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Calmund: Wir brauchen personalisierte Tickets!

Von Reiner Calmund

Reiner Calmund schreibt exklusiv als Kolumnist für Yahoo Sport Deutschland!

In seiner Yahoo Sports-Kolumne schreibt Experte Reiner Calmund über die aktuellsten Ereignisse in Paris und Hannover und fordert neue Sicherheitsmaßnahmen. Außerdem sagt er: Der Sport darf sich vom Terror nicht in die Knie zwingen lassen.

Die Entscheidung, das Länderspiel in Hannover abzusagen, wurde für mich - so weit es öffentlich möglich war - von Bundes-Innenminister Thomas de Maizière klar und verständlich erklärt. Bei der Pressekonferenz demonstrierten er, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und DFB-Interims-Präsident Reinhard Rauball ein einheitliches Bild. In solchen Situationen ist dies ein wichtiges und deutliches Signal nach außen.

Es war auch richtig, dass die Sicherheits-Experten aus den Ereignissen von Paris keine falschen Schlüsse gezogen haben. Wer auch immer am Dienstag etwas versuchte, der musste erkennen: Wir sind wachsam, unsere Sicherheitskräfte sind in der Lage zu verhindern, dass feige Attentäter ein Stadion einnehmen wie etwa ein Café oder eine Konzerthalle. Die langjährige Erfahrung aus den Sicherheitskonzepten für Fußball-Großveranstaltungen hatten sich Gott sei Dank schon in Paris bewährt, als Selbstmordattentäter ins Stadion wollten. Trotzdem gibt es keine hundertprozentige Sicherheit – nur diese Maxime: das Leben, die Gesundheit und die Sicherheit der Menschen muss immer die oberste Priorität haben.

Das für Dienstagabend angesetzte Länderspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden in Hannover wurde etwa anderthalb Stunden vor dem geplanten Spielbeginn (20.45 Uhr) abgesagt. Grund dafür war eine Anschlagswarnung. Im plötzlich eintretenden Schreckmoment zeigten sich außergewöhnliche Verhaltensweisen, die später doch von Anspannung überholt wurden. Die Einordnung der Lage fällt nun schwer - in vielerlei Hinsicht. Ein Stimmungsbericht aus Hannover.

Die Kritik einiger Fans an den personalisierten Eintrittskarten bei Bundesligaspielen dürften nach den Vorkommnissen in Paris und jetzt in Hannover endgültig der Vergangenheit angehören. Ich habe mich immer für diese Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt. Dabei geht es nicht nur darum, die schrecklichen Taten von Terrorristen und Kriminellen zu verhindern. Auch Schlägereien, Körperverletzung, Sachschäden, Platzsturm müssen mehr denn je konsequent mit allen straf- und zivilrechtlichen Möglichkeiten geahndet werden. Meine Prioritäten bei einem Stadionbesuch lauten: Wenn möglich soll mein Verein, meine Mannschaft gewinnen. Ich will Spaß haben mit Freunden und anderen Fans. Aber ich will vor allen Dingen Sicherheit für die Kinder, Mütter, Väter und Fans.

Her mit den personalisierten Tickets!

Meine Meinung: Wer sich beim Eintritt mit personalisierten Tickets in seinen Grundrechten beschnitten fühlt, kann das Spiel ja im Fernsehen gucken. Nur so ganz nebenbei: Wenn man mit der Familie oder Freunden in den Urlaub nach Florida jettet, muss man dort vom Einreisebüro bis zum Eintritt ins Disneyland geduldig jegliche Überprüfung über sich ergehen lassen. Da werden die Finger für den Abdruck gespreizt, da zieht man gerne das „Disney-Magic-Band“ an, auf dem alle Daten gespeichert sind. Warum geht es auf einmal? Weil man sonst nicht reinkommt! Nicht ins Land und nicht in den Park. Natürlich kann man darüber diskutieren. Aber ich kann versichern: Der Spaß während des Aufenthaltes ist nicht beeinträchtigt. Für jeden "Normaldenker" müsste die Sicherheit bei größeren Versammlungs- und Veranstaltungsstätten oberste Priorität haben.

Zurück nach Deutschland: Wer nichts zu verbergen hat, dem kann ein personalisiertes Ticket nichts ausmachen. Selbst beim Vertrag für ein iPhone ist der Fingerabdruck kein Problem. Natürlich sollten die Vereine dem Ticket-Inhaber bei Krankheit, beruflicher Verhinderung etc. eine Übertragung des Tickets mit den personalisierten Daten des Nachfolgers unbürokratisch ermöglichen. Ich bin sicher, es geht.

Stärke zeigen! Die EM 2016 muss stattfinden!

Bei Welt- und Europameisterschaften wird dies genauso wie die Sicherheitskontrolle vor einem Flug gängige Praxis sein. Das ist in meinen Augen und vor dem Hintergrund der aktuellen Situation Mindeststandard. Das Menschenmögliche muss getan werden – und mehr. Ich sehe auch jeden Fan in der Pflicht. Haltet die Augen auf, sperrt die aus der Gemeinschaft aus, die meinen, heute noch Böller abschießen zu müssen. Wer das nach diesen Tagen nicht kapiert hat, sollte schleunigst einen Arzt aufsuchen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass man den feigen Terroristen mit Stärke begegnen muss. Diese Stärke zeigt sich auch darin, die Euro 2016 wie geplant in Frankreich durchzuführen. Entscheidend ist, dass neben den Stadien auch andere öffentliche Einrichtungen - Theater, Open Air Konzerte, Restaurants, Cafés und Kneipen - ebenso abgesichert werden. Eine EM ist nicht nur Fußball, es ist auch ein Fest der Völker und Kulturen. Wobei immer meine eingangs erwähnte Präambel entscheidend ist: An erster Stelle steht die Sicherheit der Menschen. Ihre konkrete Gefährdung muss alle bisherigen Gedanken über den Haufen werfen. Wie am Dienstag in Hannover. Traurig, aber wahr.