Castroneves kommt Spitze näher

Innen an allen vorbei: Helio Castroneves zeigte, dass in ihm weiter ein Racer steckt

Was für ein Auf und Ab für Helio Castroneves in Toronto: Mit einem genialen Überholmanöver erst auf Siegkurs gelegen, dann von einer Gelbphase ausgebremst, zuletzt immerhin ganz nah an die Spitze der Gesamtwertung gekommen. Gelingt dem Penske-Routinier mit 42 Jahren tatsächlich noch der erste IndyCar-Titel? Momentan liegt er nur drei Punkte hinter Tabellenführer Scott Dixon. Dabei hätte es in Toronto auch ein dicker Vorsprung von 33 Zählern werden können.

Doch das Schicksal wollte es anders: Eine Gelbphase zum blödesten Zeitpunkt kostete Castroneves alles. Wie schon 2016 in Detroit blieb der Brasilianer in Führung liegend genau die eine Runde zu lange draußen, die ihn um den Sieg brachte. Tony Kanaan versenkte seinen Boliden in den Reifenstapeln von Kurve 1 (eine Aktion, die in einschlägigen Foren wegen seiner Ganassi-Zugehörigkeit kontrovers diskutiert wird). Die Boxengasse machte dicht und Castroneves fiel beim Stopp unter Gelb auf Platz 14 zurück. "Das ist halt Racing", sagt er lakonisch. "Wir haben alle schon einmal Glück und Pech damit gehabt." Er rettete noch Platz acht in Ziel.

Schon zuvor hatte "Spiderman" gezeigt, wie ernst er es mit der Meisterschaft meint: Gleich beim Start überrumpelte er in Kurve 1 die erste Startreihe mit einem bärenstarken Überholmanöver auf der Innenbahn komplett. Er ließ den amtierenden Meister Simon Pagenaud und Graham Rahal wie Schulbuben aussehen. "Ich habe das schon 1997 bei den Indy Lights gemacht. Jetzt hat es wieder funktioniert!", freut er sich über seinen Geniestreich. Eine deutliche Ansage für die noch verbleibenden Rennen.

Es scheint, als hätte Castroneves in seiner 20. Saison im amerikanischen Toplevel-Monopostosport endlich wieder zu alter Stärker zurückgefunden. "Das ist ein fantastisches Team und ich habe einige großartige Autos dieses Jahr", begründet der viermalige IndyCar-Vizemeister. "Ich habe das Gefühl, dass wir überall gewinnen können. Wir haben noch fünf Rennen und ich kann das nächste kaum erwarten."

Helio Castroneves' 20. IndyCar-Saison könnte allerdings auch seine letzte werden. Im neuen Penske-Programm in der IMSA SportsCar Championship ist er neben Juan Pablo Montoya vorgesehen. Weil das Sportwagen-Programm Ressourcen - beispielsweise Mechaniker - in Anspruch nimmt, will Penske für die IndyCar-Saison 2018 auf drei Vollzeit-Autos zurückschrauben. Doch was, wenn Castroneves tatsächlich im 20. Anlauf doch noch seinen ersten Titel holt? Penske hätte plötzlich ein Luxusproblem. Schließlich wäre es eine gewisse Verpflichtung, den Titel auch zu verteidigen.

Der 42-Jährige will sich noch gar nicht mit 2018 beschäftigen. "Wenn man beginnt, über die Zukunft nachzudenken, fängt man an, sich abzulenken", findet er. "Ich denke nur ans nächste Rennen. Ich weiß, dass es viele Spekulationen gibt. Das Team macht ein Sportwagen-Projekt und alle in diesem Team würden gerne fahren. Keine Frage. Wir alle wollen fahren, was immer wir können. Aber momentan gibt es noch keine offizielle Entscheidung und ich konzentriere mich lediglich auf diese Meisterschaft. Viele Entscheidungen liegen nicht in meiner Hand. Fortsetzung folgt..."

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