Biathlon-Skandal: Nun offenbart sich, wie tief der Riss ist

Biathlon-Skandal: Nun offenbart sich, wie tief der Riss ist
Biathlon-Skandal: Nun offenbart sich, wie tief der Riss ist

Julia Simon war die Überfliegerin der vergangenen Biathlon-Saison: Gesamtweltcupsiegerin, Verfolgungsweltmeisterin in Oberhof - nun aber steht sie aus anderen Gründen im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Der 26-Jährigen wird Kreditkartenbetrug an einer eigenen Teamkollegin vorgeworfen. Sie soll Justine Braisaz-Bouchet im Spätsommer 2022 um 1620 Euro gebracht haben.

Das intern seit längerem schwelende Thema kam an die Öffentlichkeit, nachdem Massenstart-Olympiasiegerin Braisaz-Bouchet aus ihrer Baby-Pause zurückkehrte und die Saisonvorbereitung des französischen Teams begann - ohne Simon, gegen die polizeilich ermittelt wird.

Nun hat sich die mutmaßlich Geschädigte erstmals öffentlich zu dem Fall geäußert.

Großes Unverständnis über Julia Simon

„Ich finde die Situation wirklich traurig, aber ich habe meine Verantwortung übernommen“, sagte Braisaz-Bouchet dem norwegischen Sender TV2: „Wenn ich keine Beweise gefunden hätte, hätte ich nichts unternommen. Natürlich war es keine leichte Entscheidung.“

Die 27-Jährige bekräftigte, dass sie versucht hätte, die Angelegenheit im Stillen mit Simon und unter Einbezug des Verbandes aus der Welt zu schaffen - vergebens. Auch Teamkollegin Lou Jeanmonnot offenbart ihre Irritation über Simon.

„Letztes Jahr war es sehr schwierig, wir haben unser Bestes versucht, zwischen Justine und Julia zu stehen. Ich bin enttäuscht, dieser Fall hätte in zwei Monaten vorbei sein können und dann vergessen. Aber es gab eine Menge schlechter Entscheidungen“, sagt Jeanmonnot - und kritisiert damit Simon: „Jetzt unterstütze ich Justine. Julia hat viele schlechte Entscheidungen getroffen, anstatt die Hand zu akzeptieren, die wir ihr gereicht haben. Darüber bin ich ein bisschen wütend“, so Jeanmonnot.

Wie es weitergeht, weiß keiner so recht. Aufgrund des Scheiterns der außergerichtlichen Einigung wird wohl die Justiz über den Vorfall richten - zum Frust auch des Teamkollegen und mehrmaligen Weltmeisters Emilien Jaquelin: „Es hat uns auf jeden Fall getroffen, wir hätten nie mit einer solchen Situation gerechnet. Aber unser Team ist zusammen stark.“

Auch Braisaz-Bouchet sendet immer noch versöhnliche Signale: „Ich hoffe, dass es ein Happy End gibt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich wünsche ihr nichts Böses. Ich möchte nur meine Karriere fortsetzen und mich um meine Familie und mich selbst kümmern. Ich hoffe, dass es bald zu Ende ist.“

Comeback? „Es wird seltsam sein“

Auch die ehemalige norwegische Biathletin Tiril Eckhoff, die erst im Frühjahr dieses Jahres ihren Rücktritt aus dem Weltcup-Zirkus bekannt gab, äußerte sich gegenüber TV2. Dabei bedauerte die Ausnahmekönnerin ebenfalls die Entwicklungen um ihre ehemalige Rivalin Simon.

„Ich finde es traurig und tragisch, dass es so weit gekommen ist und schon so lange andauert. Ich bin sehr gespannt, wie sie es schaffen werden, in diesem Winter zusammenzuarbeiten. Das kann für die Mannschaft anstrengend werden“, fand die 33-Jährige.

Ob Simon im Winter aber überhaupt an den Start gehen wird, ist weiter unklar. Jeanmonnot glaubt kaum an eine reguläre Rückkehr von Simon: „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein wird, wenn sie zurückkommt. Es wird seltsam sein. Wir können ihr alles verzeihen, was passiert ist, aber sie muss sich sehr für uns anstrengen.“

Von offizieller Verbandsseite jedenfalls herrscht Stillstand. Die Angelegenheit wurde bei einer Sitzung des Disziplinarausschusses am 1. Juni zur Sprache gebracht. Dabei wurde beschlossen, dass keine Maßnahmen ergriffen werden, bis die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen hat.

Simon jedenfalls zog sich vorerst aus der Öffentlichkeit zurück und löschte sämtliche Social-Media-Kanäle.