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Calmund: "TV-Gelder-Antrag? Viel Lärm um Nichts!"

Reiner Calmund schreibt exklusiv als Kolumnist für Yahoo Sport Deutschland!

Am Ende war es viel Lärm um Nichts. Dem Antrag des FC St. Pauli, die so genannten „Werksvereine“ von der Verteilung der TV-Gelder ganz oder teilweise auszuschließen, entzog der Zweitligist selbst die Basis, indem er ihn vor der Mitgliederversammlung des Ligaverbandes zurückzog.

Ein kluger Entschluss, der allerdings völlig unnötig war, hätte St. Pauli seine Maßnahmen von Anfang an durchdacht. Die Bundesliga präsentiert sich seit Jahren als absolutes Premiumprodukt. Und die Basis dieser Präsentation ist die Solidarität der Vereine. Keine 2. Liga in Europa bekommt mehr Geld aus dem gemeinsamen Topf als unsere. Ich kann auch verstehen, dass jeder für sich das beste Ergebnis herausholen will. Aber: Solche Vorstöße sind kontraproduktiv. Weil sie dem Bieter um die TV-Rechte ein verzerrtes Bild abgeben – das Bild einer zerstrittenen Liga und nicht das eines starken Partners für ein Unternehmen, das jede Menge Kohle in den Fußball pumpen will. Was mit diesem Geld letztlich passiert, darüber sollte intern diskutiert werden, wenn man weiß, wie viel dann im kommenden Jahr nach Ende des Bieterverfahrens tatsächlich in die Kassen fließt.

Heribert Bruchhagen, der Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Eintracht, drückte auch meine Gedanken aus, als er nach der Sitzung lapidar meinte: „Es war ein Tag der Selbstverständlichkeiten.“ Und Christian Seifert, DFL-Geschäftsführer, forderte die Liga zu mehr Disziplin auf. „"Es war unnötig und sehr unklug, sich so zu präsentieren, wie es in den letzten Wochen der Fall war. Das war alles andere als hilfreich." Die maßgebenden Männer der Liga fordern nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen Dinge ein, die selbstverständlich sein sollten: Interne Diskussionen und sichtbare Solidarität aller beteiligten Klubs und Kapitalgesellschaften.

Heribert Bruchhagen möchte, dass die Bundesligaspiele stattfinden. Foto: Arne Dedert
Heribert Bruchhagen möchte, dass die Bundesligaspiele stattfinden. Foto: Arne Dedert


Wer fordert was? Bitte zweimal überlegen!
Als ehemaliger Geschäftsführer der Bayer Leverkusen Fußball GmbH bin ich emotional mit dem Thema durchaus noch verbunden. Nicht nur deshalb kann ich den Forderungen vieler so genannter „Traditionsklubs“ wenig abgewinnen. Brechen wir es mal auf eine ganz logische Geschichte runter, dann ist es mir als Steuerzahler lieber, wenn ein Investor ein Stadion baut, als wenn es die Kommune, Land oder Bund finanzieren. Die BayArena hat keinen Steuerzahler auch nur einen Cent gekostet, in vielen Städten mit schönen Arenen ist das anders. Es ist also nicht so, dass die Klubs mit Investoren nur den Honig aus dem Topf lecken und die anderen darben.

Überhaupt: Wie definiert sich Tradition?
Tradition sichert Unternehmen keine Umsätze und Fußballvereinen keine Tore und Punkte. Vor meiner Haustür in Saarlouis kämpfen mit dem 1. FC Saarbrücken, FC Homburg, Kickers Offenbach und Waldhof Mannheim gleich vier ehemalige Bundesligaklubs um die Meisterschaft in der 4. Liga. Im Westen präsentiert sich die gleiche Situation: Mit Alemannia Aachen, RW Essen, RW Oberhausen und Wattenscheid wollen auch gleich vier traditionelle Ex-Bundesligisten den Aufstieg in die 3. Liga schaffen. Tradition definiert sich im Fußball in der Regel über den Erfolg, den man vor vielen Jahren mal hatte. Oder darüber, dass die Fan-Gemeinde exorbitant groß ist. Auf den FC St. Pauli trifft weder das eine noch das andere zu. Es ist ein Klub, der sich erfolgreich eine Nische geschaffen hat und ein geschicktes Marketing betreibt. Berechtigt ihn dies nun, mehr Geld aus dem TV-Topf zu bekommen als etwa Wolfsburg oder Leverkusen?

Meine Meinung zu diesem Thema: Lasst es, wie es ist. Deutschland ist Vorbild für ganz Europa, ich weiß, dass die meisten Verantwortlichen neidisch auf unsere Liga schauen. Warum etwas Gutes ändern? Das gilt übrigens nicht nur für St. Pauli. Das gilt auch für den FC Bayern München und seinen Chef Karl-Heinz Rummenigge. Dessen Forderung nach mehr TV-Geld für den FC Bayern ist legitim. Er muss die Interessen seines Arbeitgebers sehen und will den Abstand zu den Klubs aus England und Spanien verkleinern.

SPOX und BIOTHERM HOMME haben den Spieler des Monats November gesucht und auch dieses Mal war Eure Wahl eindeutig: Rückkehrer Javi Martinez vom FC Bayern München hat am meisten beeindruckt!
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Aktueller Verteilungsschlüssel ist gut
Aber ebenso legitim ist es, wenn der Rest der Liga dagegen ist, obwohl man unsere Champions League Vertreter finanziell durchaus etwas großzügiger ausstatten sollte, damit sie international wettbewerbsfähiger sind. Die Qualität der Bundesliga wird letztendlich auch am internationalen Abschneiden unserer Vereine  bewertet. Aktuell gibt es trotzdem einen Verteilungsschlüssel, der alle gut leben lässt. 5,8 Prozent der Vermarktungserlöse für den Spitzenreiter einer Fünf-Jahres-Tabelle, für den 18. die Hälfte davon, also 2,9 Prozent und die 2. Liga bekommt mehr als die ausländischen Nachbarn. Es geht in der Königsklasse ohnehin nur noch darum den „Besten der Besten“ zu ermitteln.

Und die Münchener machen da eine sensationelle und äußerst erfolgreiche Arbeit: Seit 2010 standen sie in drei Endspielen um die Champions League und immer im Halbfinale. Selbst wenn es für die Bayern demnächst wieder gegen die letztjährigen hochverschuldeten Champions League Sieger Real Madrid oder Barcelona gehen sollte, spielt die Kohle eine untergeordnete Rolle. Bei diesen Highlights geht es um die Tagesform und darum, wer die wenigsten Verletzten hat bzw. die Verletzungen am besten kompensieren kann.