Bubbles, Lockdowns und Rekorde: Das Sportjahr 2020

Augen zu und durch. Für Bayern München endete das seltsame Sportjahr immerhin mit fünf Trophäen, unter anderem dem Champions-League-Pokal, hier auf dem Kopf von Lucas Hernandez. (Bild: REUTERS/Matthew Childs/Pool)
Augen zu und durch. Für Bayern München endete das seltsame Sportjahr immerhin mit fünf Trophäen, unter anderem dem Champions-League-Pokal, hier auf dem Kopf von Lucas Hernandez. (Bild: REUTERS/Matthew Childs/Pool)

Ein merkwürdiges Sportjahr geht zu Ende. Hier sind ein paar der sportlichen Highlights und besonderen Momente, die es trotz Pandemie auch 2020 gab.

Man kann das Sport-Jahr 2020 anhand seiner unzähligen abgesagten Veranstaltungen und Wettbewerbe erzählen. Keine Olympischen Spiele im Sommer, keine Fußball-EM. Die ursprünglichen Sport-Highlights wurden auf das kommende Jahr verschoben. Oder man erzählt es anhand der beiden tragischen Verluste von Sportlegenden, mit dem tödlichen Unfall Kobe Bryants im Februar und dem Tod Diego Maradonas Ende November. Doch 2020 hielt auch sportliche Highlights parat. Und so sehr die Einschränkungen im Amateursport auch schmerzten und aller berechtigen Diskussionen zum Trotz: Vielen wurde bewusst, wie wichtig der Profi-Sport als Unterhaltungsfaktor ist.

Superbowl und „Spiel Null“

Dabei begann das Jahr 2020 in den meisten Ländern noch in gewohnter Normalität. Selbst als die Infizierten-Zahlen aus China erschreckend anstiegen, liefen die geplanten Wettbewerbe noch wie gewohnt ab. Die Handball-EM zu Beginn des Jahres wurde sogar noch in Norwegen, Schweden und Österreich ausgetragen. Das Deutsche Team verpasste das Halbfinale und setzte sich im Spiel um Platz fünf gegen Portugal durch. Spanien verteidigte erfolgreich den Titel von 2018 gegen Kroatien. Nur Tage später gab es das letzte sportliche Großereignis, das noch unter Normalbedingungen angehalten wurde. In Miami trafen die Kansas City Chiefs und die San Francisco 49ers zum 54. Superbowl aufeinander. Shooting-Star Patrick Mahomes führte seine Chiefs als Quarterback zum ersten Titel seit exakt 50 Jahren und wurde dafür zum jüngsten MVP aller Zeiten gewählt. In der Halbzeit traten Jennifer Lopez und Shakira auf, im Stadion waren 62.000 Zuschauer versammelt. Im Rückblick kaum vorstellbar.

Feiern vor vollen Rängen: Bevor das wie hier für die Super Bowl-Champions der Kansas City Chiefs wieder möglich ist, wird es wohl noch eine Weile dauern. (Bild: REUTERS/Shannon Stapleton)
Feiern vor vollen Rängen: Bevor das wie hier für die Super Bowl-Champions der Kansas City Chiefs wieder möglich ist, wird es wohl noch eine Weile dauern. (Bild: REUTERS/Shannon Stapleton)

Kurz darauf folgte der Lockdown in vielen Ländern, als sich die Pandemie über die ganze Welt ausbreitete. Die NBA-Saison wurde unterbrochen, ebenso die NHL-Saison und die traditionsreiche „March-Madness“ des College-Basketballs gleich komplett gecancelt. In den europäischen Fußball-Profiligen versuchte man, den Spielbetrieb ohne Zuschauer aufrecht zu erhalten. Nicht ohne dass es schwere Kritik an der späten Entscheidung gab. Denn Massenveranstaltungen spielten bei der Verbreitung der Pandemie eine nicht unwichtige Rolle. So wird zum Beispiel das Champions-League-Achtelfinale zwischen Atalanta Bergamo und Valencia am 19. Februar mitverantwortlich für die heftigen Folgen in Norditalien gemacht. Die Partie, zu der 42.00 Zuschauer ins Mailänder Stadion San Siro reisten, wird mittlerweile als „Spiel Null“ bezeichnet.

Während man in Frankreich reagierte und die Saison im April komplett abbrach und PSG schlicht zum Meister ernannte, versuchte man, den Spielbetrieb in vielen europäischen Spitzenligen mit aufwändigen Hygiene-Konzepten und Geisterspielen aufrecht zu erhalten. Die Folge waren seltsam leere Stadien und in den meisten Ligen eine mehrmonatige Unterbrechung. Nachdem die Ansteckungskurve etwas abflachte, setzten beispielsweise Bundesliga und Premier League den Betrieb fort, erwartungsgemäß gingen Bayern München und der FC Liverpool als Titelträger hervor. Dass der Titel an der Merseyside dennoch zu den Highlights des Jahres gehörte, lag an der langen Wartezeit von 30 Jahren und Jürgen Klopps ehrlicher Freude über den versprochenen Triumph seiner „Reds“.

Die Geburtsstunde der „Bubble“

Die erste Sport-Liga, die sich mit einem Bubble-Modell an eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs wagte, war Basketball. Sowohl in der deutschen BBL als auch später in der NBA wurde die Bubble zum Trendbegriff und erfolgreich umgesetzt. Trotz fehlender Fans gelang es beiden Ligen, so etwas wie echte Turnierstimmung zu generieren, der gezeigte Basketball war mitreißend und teils begeisternd. In der BBL holte Alba Berlin den Titel, das erste Mal seit 2008. Und in der NBA siegte LeBron James mit seinen Lakers in einer packenden Finalserie gegen den Underdog aus Miami in der Bubble in Orlando. Auch die Eishockeyprofis der NHL spielten ihre Saison in zwei „Hub Citys“ verkürzt zu Ende und kürten den Stanley-Cup Sieger aus Tampa Bay.

In der Halle durften die Lakers-Fans nicht live dabei sein, den NBA-Titel feierten sie trotzdem auf den Straßen von Los Angeles. (Bild: Brandon Bell/Getty Images)
In der Halle durften die Lakers-Fans nicht live dabei sein, den NBA-Titel feierten sie trotzdem auf den Straßen von Los Angeles. (Bild: Brandon Bell/Getty Images)

Bayerns Barca-Demontage in der Lissabon-Bubble

Das Beispiel der Bubble versuchte dann auch die Champions-League umzusetzen. Das Finalturnier in Lissabon sorgte für RB Leipzigs erste Halbfinal-Teilnahme und ein denkwürdiges 8:2 im Viertelfnale der Bayern gegen völlig desolate Barca-Spieler um Lionel Messi. Auch das Finalspiel gegen PSG gewannen die Münchener für sich, wenn auch „nur“ mit 1:0. Es war der dritte von fünf Titeln für den FCB im Jahr 2020. Das zweite deutsch-französische Duell ging im Champions-League-Finale der Frauen an Frankreich. Die Titelverteidigerinnen von Olympique Lyon siegten mit 3:1 gegen die frisch gebackenen Meisterinnen aus Wolfsburg.

Pioniere, Rekorde und alte Boxer

Dieses außerordentliche Sport-Jahr hatte auch einige ungewöhnliche Momente abseits der großen Sportligen zu bieten. So feierte die Sportwelt den Triathleten Chris Nikic. Der 21-jährige US-Amerikaner war der erste Mensch mit Downsyndrom, der einen Ironman bewältigte. In 16:46:09 Stunden schrieb er im November in Florida Sportgeschichte.

Genaus so wie Freistilspezialist Caeleb Dressel. Der US-amerikanische Doppel-Olympiasieger schwamm Mitte November in Budapest einen neuen Fabelweltrekord über 100 Meter Lagen. Als erster Schwimmer überhaupt blieb der 24-Jährige unter 50 Sekunden. Ebenfalls rekordverdächtig sind die beiden Bestmarken, die Lewis Hamilton und Rafael Nadal setzten. Am 11.Oktober stellte Hamilton Michael Schuhmachers Siegesrekord von 91 gewonnenen Formel-1-Rennen ausgerechnet am Nürburgring ein und bekam von Schumis Sohn symbolisch dessen Helm überreicht. Inzwischen hält der Brite den Rekord mit mittlerweile 95 Siegen alleine. Und fast zeitgleich zog Rafael Nadal mit seinem 20. Grand-Slam-Titel mit seinem ewigen Konkurrenten Roger Federer gleich. In Paris gewann der Spanier seinen 13. French Open-Titel, auch das einsamer Rekord, der wohl für die Ewigkeit Bestand haben wird. Einen Jugendrekord mit Blick in die Zukunft stellte dagegen BVB-Profi Youssoufa Moukoko auf, als er nur einen Tag nach seinem 16. Geburtstag gegen Hertha eingewechselt wurde und damit zum jüngsten Spieler der Bundesliga-Historie wurde.

Besonders war auch der neue Deutsche Marathon-Rekord. Den stellte Amanal Petros am 6. Dezember in Valencia in 2:07:18 Stunden auf. Der 25-jährige Petros war vor acht Jahren aus Äthiopien nach Deutschland geflohen und hatte sich zunächst als Hobbyläufer dem TV Wattenscheid angeschlossen, wo sein Talent entdeckt wurde. In Valencia bestritt der Shooting-Star erst seinen zweiten Marathon.

Das Weigh-In vor dem Kampf in Los Angeles. Gut, dass beide Altmeister ohnehin im Schwergewicht antreten. (Bild: Lynn Millspaugh/Handout Photo via USA TODAY)
Das Weigh-In vor dem Kampf in Los Angeles. Gut, dass beide Altmeister ohnehin im Schwergewicht antreten. (Bild: Lynn Millspaugh/Handout Photo via USA TODAY)

Einer, der bereits eine historische Sportfigur ist, sorgte ebenfalls im November für ein eher skurriles Comeback. Nach 15 Jahren Pause stieg der 54-jährige Tyson in den Ring gegen den drei Jahre jüngeren Roy Jones Jr. Am Ende einigte man sich auf ein Unentschieden. Trotz aller sportlichen Fragwürdigkeit hat sich das Comeback finanziell ausgezahlt, denn der Kampf der beiden Alt-Boxer sorgte für rekordverdächtige Pay-per-View Einnahmen.Nach Zuschauerzahlen war das Duell der erfolgreichste Kampfsport-Event des Jahres. Vielleicht war es bezeichnend für 2020, dass dieser Rekord nicht von den Sportlern aufgestellt wurde, sondern von den Zuschauern daheim auf ihren Sofas.