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Der Fall da Costa: Das steckt hinter dem Zoff mit Hütter

Der Fall da Costa: Das steckt hinter dem Zoff mit Hütter

"Wenn ich einen Spieler zur Halbzeit runternehme, dann muss er grottenschlecht gespielt haben", sagte Adi Hütter vor rund einer Woche.

Der Trainer von Eintracht Frankfurt wurde nicht direkt nach Gründen für die frühe Auswechslung von Danny da Costa und Dominik Kohr gegen Arminia Bielefeld gefragt. Es waren also keine aus der Emotion heraus getätigten Worte, sondern ein gezielt gewählter Satz. (Bundesliga: Eintracht Frankfurt - TSG Hoffenheim Sa., ab 15.30 Uhr im LIVETICKER)

Für da Costa war diese Aussage von Hütter nicht mehr tragbar. Die notdürftig geflickte Beziehung zum Österreicher fiel auseinander, das Vertrauensverhältnis ist endgültig erschüttert. Der 27-Jährige erlebte dabei innerhalb weniger Wochen einen freien Fall. Angesprochen auf die Hierarchie in der Mannschaft, sagte Hütter Mitte August noch: "Danny da Costa ist ein Spieler, der in diese Rolle wachsen muss."

Frust statt Kapitänsbinde

Statt Kapitänsbinde und Führungsfigur lautet die Gemütslage aktuell: Frust pur! Der Ursprung für das komplizierte Verhältnis der beiden Protagonisten liegt aber schon länger zurück. Als da Costa in der Vorsaison zwischenzeitlich seinen Stammplatz verloren hatte, wurden erste Risse im Gefüge offensichtlich. Im Wintertrainingslager in den USA im Januar dieses Jahres übte Hütter die Viererkette ein und benannte in Pressekonferenzen auch da Costa als Kandidaten für die Position auf dem rechten offensiven Flügel.

Der Spieler selbst erklärte einige Wochen später in der Frankfurter Rundschau: "Meine Stärken liegen eher in der Defensive, ich bin robust und zweikampfstark. Wenn ich mit Anlauf aus der Tiefe kommen kann, dann kann ich mich auch offensiv immer wieder einschalten." Dies teilte der gelernte Rechtsverteidiger dem Coach SPORT1-Informationen zufolge zuvor intern auch schon so mit, sein Konkurrent Timothy Chandler startete anschließend mit vier Toren in vier Partien durch.

Wackelkandidat statt "Immer-Spieler"

Der "Immer-Spieler", der 2018/19 noch alle 50 Pflichtspiele absolvierte, wurde plötzlich zum Wackelkandidaten, saß gar fünfmal in Folge nur auf der Bank. Als da Costa eine Partie verletzungsbedingt gegen Union Berlin verpasste, sagte Hütter: "Danny hatte Fußprobleme. Da macht es keinen Sinn, dass er auf die Bank geht." Der Österreicher schob ungefragt noch hinterher: "Er hätte aber auch nicht von Beginn an gespielt." Es sind diese kleinen Nebensätze, die die permanente Spannung zwischen Trainer und Spieler aufzeigen.

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Das Rumoren ging also schon im Frühjahr los, da Costa dachte SPORT1-Informationen zufolge bereits zu diesem Zeitpunkt über einen Abgang nach. Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie und eine gute Phase nach dem Re-Start sorgten zwar für Ruhe, da Costa ging auf ein Interesse von Hertha BSC nicht näher ein. Im Gegenteil: Plötzlich erhielt er nach seinem Treffer im DFB-Pokal-Halbfinale beim FC Bayern München gar ein Sonderlob von Hütter: "Es freut mich sehr für ihn, zumal er auch einer ist, der viel nachdenkt und zuletzt nicht viel gespielt hat. Er lässt sich aber nicht hängen."

Doch der Friede erwies sich als ein brüchiger, der erste mäßige (aber keineswegs katastrophale) Auftritt sorgte für die nächsten Unstimmigkeiten. Da Costa wurde zum Saisonauftakt nach 45 Minuten gegen Aufsteiger Arminia Bielefeld beim Stand von 0:0 ausgewechselt und Hütter antwortete – erneut nicht direkt zu der Personalie befragt - fünf Tage später: "Wenn ich einen Spieler zur Halbzeit runternehme, dann muss er grottenschlecht gespielt haben."

Wechsel zu Schalke 04 als letzte Option?

Angesprochen auf das Missverhältnis zu da Costa wich der Trainer am Donnerstag aus: "Das kam bisher selten vor, dass ein Spieler vor mir geflüchtet ist. Ich nehme das überhaupt nicht ernst. Mich würde es wundern, wenn es da irgendwelche Störungen gebe. Manchmal wird halt viel gesprochen, das muss man so hinnehmen. Ich beteilige mich ungern an solchen Dingen." Er legte nach: "Der ein oder andere erlebt härtere Zeiten, aber am Ende setzt sich die Qualität durch." Während Hütter zumeist ein sehr gutes Gespür bei der Kommunikation beweist, seine Spieler in der Öffentlichkeit schützt und öffentliche Kritik abwehrt, gelingt ihm dies in der Causa da Costa nicht.

Ein Abgang von da Costa hätte in diesem Fall tatsächlich etwas von einer Flucht. Der Rheinländer steht noch bis 2022 unter Vertrag, bei normalem Verlauf hätte er wohl auch diesen Kontrakt langfristig verlängert. Doch dazu kommt es jetzt wohl nicht mehr.

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Die Vereine Eintracht und Schalke 04 sollen sich bereits weitestgehend einig sein über eine Leihe mit Kaufoption. Nach SPORT1-Informationen gab es aber noch keine Gespräche mit da Costa direkt, worüber er sich auch verwundert zeigt. Allerdings hat er drei Tage vor dem Ende der Transferperiode kaum noch Alternativen, ein Wechsel ins Ausland kommt für ihn nicht infrage.

Somit ist der Schritt nach Gelsenkirchen höchstwahrscheinlich die letzte Lösung, dort würde er immerhin auf die ehemaligen Teamkollegen Omar Mascarell, Goncalo Paciencia und Frederik Rönnow treffen. Ein weiter so in Frankfurt ist nach all den Irrungen und Wirrungen nicht mehr realistisch.