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Warum die DEL2 zum Corona-Schlupfloch wird

Warum die DEL2 zum Corona-Schlupfloch wird

Moritz Müller brauchte gerade einmal acht Minuten, um sich nach fast 20 Jahren Abstinenz wieder bei den Kassel Huskies einzuleben.

Der Nationalspieler traf am Mittwoch gleich im ersten Spiel für seinen Heimatklub, bei dem er sich dank einer Gastspieler-Lizenz in den nächsten Wochen fithalten wird.

"Ich habe in Kassel viele Freunde und Familie, deswegen ist es schön, dass ich hier Eishockey spielen und mich auf die Saison in Köln vorbereiten kann", sagte der Haie-Kapitän Müller.

Den zeitweiligen Abstieg in die DEL2 oder gar die Oberliga nehmen auch andere Profis in Kauf, solange in der Deutschen Eishockey Liga aufgrund von Corona der Puck ruht (ausgewählte Spiele der DEL LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVESTREAM). Die unteren Klassen sind für die Spieler zum Schlupfloch geworden - weil dort die Voraussetzungen anders sind und der Sport früher wieder loslegen kann.

Reimer spielt für Heimatklub Kaufbeuren

Ähnliche Beweggründe wie Müller führte auch DEL-Rekord-Torschütze Patrick Reimer an, der sich aus Verbundenheit und Lust am Wettkampf seinem Stammverein ESV Kaufbeuren anschloss. Sein Nürnberger Teamkollege Marcus Weber ließ sich vorerst zum Oberligisten SC Riessersee ausleihen.

Und mit jeden Tag kommen mehr Spieler auf die DEL-Klubchefs mit dem Wunsch einer Ausleihe zu. Felix Schütz, zuletzt bei den Straubing Tigers, unterschrieb am Donnerstag beim Zweitligisten EV Landshut einen Vertrag bis Saisonende. "Ich möchte jetzt einfach nur Eishockey spielen", sagte Schütz.

München verleiht Talente

Ein zweiter Trend der Abwanderungswelle ist der, dass DEL-Klubs in der spielfreien Zeit ihre Kooperationspartner stärken. Der EHC Bull München verlieh seine Top-Talente John Jason Peterka und Justin Schütz an den Konzernbruder aus Salzburg, die Ice Tigers schickten gleich fünf Spieler zu ihrem Kooperationsklub aus der DEL2, den Bayreuth Tigers.

Sie sollen, genau wie Reimer und Weber, am 30. November nach Nürnberg zurückkehren. Dann beginnt die heiße Vorbereitung auf den für das dritte Dezember-Wochenende anvisierten DEL-Saisonstart. Auch Kölns Geschäftsführer Philipp Walter betonte: "Moritz Müller ist und bleibt ein Hai."

Doch was passiert, wenn die DEL-Saison aufgrund der Corona-Pandemie doch noch komplett abgesagt wird? Wird die DEL2 dann mit Topspielern überschwemmt und zur neuen Eliteliga aufsteigen? Ganz so einfach ist es nicht. Zum einen sind die Kaderplanungen der Klubs weit fortgeschritten oder gar abgeschlossen, zum anderen könnten Probleme beim Arbeitszeitgesetz aufkommen.

Fakt ist: Anders als die DEL hält die DEL2 an ihrem Saisonstart am 6. November fest. Die Klubs sind hier nicht so stark von den wegbrechenden Zuschauereinnahmen abhängig wie die DEL-Vereine. Außerdem haben sie aufgrund ihrer geringeren Etats weniger Probleme, an das Geld aus dem Konjunkturpaket zu kommen.

Haie profitieren von Müller-Leihe

Zurzeit sind die Leihgeschäfte eine Win-win-win-Situation für den Spieler, den abgebenden und den aufnehmenden Verein. Müller zum Beispiel kann sich in heimatlicher Umgebung auf den Deutschland-Cup der Nationalmannschaft (5. bis 8. November) vorbereiten, die Kölner Haie profitieren von einem fitteren Spieler und die Kassel Huskies von der Erfahrung eines Olympia-Silbermedaillengewinners.

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"Mit seinen Qualitäten auf und neben dem Eis hilft Moritz unserer Organisation und vor allem unseren Spielern, sich positiv zu entwickeln", sagte Huskies-Trainer Tim Kehler, "ganz egal, ob er eine Woche oder eine ganze Saison da ist."

Müller (33) ist genau wie Reimer Mitbegründer der Spielervereinigung Eishockey (SVE), die die DEL wegen der erneuten Start-Verschiebung scharf kritisiert hatte. Er habe "nicht das Gefühl, dass wirklich alle Register gezogen" worden seien, hatte Müller kürzlich gesagt und neue Konzepte von den DEL-Bossen gefordert. So lange eine Lösung nicht in Sicht ist, gehen Müller und Co. eben woanders aufs Eis.