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Dank Ancelotti und James: Wie Everton ganz England verzückt

Dank Ancelotti und James: Wie Everton ganz England verzückt

Jahrelang hatten die Fans des FC Everton nur einen schwachen Trumpf im Ärmel, wenn sie eine Diskussion mit Fans des Rivalen FC Liverpool über den dominierenden Klub der Stadt führten.

Sie verwiesen dann auf das Einkaufszentrum namens "Liverpool One" im Herzen der Stadt und erklärten, dass der Fanshop ihres Klubs in eben diesem Center schließlich "Everton Two" heiße.

Mehr als ein mitleidiges Lächeln lockte diese Erkenntnis bei den Fans der Reds nicht hervor, zu deutlich war die gegenläufige sportliche Entwicklung der beiden Traditionsvereine - vor allem in der vergangenen Saison: Während Jürgen Klopps Team die Meisterschaft einfuhr, kämpfte Everton lange gegen den Abstieg und hatte am Ende 50 Punkte Rückstand!

Im Oktober 2020 stellt sich die Situation nun komplett anders dar, endlich einmal haben die Fans der "Toffees" Grund zum Lachen. Mit vier Siegen aus vier Spielen steht Everton an der Tabellenspitze der Premier League. Der ungeliebte Lokalrivale hat nach der 2:7-Schmach am vergangenen Sonntag bei Aston Villa, zugleich die höchste Pleite der Klubgeschichte in einem Premier-League-Spiel, als Fünfter drei Punkte weniger auf dem Konto.

Den Einzug ins Viertelfinale des Carabao Cups konnte Liverpool zudem auch nicht bewerkstelligen. (SERVICE: Tabelle der Premier League)

Und am nächsten Spieltag wartet das brisante Derby gegen die Reds (Premier League, 5. Spieltag: FC Everton - FC Liverpool am 17. Oktober ab 13.30 Uhr im LIVETICKER)

Das Selbstbewusstsein ist groß am altehrwürdigen Goodison Park, Trainer Carlo Ancelotti lebt das vor: "Ich bin mir sicher, dass meine Mannschaft das Potenzial hat, um unter die vier ersten Plätze zu gelangen", tönte der frühere Bayern-Trainer.

470 Millionen Euro in vier Jahren

Bei der Betrachtung des Kaders sind diese großen Worte nicht einmal unrealistisch, schließlich gab der Klub in den letzten vier Jahren auf dem Transfermarkt satte 470 Millionen Euro aus.

Trotz der immensen Ausgaben missglückte der Sprung in die internationalen Ränge und die auch aus Marketing-Sicht wichtigen "Big Six", es sprangen lediglich die Plätze 7, 8, 8 und zuletzt 12 heraus.

Auch in dieser Saison ist nicht alles Gold, was glänzt. Nationaltorwart Jordan Pickford ist nach einigen Patzern nicht mehr unumstritten, Reservist Jonas Lössl (früher Mainz) kein hochkarätiger Ersatz. Außerdem erscheinen bis auf Auftaktgegner Tottenham Hotspur (1:0) alle bisherigen Kontrahenten auf dem Papier schwächer als Everton.

Und dennoch wirkt es so, als ob die talentierte Mannschaft in dieser Saison ihr großes Potenzial ausschöpfen und den Sprung zum Topklub bewerkstelligen kann.

James Rodriguez blüht auf

Ancelotti hat es hervorragend verstanden, den zuletzt erfolglosen Spielern Selbstvertrauen einzuimpfen. In seiner Zeit als Coach von Real Madrid (2013 bis 2015) baute sich der kauzige Italiener einen hervorragenden Ruf als "Spielerflüsterer" auf, den er bei seinen folgenden Stationen Bayern und Neapel zumindest teilweise verloren zu haben schien. (SERVICE: Spielplan der Premier League)

Im Norden Englands scheint Ancelotti ihn wieder gefunden zu haben. Sein Wunschspieler James Rodriguez, der ablösefrei (!) aus Madrid kam, schwärmte bei seiner Verpflichtung: "Wir haben eine spezielle Bindung zueinander."

Der Kolumbianer lässt seinen Worten Taten folgen, der Techniker integrierte sich herausragend in die körperlich geprägte Premier League und steht nach vier Ligapartien bei drei Toren und zwei Assists. An allen vier Spieltagen wurde er zum Spieler des Spiel gekürt, folgerichtig auch zum Spieler des Monats September in der Premier League. In den Medien wird James' Transfer schon zum "Diebstahl des Jahrhunderts" hochgejubelt.

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"Er ist ein fantastischer Vorlagengeber, mit seinem Schuss aber auch selbst sehr torgefährlich. Wichtig ist, dass wir ihm gewisse Freiheiten geben", betonte Ancelotti nach James' Verpflichtung und forderte im Gegenzug 20 Saisontore von James.

Immerhin schon bei neun Treffern in sechs Einsätzen steht Shootingstar Dominic Calvert-Lewin, der nun erstmals für die englische Nationalmannschaft nominiert wurde und heute Abend gegen Wales debütieren soll. Dabei hatte der 23-Jährige in den letzten elf Ligaspielen der vergangenen Saison kein einziges Mal getroffen und unter Selbstzweifeln gelitten. Doch Ancelotti setzte weiter auf den Mittelstürmer, der das Vertrauen nun zurückzahlt.

24 Tore in sieben Spielen

Mit Calvert-Levin, James und dem brasilianischen Nationalspieler Richarlison (4 Tore, 2 Assists) verfügt Everton über einen enorm gefährlichen Dreiersturm, 24 Treffer haben die Toffees in dieser Saison schon erzielt.

Dahinter bildet das Duo Abdoulaye Doucouré (kam für 22 Millionen vom FC Watford) und Allan, der für 25 Millionen Euro von Ancelottis Ex-Klub Neapel verpflichtet wurde, die Schaltzentrale im Mittelfeld. Der 2017 für fast 50 Millionen Euro gekommene Ex-Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson muss sich aktuell trotz guter Leistungen mit der Jokerrolle begnügen.

Die beiden früheren Bundesliga-Spieler Jonjoe Kenny (Schalke) und Jean-Philippe Gbamin (Mainz, 25 Mio. Ablöse) müssen ebenfalls auf ihre Chance warten, die Vierer-Abwehrkette mit Lucas Digne, Michael Keane, Yerry Mina und Kapitän Seamus Coleman besticht durch Zweikampfstärke und Erfahrung.

Minas Treffer beim 4:2 gegen Brighton am Samstag feierte der Landsmann von James mit den berühmt-berüchtigten Tanzbewegungen des 90er Jahre-Hits "Macarena" - auch er feiert also wie der FC Everton derzeit ein echtes Revival.