"Da darf Vettel nicht stranden"

"Da darf Vettel nicht stranden"
"Da darf Vettel nicht stranden"

Hallo Motorsport-Fans,

das achte Rennen in der Formel-1-Saison 2021 ist Geschichte und Max Verstappen setzt seinen Lauf fort. (alle Rennen der Formel 1 im LIVETICKER)

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Der Niederländer dominiert auch im Heimrennen am Red Bull Ring und baut seinen Vorsprung in der Fahrerwertung damit aus. (Fahrerwertung der Formel 1)

Des einen Freud ist aber auch des anderen Leid: Lewis Hamilton hält den Schaden mit Rang zwei zwar in Grenzen, macht nach dem Rennen seinem Ärger aber Luft. "Ich habe versucht, mit den Jungs mitzuhalten, aber bei dem Speed, den sie haben...", gab er bei Sky vielsagend zu Protokoll. (Formel 1: Stimmen zum Großen Preis der Steiermark)

Es scheint tatsächlich so, als vollziehe sich in diesem Jahr die Wachablösung. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Hybrid-Ära 2014 steht vier Rennen in Folge kein Silberpfeil-Pilot ganz oben auf dem Treppchen. (Rennkalender der Formel 1 2021)

Aber nicht nur Mercedes schwächelt. Auch Sebastian Vettel findet sich nach seinen beiden tollen Rennen in Baku und Monaco nun im biederen Mittelfeld wieder. Dazu fuhr er auch seinem Teamgefährten Lance Stroll nur hinter - ein Umstand, der nicht zu einem viermaligen Weltmeister passt.

Hier sind meine Tops und Flops des Großen Preis der Steiermark!

TOPS

RED BULL – Die Brauseritter haben schon in den vergangenen Jahren heroische Schlachten auf ihrem Heim-Ring geschlagen und gewonnen. Die Art und Weise, wie der GP der Steiermark von Verstappen beherrscht wurde, zeigt aber deutlich, dass die Wachablösung an der Spitze der Formel1 vollzogen ist. Red Bull ist klar die neue Nummer - in der Fahrer- wie in der Konstrukteurswertung - und damit die neue Bench-Mark. Das Auto ist auf allen Strecken schnell und siegfähig. Das Team hat enorm dazu gelernt in Sachen Taktik. Man hat derzeit auf alles, was Mercedes unternimmt, die richtigen Antworten.

MAX VERSTAPPEN – Der Niederländer bügelt die Konkurrenz beim Heimrennen seines Arbeitgebers nach Belieben. Der vierte Sieg im achten Rennen des Jahres. Damit ist es jetzt schon seine erfolgreichste GP-Saison, denn mehr als drei Siege in einem Jahr hatte Verstappen in der Formel1 bislang nicht eingefahren. Abgesehen vom Pech mit dem platzenden linken Hinterreifen in Baku ist der kommende Weltmeister in jedem Rennen 2021 aufs Podium gesprungen – als Sieger oder Laufzweiter! Er ist nicht mehr Jäger – sondern der Gejagte als WM-Führender. Was ihm sichtbar überhaupt nichts ausmacht! Im Gegenteil. Er hat alles unter Kontrolle, spielt souverän seine Trümpfe aus. Oranje boven!

SERGIO PEREZ – Er ist derzeit der bessere Wing-Man für die Nummer 1 im Team im Vergleich zu Bottas bei Mercedes. Perez hat bislang 96 Punkte geholt – Bottas 86. Und das, obwohl er kaum Test- und Vorbereitungsmöglichkeiten für seinen Sprung in ein neues Auto und ein neues Team hatte. Der Mexikaner macht einen richtig guten Job! Unaufgeregt, still und leise. Er ist da, wenn man ihn braucht, wie nach dem Reifenplatzer an Verstappens Boliden in Baku. Und fast hätte er in der Schlussphase am Red Bull Ring noch Bottas vernascht, was seine derzeit wirklich gute Performance unterstrichen hätte.

LANDO NORRIS – Als einziger Fahrer im Feld in allen Rennen des Jahres in den Punkten. Muss man mehr sagen? Platz 4 im Qualifying ist ein weiterer Beleg für sein außerordentliches Talent, mehr als Platz 5 im Rennen ist beim besten Willen nicht rauszuholen, wenn kein Fahrer von den beiden Top-Teams aus- oder zurückfällt.

CARLOS SAINZ – Im Rennen einer der Besten! Wäre da nicht das verpatzte Qualifying gewesen. Startplatz 12 ist eindeutig zu wenig mit einem deutlich verbesserten Ferrari. Aber ein echter Racer lässt nicht locker bei Nackenschlägen! Und das ist der Spanier. Mit einer guten und konstanten Pace hat er zum Schluss Teamkollege Leclerc geknackt, der deutlich weiter vorne gestartet ist. Sainz zeigt Reife, Abgeklärtheit und hat die nötige Ruhe, um auf seine Chancen zu warten. Im Gegensatz zum Team-Kollegen Leclerc, der beim Start mal wieder überzog, sich mit einer unnötigen Berührung mit Pierre Gaslys Alpha Tauri selber den Frontflügel beschädigte und zurückfiel.

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FERNANDO ALONSO – Laut eigener Einschätzung noch nicht bei 100 Prozent, aber stetig auf dem Weg nach vorne. Der zweimalige Weltmeister holt aus seinem Alpine auch am Red Bull Ring das maximal Mögliche raus und stellt erneut seinen jungen Teamkollegen in den Schatten. Ein weiterer Beweis dafür, dass sein Comeback eine richtige Entscheidung ist – sowohl von ihm, als auch vom Team. Was viele vor der Saison angezweifelt hatten.

FLOPS

MERCEDES – Der Zauber der Motorenüberlegenheit ist für jeden sichtbar verflogen. Der Honda-Antriebsstrang scheint momentan mehr Dampf zu haben. Damit ist eine jahrelange Domäne der Sterne erloschen. Wer auf der Geraden über zwei Zehntel Rückstand eingeschenkt bekommt pro Runde, muss Power suchen und finden, wenn er zurückschlagen will. Bei eingefrorenem Reglement, Motorenbeschränkung und Budgetdeckelung ein überaus schweres Unterfangen. Dazu kommt der Zeitdruck, das 2022er Auto nach neuem Reglement entwickeln zu müssen. Wer da jetzt locker lässt, um die aktuelle Performance zu verbessern, verschwendet Ressourcen. Das kann einem in der Folge über mehrere Jahre auf die Füße fallen. Und das riskiert keiner. Auch nicht Mercedes. Zum ersten Mal seit Beginn der Hybrid-Ära 2014 hat das Team von Toto Wolff vier Rennen in Folge nicht gewonnen! Obwohl Dauer-Weltmeister Lewis Hamilton in Bestform fährt und alles rausholt was geht. Eine bittere Pille.

SEBASTIAN VETTEL – Willkommen zurück in der Wirklichkeit. Auf den Stadtkursen von Monaco und Baku hat der Altmeister noch mal sein Feeling für die besonderen Herausforderungen der Nicht-Permanenten-Rennstrecken unter Beweis stellen können. Der raue Alltag auf einer permanenten Rennstrecke wie dem Red Bull Ring hat ihn wieder zurückkatapultiert in Gefilde, die ihn in die Kritik bringen. Wenn der Teamkollege im Qualifying und Rennen in die Top 10 stürmt, darf er als viermaliger Weltmeister nicht außerhalb der Punkteränge stranden. Stroll ist alles andere als ein Überflieger – aber ein konstanter Punktesammler, der Vettel das gesamte Wochenende im Griff hatte!

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DANIEL RICCIARDO – Kurzzeitiger Powerverlust bremst den Australier in der Anfangsphase ein, danach bleibt er im hinteren Mittelfeld stecken. Wie schon im Qualifying springt im Rennen nur Platz 13 heraus. Viel zu wenig für einen, der zuletzt eindeutig auf dem Weg nach vorne war. Teamkollege Lando Norris holt im Qualifying Platz 4, im Rennen Platz 5 heraus – mit identischem Material. Das ist eine klare Klatsche für den Routinier. Der Welpenschutz nach dem Teamwechsel ist aufgebraucht. Der Druck auf den Dauerlächler wird größer. Ich bin gespannt, wie er kommendes Wochenende darauf reagiert.

ESTEBAN OCON – Just nachdem sein Vertrag bis 2024 verlängert wurde, verschwindet der Franzose in der Versenkung. Während Alonso das Maximum mit dem Alpine am Red Bull Ring rausholt, versauert Ocon im Qualifying und im Rennen auf den Hinterbänken. Das Dankeschön ans Team für die Absicherung seiner Zukunft bleibt in der Steiermark komplett aus. Da muss deutlich mehr kommen als so ein leidenschaftsloser Auftritt!

NIKITA MASEPIN – Der Russe schafft einfach nicht den Anschluss an seinen Teamkollegen Mick Schumacher. Über eine Runde im Freien Training oder Qualifying packt er es manchmal. Die Distanz eines Rennens deckt aber nach wie vor seine Defizite gnadenlos auf. Die Frage, warum er und Latiffi Cockpits in der Formel1 besetzen dürfen, wird immer lauter werden. Aber Papas Millionen werden es schon richten. Aufgrund der üppigen Zuwendungen des russischen Oligarchen wird teaminterne Kritik nicht nach außen getragen. Die Auftritte von Nikita sprechen aber für sich. Ich vermisse bei ihm eine konstante Steigerung!

PECHVOGEL des Rennens

GEORGE RUSSELL – Eine brillante Performance des jungen Engländers wird von fehlendem Stickstoff im Pneumatiksystem seines Williams zum Negativerlebnis. Im Qualifying schafft er dank Grid-Strafe für Tsunoda den Sprung in die Top 10, was mit diesem Auto eine echte Sensation ist. Im Rennen ist die Show frühzeitig für ihn vorbei. Ob es für WM-Punkte gereicht hätte, weiß der Geier – ich hätte ihn trotzdem gerne mit Räikkönen, Vettel und Ricciardo im Mittelfeld kämpfen gesehen. Ein Clash der Generationen, der uns vorenthalten wurde. Schade drum.

Hab ich was übersehen oder vergessen? Mit Sicherheit.

Das Rennen war jetzt nicht der große Burner, aber Themen hat es genug aufgeworfen, über die man diskutieren kann. Gerne wieder in einer Woche an selber Stelle.

In diesem Sinne: PEDAL TO THE METAL

Ihr Peter Kohl