Javi Martinez: Das Imperium ist zurück

Javi Martinez: Das Imperium ist zurück

Javi Martinez spielt seine fünfte Saison beim FC Bayern. Trotz seiner aberwitzigen Krankenakte hat er dem Verein schon viel gegeben. Derzeit fühlt er sich fit wie nie zuvor. Es gibt gute Gründe, ihn als absoluten Glücksfall für Carlo Ancelotti zu bezeichnen.

Javi Martinez hätte es wissen müssen. Ein Beinschuss gegen Arturo Vidal kommt Blasphemie gleich und bleibt selten unbestraft. Und so dauerte es auch keine zwei Zeigerumdrehungen, ehe Krieger Arturo den Spanier über die Klinge springen ließ. Kein bösartiges Foul – beide mussten sogar grinsen - aber ein klarer Hinweis, dass man sich im Leben, oder wie in diesem Fall während einer Trainingseinheit des FC Bayern München, zweimal sieht und kleinere Racheakte dann auch dazu gehören.

Dass sich Vidal nicht zweimal bitten lässt, wenn es darum geht, seine Gegenspieler im direkten Duell möglichst lange zu traktieren, hat Carlo Ancelotti schon vor seinem Dienstantritt als Guardiola-Nachfolger gewusst. Für den neuen Bayern-Trainer war das Tete-a-Tete zwischen Martinez und Vidal in einem ganz anderen Gesichtspunkt wichtig. Ancelotti konnte sich davon überzeugen, dass es der körperliche Zustand von Martinez zulässt, wuchtig, spritzig und hartnäckig Zweikämpfe zu führen und sei es nur bei einer internen Übung.

466 Tage abwesend

Seit August 2012 ist Javi Martinez beim FC Bayern unter Vertrag und in diesen vier Jahren hat er insgesamt 466 Tage wegen unterschiedlicher Verletzungen gefehlt. Fast 40 Prozent seiner Bayern-Zeit war Martinez im Krankenstand. Und hat dem Verein trotzdem viel gegeben.

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Er hatte entscheidenden Anteil an zwei eminent wichtigen Siegen. Im Champions-League-Finale 2013 brachte er eine zerstreute Bayern-Mannschaft mit erfolgreichen Tacklings im Mittelfeld auf Kurs und im DFB-Pokal-Finale ein Jahr später, ebenfalls gegen Borussia Dortmund, brillierte er als Chef der Dreierabwehrkette.

Ihm hat es der nach dem Finale dahoam 2012 “scheintote Verein” (Franz Beckenbauer), mitzuverdanken, dass die Marke FC Bayern auch sportlich mit den größten Klubs der Welt auf Dauer mithalten kann.

Ancelotti positiv überrascht

Die Saison 2016/17 ist Martinez’ fünfte in München. Er fühlt sich derzeit körperlich “besser als jemals zuvor”. In den ersten drei Pflichtspielen der Saison, Supercup in Dortmund, Pokal in Jena und Liga gegen Bremen, überzeugte er in der Innenverteidigung und verblüffte seinen Trainer.

“Ehrlich gesagt: Martinez hat mich überrascht. Er war gegen Dortmund der beste Spieler auf dem Feld und hat sein Niveau gehalten”, sagte Ancelotti.

Ein gesunder Martinez hat seinen festen Platz beim FC Bayern, dafür sind seine Fähigkeiten schlicht zu wertvoll. Er erobert Bälle, denen andere erst gar nicht hinterhecheln, er schließt Lücken, die andere nicht erkennen. Er ist ein Antizipationsmonster und beherrscht obendrein das schnelle Umschaltspiel.

200 Video-Sessions mit Guardiola

Bei Guardiola wurde er in seinen wenigen spielfitten Wochen überwiegend in der Innenverteidigung eingesetzt. “Als er zu Bayern kam, hat er mir gesagt, dass er mich eher als zentralen Abwehrspieler sieht. Wir haben zusammen 200 Videos angeschaut, in denen es ums richtige Verteidigen in der letzten Linie ging. Danach haben wir geübt, geübt, geübt”, sagte Martinez der “Daily Mail”.

Guardiola folgte damit seinem Vorbild Marcelo Bielsa, der Martinez bei Athletic Bilbao ebenfalls in der Innenverteidigung einsetzte.

Unter Ancelotti folgt die Fortsetzung. Erstmal gezwungenermaßen, da mit Jerome Boateng und Holger Badstuber zwei etatmäßige Innenverteidiger ausfallen. Martinez hat seinem Trainer gezeigt, dass er als Alternative taugt.

“Ich habe mit Ancelotti über meine möglichen Positionen gesprochen. Er hat mich gefragt, wo ich mich sehe. Ich habe geantwortet, dass ich mich als Abwehrspieler und als defensive Mittelfeldspieler wohl fühle und dort spielen werde, wo er mich hinstellt”, sagte Martinez.

Idealer Spieler für Ancelotti

Für den Pragmatiker Ancelotti, der eisern an der Viererkette festhält und dem das defensive Zentrum davor heilig ist, ist Martinez ein Glücksfall. Er kann zwei Mannschaftsteile, die in den zurückliegenden beiden Jahren überwiegend ohne ihn herausragend funktionierten, noch ein bisschen besser machen.

Seine Gesundheit hat ihn in seiner Karriere schon genug behindert. Es ist an der Zeit, dass Javi Martinez kontinuierlich zeigen kann, was in ihm steckt. Carlo Ancelotti hat nicht lange gebraucht, um zu erkennen, dass das eine Menge ist.