Dann könnte es übel werden für den BVB

Marcel Reif-Kolumne Sport 1
Die Dortmunder sollten die Pleite gegen die Bayern einfach abschütteln. Wenn sie der eigenen Argumentation glauben würden, dass das Spiel nur wegen einer Fehlentscheidung verloren wurde, dann könnte es übel werden für den BVB. (Bild: Sport1)

Hallo Fußball-Freunde,

das Gipfeltreffen zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund hielt, was es versprochen hatte. Es waren gerade einmal neun Minuten gespielt, als Erling Haaland die Bayern doppelt schockte.

Aber die Bayern sind eben die Bayern. Angeführt von einem wieder mal überragenden Robert Lewandowski drehten die Münchner das Spiel und zeigten dem ewigen Rivalen einmal mehr seine Grenzen auf. (SERVICE: Alle Spiele und Ergebnisse)

Wie tief die Niederlage bei den Schwarzgelben saß, zeigte sich im Anschluss in den Interviews. Marco Reus warf dem Schiedsrichter vor dem 2:3 sogar fehlende Eier vor. Wäre die Situation bei Leroy Sané und Emre Can anders herum gelaufen, hätte Marco Fritz bestimmt gepfiffen - so die Meinung von Reus.

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Diesen emotionalen Ausbruch möchte ich aber nicht zu hoch hängen. Man verliert ein Spiel, wo man nach wenigen Minuten 2:0 führt. Man hat das Gefühl, dass es rund läuft und dann kippt das Spiel nach 15-20 Minuten. Natürlich sitzt die Enttäuschung da tief.

Dortmund muss nach vorne schauen

Aber nach der Aktion ging das Spiel noch ein gutes Stück weiter und Dortmund hatte die Möglichkeit, das Tor zu verteidigen. Daher ist die Aussage, dass ein vermeintliches Foul das Spiel entschieden haben soll, eine sehr steile These.

Und man braucht auch nicht den Bayern-Dusel anführen: Vor dem Elfmeter zum 2:2 stand der Schiedsrichter keine zwei Meter neben der Situation und hat nicht gepfiffen. Da musste erst der Video-Assistent eingreifen.

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Daher sollten die Dortmunder die Pleite einfach abschütteln. Wenn sie der eigenen Argumentation glauben würden, dass das Spiel nur wegen einer Fehlentscheidung verloren wurde, dann könnte es übel werden für den BVB.

Früher beim Tennis hätte ich normal auch nie verloren, wenn es dieses oder jenes nicht gegeben hätte. Hört einfach auf damit und lasst es gut sein. Regt euch hinterher kurz auf, wenn es zur Frustbewältigung dient. Aber man darf nicht mehr draus machen. Einfach das Spiel danach nochmal analysieren und man sieht, wo man das Spiel verloren hat.

Thomas Müller ist zurück im DFB-Team

Aber der Samstag hatte auch eine gute Nachricht für alle deutschen Fußball-Fans.

Seit Samstag ist Thomas Müller für mich wieder in der Nationalmannschaft - gesetzt und aufgestellt. Auf den Moment habe ich lange gewartet. Ich schau dem Müller zu und ich schau der Nationalmannschaft zu und denke: Irgendwas war doch da mal.

Aber nun ist alles okay.

Joachim Löw hat den entscheidenden Satz gesagt und damit bin ich im Reinen: Wir müssen bei der EM die bestmögliche Mannschaft aufstellen. Natürlich kann ich das mit dem Umbruch nachvollziehen. Aber primär geht es darum, Titel zu gewinnen.

Darum hat nun auch der Bundestrainer seine Haltung überdacht. Wenn er dabei auch durch Corona das Gesicht wahren kann - meinetwegen. Wenn der Müller am Ende spielt und das nach Fußball ausschaut, ist doch alles gut.

Reif: Sorge wegen Wechsel-Theater um Bobic

Eine Sache, die mir in der Bundesliga dagegen gerade etwas Sorge bereitet, ist das Wechsel-Theater um Fredi Bobic. Man muss leider die Frage stellen: Was ist die Wahrheit?

War es so, wie er es sagt? Hat er im letzten Jahr angekündigt, dass seine Ära hier beendet ist, er die Eintracht bis an die internationalen Plätze geführt hat und mehr nicht herausholen kann und da eigentlich schon aufhören wollte, er aber wegen Corona verlängert hat? Dann ist die Frage, wie war die Absprache?

Da kommen wir jetzt aber auf die moralische Ebene.

Als Alaba seinen Vertrag bis zum Ende erfüllen wollte ohne zu verlängern, war man bei den Bayern höchst empört. Diese Dinge haben im Profi-Fußball jedoch eine eigene Gewichtung bekommen. Manchmal denke ich, in den Verträgen steht mehr über Ausstiegsklauseln als irgendwas anderes.

Dann brauchen sich die Verantwortlichen nicht zu wundern, wenn es zu einer Entfremdung mit den Fans kommt.

Reif warnt vor Entfremdung der Fans

Man hat Fans wie auf Schalke: eine Gemengelage von Herz und Träumereien und im Gegensatz dazu ein Wirtschaftsunternehmen, das geführt werden muss - ich glaube, da wird ein neues Publikum entstehen und das läuft schon länger.

Die Entfremdung derer, die ihren Fußball immer noch so sehen wollen, wie er mal war, das kriegt man nicht mehr hin. Dieses Publikum kommt nicht mehr zurück, weil diese Fans nicht mehr das geboten bekommen, was sie wollen. Das ist vorbei.

Otávio: Ein Rätsel, was bei dem aussetzt

Zum Abschluss möchte ich noch kurz was zu der Blutgrätsche von Paulo Otávio vom VfL Wolfsburg sagen: So lange sperren wie möglich. Der hatte eine halbe Platzlänge Zeit, zu überlegen, ob er etwas macht, wofür er im "normalen" Leben im Gefängnis landen würde. Ich möchte solche Leute nicht mehr auf dem Fußballplatz haben. Verlange ich jetzt die lebenslange Sperre? Nein!

Aber wenn man das im Spektrum hat, einen Gegenspieler so anzugehen: Das ist mir ein Rätsel, was da oben aussetzt.

Bis demnächst,
Euer Marcel Reif

Marcel Reif ist nach rund 1.500 kommentierten Spielen eine Reporter-Legende. Für seine Arbeit erhielt Reif unter anderem den "Grimme Preis", den "Deutschen Fernsehpreis" und den "Bayerischen Fernsehpreis". Seit Sommer 2016 begleitet Marcel Reif als Experte den CHECK24 Doppelpass auf SPORT1.