cofie nicht mit auf den Platz. Er hatte seinen Anzug vergessen und wollte sich im Trainingsanzug unter seine Mitspieler mischen. Trainer-Legende Sir Alex Ferguson bekam Wind davon und bestellte den jungen Mann daraufhin in sein Büro, um ihm den Kopf zu waschen. "Ich war jung. Wir leben und lernen von dummen Entscheidungen", meint Cofie.

Schlechte Entscheidungen und auch Pech sollten die Karriere des vielversprechenden Talents ab diesem Zeitpunkt bestimmen. Alles begann mit einer Knieverletzung.

Cofies Odyssee endet auf den Philippinen

"Als ich zurückkam war ich mental nicht der selbe Spieler", verriet Cofie. United lieh in in den Jahren 2012 und 2013 zu Royal Antwerpen, Sheffield United und Notts County aus. Als er zurück in Manchester war, teilte ihm er Klub mit, dass seine Zeit bei den Red Devils vorbei sei.

"Du sitzt da und Sir Alex Ferguson erzählt dir, dass du gehen musst. Als ich aus dem Raum ging, war es das. Das ist in allen Fußball-Klubs so, nicht nur bei Manchester United. Ich war noch sehr jung und wusste nicht, wo ich hingehen sollte.", erinnerte sich Cofie.

Er wechselt zu Barnsley - was sich als Missverständnis herausstellte. Er verabschiedete sich wenig später, ohne ein Spiel für den Verein gemacht zu haben. Es folgte eine Odysee, Cofie spielte in vier Jahren für zehn unterschiedliche Klubs. Zunächst läuft er in Norwegen für Molde auf, das damals von dem heutigen United-Coach Ole Gunnar Solskjaer trainiert wurde. Dann ging es zurück nach England. Bei unterklassigen Teams verläuft seine Karriere endgültig im Sand.

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Das größte Problem für ihn war die geringere Qualität der Mitspieler. Cofie wusste nicht, wohin er laufen sollte. "Ich habe Pogba nie so vermisst, wie in den Momenten, wenn ich für andere Teams als Manchester United gespielt habe", sagte er mit einem Lächeln.

Seine Reise führte ihn weiter nach Irland und dann nach Melbourne. Beim australischen Zweitligisten Hume City wurde Cofie auch nicht glücklich. Er wechselte im Januar diesen Jahres zu Global Cebu auf die Philippinen. Vor einigen Tagen löste er den Vertrag auf, mit 27 Jahren ist das einstige Wunderkind vereinslos.

Ob Cofie überhaupt noch einmal seine Fußballschuhe für einen Verein schnüren wird, ließ er im Interview mit The Athletic offen. Zunächst hat er ein anderes Projekt: Er kehrt an sein Internat zurück. In der Moorland-Schule wird er die Kinder coachen und anhand seiner bewegten Geschichte beraten.

Mittlerweile ist John Cofie Vater eines zweijährigen Sohnes. Mit seiner derzeitigen Situation hat er Frieden geschlossen: "Jedes Mal, wenn ich aufwache, schätze ich meine Situation im Leben. Einige Menschen werden mich sehen und sagen 'dein Leben könnte so viel besser sein, wie es jetzt ist.' Aber es könnte auch so viel schlechter sein. So einfach ist das."