DFB-Gegner Schweden: Bollwerk mit Schwächen

Deutschland hat durch Schwedens Sieg gegen Südkorea sein erstes Endspiel bei der WM in Russland früher als gedacht und trifft dort auf eine Mannschaft, die gerade in der Defensive bärenstark ist. Allerdings sind auch die Skandinavier längst nicht so konterstark wie Mexiko und mit ein paar Umstellungen auch zu knacken.

Schweden stand zuletzt 2006 im Achtelfinale einer WM. Damals gab es eine 0:2-Pleite gegen Deutschland
Schweden stand zuletzt 2006 im Achtelfinale einer WM. Damals gab es eine 0:2-Pleite gegen Deutschland

Deutsche Mannschaften haben fast schon traditionell im zweiten Turnier-Spiel Probleme, oft genug gingen diese Spieler in der jüngeren Vergangenheit verloren oder endeten zumindest so, dass es im dritten und letzten Gruppenspiel zu einem echten Finale kam. Nun hat die deutsche Nationalmannschaft ihr Endspiel bereits in der zweiten Partie bei diesem Turnier und der Druck ist groß wie schon lange nicht mehr.

Gegen die Schweden muss ein Sieg her, sonst wird es kaum noch etwas werden mit dem Einzug in die K.o.-Runde. Schon nach der Vorrunde musste Deutschland zuletzt vor 80 Jahren die Segel streichen – ein trotz des blutleeren Auftritts gegen Mexiko immer noch undenkbares Szenario.

Angesichts des kommenden Gegners und dessen Stärken aber gar nicht so unrealistisch. Die Schweden sind eine jener Mannschaften des Turniers, bei denen man genau weiß, was man bekommt – und die doch so ungeheuer unbequem zu bespielen sind.

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Sehr starke Defensive

Die Mannschaft von Janne Andersson spielt ein klassisches 4-4-2 mit zwei eng beieinanderstehenden Viererketten und zwei Pressingspielern davor. Die Grundordnung und mit ihr das Spielsystem sind jahrelang eingeschliffen, die Abläufe gerade in der Defensive greifen hervorragend ineinander. In der Hauptsache konzentriert sich die Mannschaft darauf, das Zentrum zu schließen und das Spiel des Gegners auf die Flügel zu lenken. Da Schweden in der Regel erst etwa ab der Mittellinie attackiert, bleiben die Abstände der Ketten untereinander sehr klein. Da wird es schwer, Räume zu finden oder zu schaffen.

Die sehr robusten Innenverteidiger Pontus Janssen und Andreas Granqvist nehmen in der Luft fast alles weg, Flanken ins Zentrum oder in den Sechzehner dürften ein wenig probates Mittel sein. Die Schweden kassierten in zwölf Qualifikationsspielen inklusive der Playoffs nur neun Gegentore.

Pragmatisch, schnörkellos – berechenbar

In der Offensive konzentriert sich sehr viel auf lange Bälle in die Spitze, die von den Angreifern dann abgelegt werden sollen. Oder auf den einzigen echten Kreativspieler Emil Forsberg. Schweden hat keine herausragende individuelle Klasse im Kader und spielt keinen besonders schönen Fußball, sondern verfolgt einen sehr pragmatischen, schnörkellosen Ansatz. Das ist Stärke und Schwäche zugleich: Zum einen minimiert sich die Zahl der Fehlpässe so, andererseits hat Schweden kaum Überraschungsmomente und auch keinen echten Plan B, zum Beispiel bei einem Rückstand.

Das wiederum könnte zu einem Vorteil für Deutschland werden. Schweden spielt recht starr in seinem gelernten System, mit einer kleinen Umstellung in der Grundordnung könnte Deutschland ein paar Fliegen mit einer Klappe schlagen: In einem 4-1-4-1 wäre die Breite durch zwei klare Flügelspieler im Mittelfeld gut gegeben, die Außenverteidiger müssten nicht ganz so hoch und risikoreich nach vorne schieben. Dazu ist der Raum neben den schwedischen Sechsern so gut anzulaufen und jene Tiefe zu finden, die es gegen Mexiko fast gar nicht gab.

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Überdies könnten die tieferstehenden Außenverteidiger plus der absichernde Sechser die ohnehin nicht besonders zügig vorgetragenen Konterattacken der Schweden deutlich besser unterbinden als das gegen die pfeilschnellen Mexikaner der Fall war.

Das tiefere Pressing der Schweden dürfte Deutschland ganz gut liegen, um schneller ins Ballbesitz- und Positionsspiel zu kommen und jene Spielkontrolle zu erlangen, die gegen Mexiko so schmerzlich vermisst wurde. Ilkay Gündogan und Toni Kroos auf den Halbpositionen im Mittelfeld und ein Abräumer wie Sami Khedira dahinter wären eine Option, mit Jonas Hector kommt dann auch ein deutlich spielstärkerer Außenverteidiger zurück, der die linke Angriffsseite beleben dürfte und die Mannschaft schwerer ausrechenbar macht.

Aber: Das alles ist Theorie, wenn die innerbetrieblichen Störungen nicht ausgeräumt sind und die Mannschaft endlich als Einheit aufläuft. Dann werden die Schweden leichtes Spiel haben. Die Niederländer und Italien haben sie auf ihrem Weg nach Russland schon aus dem Weg geräumt. Der amtierende Weltmeister wäre die Krönung für die Trekronor.