Comeback von Großkreutz: Voll happy

Comeback von Großkreutz: Voll happy

„Problem-Profi“ – mit diesem Stempel kam Großkreutz nach Stuttgart. Zwei Spiele später ist die Lage anders. Ein Blick auf Einen, der beim VfB ein Comeback wagt.

Von Jens Fischer

Ach herrje, was wurde über diesen jungen Mann zuletzt nicht alles geschrieben und behauptet. Ein Flegel sei er, verwöhnt, überheblich, verdorben von den vielen Millionen. Keine Berufsauffassung und generell auf keinen Fall ein Spieler, der  in der deutschen Fußball-Bundesliga jemals wieder Fuß fassen wird. Kevin Großkreutz – Ex-Nationalspieler, mit 27 Jahren schon am Ende seiner Karriere?

Nach einigen Wochen beim VfB Stuttgart und zwei Bundesliga-Auftritten ist diese Frage schnell beantwortet. Großkreutz ist wieder da, fit, motiviert, und bei den Schwaben jetzt schon auf dem Sprung zum Führungsspieler. Appell deshalb an alle Skeptiker: Nicht nur motzen, das muss man erst mal machen! Natürlich waren da auch Skandale in Großkreutz‘ jungem Leben: der Dönerwurf oder das Urinieren in die Hotelllobby. Ist aber lange her, Großkreutz hat gelernt.

„Ich bin derzeit der glücklichste Mensch und freue mich einfach auf dem Platz stehen zu dürfen“, sagte Großkreutz, als der Autor dieses Textes den angeblich so „bösen Buben“ nach der Partie gegen den HSV am Samstag traf. Man nahm ihm das locker ab. Freundlich, höflich, gut gelaunt und beinahe ein wenig schüchtern bewegt sich Großkreutz in seiner neuen schwäbischen Fußball-Heimat und macht das, was man von ihm erwartet: Leistung zeigen.

Schon in seinem ersten Spiel für den VfB in Köln war Großkreutz der laufstärkste Stuttgarter. Und auch gegen den HSV beackerte er unermüdlich die rechte Außenbahn, machte zwar noch den ein oder anderen Fehler, zeigte aber, dass er ein Leader ist. Und für den VfB zum riesigen Glücksgriff werden kann. „Beine, Lunge – alles macht mit. Ich fühle mich richtig gut, am liebsten hätte ich jetzt gleich eine englische Woche“. So Großkreutz am Samstagabend. Er lächelte und wirkte wie jemand, der seine vielleicht letzte Chance nutzen will.

Die VfB-Verantwortlichen nehmen Großkreutz in Schutz.
Die VfB-Verantwortlichen nehmen Großkreutz in Schutz.

Die Stuttgarter haben Großkreutz neben dem Stadion im Hotel untergebracht. Viele deuteten das als „Big Brother“-Aktion, als erzieherische Maßnahme. Ist aber ein ganz normaler Vorgang, die Verantwortlichen versuchen, entspannt mit ihren Neuzugang umzugehen. „Natürlich hat sich Kevin in seiner Vergangenheit schon das eine oder andere geleistet, das er besser hätte sein lassen sollen“, sagte Sportvorstand Robin Dutt dem „Hamburger Abendblatt“. „Aber auch ich war früher kein Kind von Traurigkeit – das hat aber Gott sei Dank niemanden interessiert.“

Auch die harsche Kritik von Bundestrainer Joachim Löw an Großkreutz - er hat mittlerweile Art und Weise entschuldigt, große Geste übrigens - irritiert den VfB nicht. „Man muss fairerweise sagen, dass er gar nichts dafür konnte, wegen eines Formfehlers in Istanbul nicht spielen zu dürfen oder das Halbjahr davor verletzt zu sein“, so Dutt. Man ist um Normalität bemüht im Schwabenland – und Großkreutz lebt das derzeit vor.

Zurück in die Zukunft, sich zurückentwickeln, alte Stärken zu neuen Tugenden machen: Großkreutz gibt noch einmal Gas. Bei jeden Training, wenn er mit seinem neuen Kumpel Serey Die Späße macht. Wenn er grinsend und zufrieden seine Programm abspult. „Ich fühle mich hier sehr wohl. Der ganze Verein hat mich super aufgenommen, wir haben viel Spaß. Wir lachen viel, das ist das Wichtigste.“ Und das Beste: Mit Großkreutz ist auch der Erfolg zurück beim VfB.  Zwei Spiele mit ihm, zwei Siege. Besser kann es gar nicht laufen. In einer Woche folgt das nächste Highlight – dann kommen die Dortmunder im DFB-Pokal nach Stuttgart. Das große Wiedersehen also. Großkreutz wird es genießen. Mit Sicherheit.