Bundesweite Razzia verschärft Konflikt um Klimaaktivisten von Letzter Generation

Der Konflikt um die Letzte Generation verschärft sich: Weil sie der Klimagruppe die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorwirft, ließ die Generalstaatsanwaltschaft München bundesweit Wohnungen durchsuchen. Die Gruppe zeigte sich "hart getroffen".
Der Konflikt um die Letzte Generation verschärft sich: Weil sie der Klimagruppe die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorwirft, ließ die Generalstaatsanwaltschaft München bundesweit Wohnungen durchsuchen. Die Gruppe zeigte sich "hart getroffen".

Der Konflikt um die Letzte Generation verschärft sich zusehends: Weil sie der Klimaschutzgruppe die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorwirft, ließ die Generalstaatsanwaltschaft München am Mittwoch bundesweit Wohnungen von Aktivistinnen und Aktivisten durchsuchen. Die Gruppe zeigte sich von der Razzia "hart getroffen", erklärte aber, ihre Proteste fortsetzen zu wollen. In der Politik stießen die Durchsuchungen auf ein geteiltes Echo.

Im Auftrag der bayerischen Anklagebehörde durchsuchten Ermittlerinnen und Ermittler am Morgen in sieben Bundesländern insgesamt 15 Objekte - vier davon in Berlin, jeweils drei in Bayern und Hessen. Die Wohnung der Sprecherin der Letzten Generation, Carla Hinrichs, wurde ebenfalls durchsucht. Die Tür sei von mehr als 25 Beamtinnen und Beamten aufgebrochen worden, erklärte die Gruppe später.

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Diese seien "mit gezogener Waffe" in ihr Zimmer gestürmt, in welchem sie noch im Bett gelegen habe. Die Generalstaatsanwaltschaft München ließ aber nicht nur Wohnungen durchsuchen, sondern auch Konten beschlagnahmen und die Webseite der Letzten Generation sperren.

Hintergrund des Einsatzes ist ein Ermittlungsverfahren wegen des Tatvorwurfs der Bildung beziehungsweise der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Dieses richtet sich gegen insgesamt sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren. Das Verfahren sei "aufgrund zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung, die seit Mitte des Jahres 2022 eingingen", eingeleitet worden, hieß es.

Die Generalstaatsanwaltschaft legt den Aktivistinnen und Aktivisten konkret zur Last, eine Spendenkampagne zur Finanzierung "weiterer Straftaten" für die Letzte Generation organisiert und diese über deren Homepage beworben zu haben. Dadurch hätten sie mindestens 1,4 Millionen Euro eingesammelt. Zwei Beschuldigte sollen zudem im April 2022 versucht haben, die Ölpipeline zwischen Triest und Ingolstadt zu sabotieren.

"Kriminell sind nicht wir, die für das Klima eintreten", sagte die Sprecherin der Letzten Generation, Aimée van Baalen, als Reaktion auf die Durchsuchungen. "Kriminell ist die fehlende politische Führung in dieser Krise." Die Gruppe wolle solange weitermachen, wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Bundesregierung ihre eigenen Klimagesetze brechen würden.

"Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass sich der Rechtsstaat nicht auf der Nase herumtanzen lässt", sagte dagegen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Polizei und Justiz würden Straftaten nicht hinnehmen, sondern handeln, so wie es ihre Pflicht sei. Faeser zufolge wurden im vergangenen Jahr mehr als 1600 Straftaten im Zusammenhang mit den Klimaprotesten registriert, von denen ein großer Teil auf die Aktionen der Letzten Generation zurückgehe.

"Klimaschutz ist richtig, aber er rechtfertigt keine Straftaten", erklärte die Vizevorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Das Agieren der Gruppe sei in den vergangenen Wochen und Monaten immer radikaler geworden und längst nicht mehr von der Demonstrationsfreiheit gedeckt.

Der stellvertretende AfD-Bundessprecher Stephan Brandner begrüßte die Razzia als "einen ersten guten Schritt in die richtige Richtung". Viele weitere müssten folgen, am Ende sei ein Verbot der Vereinigung der richtige Schritt. Vom "richtigen Signal eines wehrhaften Rechtsstaats" sprach auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt.

Linken-Vizechef Lorenz Gösta Beutin kritisierte die Razzia hingegen als "völlig überzogen". Die Letzte Generation setze "auf friedlichen zivilen Ungehorsam, um auf die Klimakatastrophe und das Versagen der Bundesregierung aufmerksam zu machen".

Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser äußerte sich ähnlich: Er nannte die Aktion "vollkommen unverhältnismäßig". Es könne nicht sein, dass besorgte Menschen, die sich für mehr Klimaschutz einsetzen, kriminalisiert werden.

Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) lässt derweil ebenfalls prüfen, ob die Letzte Generation als kriminelle Vereinigung eingestuft werden kann. In Brandenburg wird dazu bereits gegen die Gruppe ermittelt, im Dezember ließ die Staatsanwaltschaft Neuruppin Wohnungen durchsuchen.

awe/cfm