DFB-Affäre: Handeln, nicht weinen!

Wussten Beckenbauer und Niersbach von der Schwarzen Kasse? (Photo by Johannes Simon/Bongarts/Getty Images)
Wussten Beckenbauer und Niersbach von der Schwarzen Kasse? (Photo by Johannes Simon/Bongarts/Getty Images)

Die DFB-Affäre ist auch eine hochemotionale Angelegenheit. Es geht nicht nur um eine vermeintlich gekaufte WM, sondern auch um das Zerbrechen von Freundschaften zwischen Männern, die jahrelang voneinander profitiert haben. Das muss aufhören, findet unser Autor Jens Fischer. Jetzt ist Sachlichkeit gefragt.

Mein Gott, Hilfe, da waren sie wieder, diese verdammten Emotionen. Am Mittwochnachmittag war es soweit: Da besuchte der zurück getretene Ex-DFB-Boss Wolfgang Niersbach noch einmal seine Verbandszentrale. Und zack kam Wehmut auf. „Das war hoch emotional und mit großer Wehmut“, sagte er danach in die Mikrofone, natürlich, den Tränen nahe. Sogar ein wenig Stolz war ihm geblieben nach den persönlichen Tagen des Horrors. Kein Präsidiumsmitglied des DFB hätte ihn zum Rücktritt aufgefordert, dennoch habe er sich ein „Stück weit erleichtert und befreit gefühlt“.

Beckenbauers Schweigen ist das größte Problem

Was mag man davon halten. Klar scheint mittlerweile, dass Niersbach Opfer einer verhängnisvollen Seilschaft wurde. Mit Franz Beckenbauer. Klar scheint auch, dass der Kaiser, die Lichtgestalt, der Erzeuger des Sommermärchens ein ziemliches Problem hat. Sein Image ist im Eimer. Ob er wirklich bestochen hat, oder es veranlasst hat, was auch immer, wird sich zeigen. Noch gilt die Unschuldsvermutung, es gibt halt diese Unterschrift. Viel schlimmer aber wiegt, dass Beckenbauer schweigt. Vielleicht gerade in Kitzbühel sitzt, bei einem guten Roten, und grübelt. Aussagen? In die Öffentlichkeit gehen. Für Fakten sorgen? Beckenbauer schweigt. Und zieht seine Kumpels in den Sumpf.

Beckenbauer und Niersbach. Niersbach und Löw. Löw und Beckenbauer. Früher auch mal Zwanziger, aber nur ganz früher. Freundschaften, Machtbeziehungen, Zweckgemeinschaften. Alles vorbei, alles egal jetzt, der eine schweigt, der andere tritt zurück und der Bundestrainer ist von Nierbachs Schicksal schwer betroffen. Geschockt sogar. Was soll man davon halten. Klar ist doch: Jahrzehntelang haben Beckenbauer und Niersbach voneinander profitiert, beide wurden quasi minütlich mächtiger, vor drei Monaten trauerten sie gemeinsam um Beckenbauers Sohn. Alles vorbei jetzt? Niersbach hat sich als zu leicht erwiesen, Beckenbauers Ego funktioniert offenbar weiter.

Nicht falsch verstehen: Natürlich geht es in dieser unendlich ernüchternden Affäre um Betrug, Bestechung und viel, viel Geld. Aber, und das bleibt haften, es geht leider auch darum, was Freundschaften letztlich wirklich wert sind. In unserem Fall offenbar so gut wie nichts. Gefühle haben in dieser üblen Sache nichts zu suchen. Fakten auf den Tisch, möchte man da nur noch schreien.

Niersbach ist ein Bauernopfer

Niersbach ist ein Bauernopfer. Beckenbauer hat ihn hochgezogen, jetzt aber ist das Seil gekappt. Niersbachs Karriere ist vorüber, verdorrt im Schatten seines Mentors. „Wo viel Gefühl ist, ist auch viel Leid“, wusste schon Leonardo da Vinci. Niersbach weiß nun, was das bedeutet. Beckenbauer dagegen, getreu seines Selbstverständnisses, ist niemandem Rechenschaft schuldig. Juristisch wird er nur sehr schwer belangt werden können, von den steuerrechtlichen Ermittlungen muss er nichts befürchten, er war nicht involviert. Delikte wie Untreue oder Bestechung sind längst verjährt.

Komplett verschont wird der Kaiser wohl (hoffentlich) nicht werden. Von seinen Werbepartnern wird er Druck bekommen, und – ganz ehrlich – viele sind jetzt schon von ihm abgerückt.  Nur seine Bayern, die halten weiter an ihm fest. „Wenn ein Freund in schwierigen Zeiten steht, muss man ihm zur Seite stehen“, meinte  unlängst Karl-Heinz Rummenigge. Man will es kaum noch hören …

Die Hoffnung bleibt nun kleben. An zwei Funktionären, die zumindest nach außen wie Beamte wirken, die Emotionen zumindest mal an zweiter Stelle sehen. Rainer Koch und Reinhard Rauball wollen aufklären. Ein wenig Druck machen sie nun schon auf Beckenbauer, er solle sich „intensiver einbringen“, sagt Koch. Und Rauball spricht bei Beckenbauers vermeintlichem Deal mit dem lebenslang gesperrten Jack Warner sogar von einem möglichen Bestechungsversuch. Das geht konkreter, fühlt man da. Aber zumindest scheinen die Emotionen aus dem Spiel. Immerhin.