Deutsche Katastrophenwoche: Der Trend ist da

Die deutschen Teams bleiben in Europa erstmals seit 36 Jahren eine Woche lang ohne Punkt. Selbst Branchenprimus FC Bayern München enttäuscht. Die Gründe sind vielschichtig.

Thomas Müller und der FC Bayern München verloren in Paris
Thomas Müller und der FC Bayern München verloren in Paris

Sechs Mannschaften aus Deutschland gingen mit großen Ambitionen in die englische Woche. Der FC Bayern München wollte gegen Paris Saint-Germain ein Zeichen gegen die Krise setzen, Borussia Dortmund gegen Real Madrid seine makellose Heimbilanz ausbauen.

RB Leipzig hoffte gegen Besiktas auf ein weiteres gutes Spiel auf internationalem Parkett. In der Europa League versuchten sich Hertha BSC, TSG 1899 Hoffenheim und der 1. FC Köln gegen auf dem Papier unterlegene Gegner.

Die Bilanz jedoch war verheerend. Sechs Spiele, sechs Versuche, null Punkte. Da auch der sonstige Hoffnungsträger Bayern München keinen Sieg einfuhr, blieb die Bundesliga erstmals seit 36 Jahren international ohne jeden Zähler.

Breites Spektrum an Gründen

Eine desaströse Vorstellung, dessen waren sich alle Beteiligten einig. Die Gründe gingen von Klub zu Klub auseinander. Dortmund lief stoisch ins offene Messer, die Bayern entließen im Nachgang ihren Trainer.

Leipzig ließ sich von der Istanbuler Vodafone Arena überwältigen, Hoffenheim wurde Opfer zweier Distanzschüsse. Köln verpasste es, gute Chancen in Tore umzumünzen, die Hertha zeigte sich besonders in Hälfte zwei auffällig ideenlos.

Ein gemeinsamer Nenner ist schwierig auszumachen. Gerne fluchen die Trainer über die bestehende Dreifach-Belastung oder empören sich über strapaziöse Reisen und nicht zeitgemäße Spielstätten im Ausland.


Bayern oder BVB tragen wenig Schuld

Fakt ist, dass alle sechs Mannschaften verloren haben. Müde sahen die Teams aus, teilweise ideen- und kraftlos. “Ich weiß, dass wir das als Mannschaft deutlich besser können, und das ärgert mich”, stellte Julian Nagelsmann fest.

“Ich empfinde nicht, dass die Liga schwächer geworden ist”, meint dagegen Max Eberl nach den Spielen der Champions League fest. Der Sportdirektor aus Mönchengladbach meinte: “Wir haben gegen PSG und gegen Real verloren. Das sind zwei Mannschaften die außergewöhnliches Potenzial besitzen.”

Somit sind die Fälle Bayern München und Borussia Dortmund krasse Ausnahmen an diesem Spieltag. Was Sorgen bereiten muss, ist aber das Spiel der zweiten deutschen Riege. “Wir haben Niederlagen, wo man sagen muss, da müsste die Bundesliga stärker sein”, so Eberl.

Liga geht vor Europa

Er sprach vor dem Spieltag in der Europa League davon, “keinen Trend erkennen” zu können. Klar ist aber: “Wir hatten in der Europa League die meisten unterschiedlichen Teilnehmer aller großen Ligen. In anderen Ligen ist es so, dass fast immer die gleichen Mannschaften teilnehmen. Die haben mehr Garantie in ihren Ligen.”

Eberl sieht eben doch einen Trend: “In der Bundesliga ist es so, dass man sagt Donnerstag Europapokal, Sonntag Bundesliga – da muss ich eher gucken, dass ich in der Liga Punkte hole.”

Köln oder Hertha haben andere Probleme

Gerade das dürfte in Bezug auf Köln und Hertha der springende Punkt sein. Auf die Berliner wartet am Wochenende der FC Bayern mit neuem Trainer und Wut im Bauch, Köln muss zusehen, dass der Rückstand auf den vorletzten Platz nicht weiter anwächst.

Leipzig erlebte keinen idealen Start in die Saison und absolvierte ein bisher völlig ungewohntes Pensum, Hoffenheim geht derzeit mit einem Rumpfkader von Spiel zu Spiel.

Kosten und Ertrag rechnen sich nicht

Das sind sicherlich Mitgründe für die Schwäche der deutschen Klubs in der Europa League. Ertrag und Kosten stehen in keinem Verhältnis. Ein Sieg in der zweiten Klasse Europas scheint für die Klubs zu hohe Opportunitätskosten darzustellen.

Das stellt letztlich ein großes Problem dar. Der internationale Wettbewerb ist für die deutschen Klubs in der Spitze ihrer Qualität zu bewältigen, nicht aber, wenn die erste Elf nicht zur Verfügung steht. Das ist gefährlich, wie das Beispiel Schalke 04 zeigt.

Die Knappen wollten international mithalten und investierten große Summen, um den Kader in der Breite genauso qualitativ aufzustellen. Das internationale Geschäft wurde trotz Risiko verpasst – nun musste der Kader eklatant verkleinert werden.

Weißrussland vor Deutschland

Wollen die Trainer in der Liga im Rennen bleiben wollen, müssen sie aufgrund der hohen Leistungsdichte der Bundesliga in der Europa League rotieren und damit eine wenig eingespielte Mannschaft auf das Feld schicken.

Oder aber sie nehmen in Kauf, dass die A-Elf am Wochenende nicht die volle Leistung abruft. Und das bedeutet im Normalfall eine Niederlage im deutlich wichtigeren Wettbewerb.

Bundesliga im Teufelskreis

Auf lange Frist ergibt sich somit für die Bundesliga ein echtes Dilemma. Die hohe Leistungsdichte im eigenen Land macht regelmäßige internationale Erfolge schwer.

Das wirkt sich wiederum auf die Fünfjahreswertung aus – dort holte sogar Weißrussland bisher mehr Punkte. Spinnt man dieses Rad weiter, führt es wieder zu einem Qualitätsverlust der deutschen Mannschaften. Ein Teufelskreis, den es zu durchbrechen gilt.