Der Zwergenaufstand in der Coachingzone

 

Gleich zwei Bundesligacoaches wurden am vergangenen Wochenende auf die Tribüne geschickt. Sind die Schiris da zu kleinlich?  Und behandeln sie die Trainer etwa auch noch unterschiedlich?

Von Moritz Piehler

Es gab mal ein Kinderlied mit der Zeile: „Hau mich nicht und beiß mich nicht und kratz mich  lieber nicht...“. Das sollte vielleicht demnächst in den Trainerschulungen der Bundesliga vorgespielt werden, denn was sich zum Teil an der Seitenlinie abspielt, sieht eher nach Kindergarten knapp nach erhöhter Zuckerzufuhr aus, als nach dem Gebaren luxuriös entlohnter Herren im besten Alter.

Zwergenaufstand in der Coachingzone

Zuletzt probten Wolfburgs Dieter Hecking und Hoffenheims Markus Gisdol den Zwergenaufstand in der Coachingzone. Hecking musste sich das 0:2 seiner Wölfe gegen Gladbach von oben anschauen (und wurde heftig vom Publikum beschimpft, aber das ist ein anderes Thema). Und beim 1:1 seiner Hoffenheimer gegen Borussia Dortmund (wo man nebenbei bemerkt die Ausraster der eigenen Übungsleiter ja eher goutiert), hielt es Gisdol nicht auf seiner Bank. Er tobte und wütete und fasste den Vierten Offiziellen am Arm - und wurde dafür auf die Tribüne geschickt. In der Pressekonferenz beschwerte sich

 

der Trainer dann über eine Ungleichbehandllung der Schiedsrichter im Umgang mit den Coaches. Möglicherweise war es auch dieser Verbalausrutscher, der dem Sportgericht zu weit ging und Gisdol eine Strafe von 8000 Euro wegen unsportlichen Verhaltens einbrachte.

Dabei hat Gisdol damit womöglich einen wunden Punkt angesprochen, denn man kann durchaus das Gefühl bekommen, dass der Maßstab der Schiris in puncto wütende Trainer nach Tagesform wechselt. Es scheint manchmal so etwas wie einen Starbonus zu geben und ähnlich wie bei der Kartenvergabe eine Vorverurteilung mancher als hart geltender Spieler existiert, wird einigen Trainer offenbar weniger Spielraum gegeben als anderen. Nun sind auch Schiedsrichter bekannterweise nur Menschen und haben mit dem ein oder anderen Trainer vielleicht ein besseres Verhältnis. Trotzdem sollte allein wegen der Strahlkraft solcher Szenen dringend eine Gleichbehandlung stattfinden.

 

Die Profis sind auch Vorbilder

Ein Spieler ist auch im Profibereich dem Adrenalin und der physischen Belastung auf dem Platz unterworfen, so dass ein spontaner Emotionsausbruch durchaus vorkommen kann, auch wenn es sich besser nicht in Spahicsche Sphären ausweiten sollte. Bis zu einem gewissen Limit gehört es ja fast zum Unterhaltungswert einer Partie, dass sich ab und an ein kleines Rudel bildet. Das Auftreten gegenüber den Schiris allerdings darf bei Spielern und insbesondere bei den Trainern bestimmte Grenzen einfach nicht überschreiten. Denn natürlich hat es in einem Bundesligaspiel eine ungeheure Reichweite, wenn drei Spieler auf den Schiedsrichter losstürmen, weil der einen Einwurf vermeintlich falsch herum gegeben hat.

Und noch mehr Aussagekraft hat es, wenn nicht einmal die Trainer ihre Emotionen am Spielfeldrand unter Kontrolle haben. Die Sportschau wird eben auch in der Kreisliga geguckt und es darf einen nicht verwundern, wenn untere Ligen es immer schwerer haben, Schiedsrichternachwuchs zu finden. Deswegen gehen sowohl Feldverweis als auch nachfolgende, zu verschmerzende, Geldstrafe für Gisdol in Ordnung. Aber: Der gleiche Maßstab muss für alle gelten. Ob ein Klopp, ein Guardiola oder ein Gisdol an der Seite wüten, darf in der Beurteilung keine Rolle spielen. Dass es keine Einbahnstraße sein soll, ist selbstverständlich. Und bevor sich die Trainer über Ungerechtigkeiten beschweren, sollten sie lieber ihr eigenes Auftreten hinterfragen. Ansonsten heißt es eben beim nächsten Trainerlehrgang: Kreis bilden und alle mitsingen: „Hau mich nicht und...“