DFB-Skandal und Medien: Die Sommermärchenzerstörer

Von Moritz Piehler

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Foto: Hendrik Schmidt

Bisher herrschte beim Thema Sommermärchen eitel Sonnenschein im deutschen Blätterwald. Doch nun will der SPIEGEL mit den Enthüllungen zum DFB-Skandal zu seinen Wurzeln als Investigativmagazin zurück und die ganze Medienlandschaft folgt der Speerspitze des Journalismus vorsichtig nach. Die ganze Medienlandschaft? Nein, noch gibt es kleine Horte des Widerstands, die das Image des sauberen Verbandes nicht ganz loslassen wollen. Noch.

Während der DFB erstmal standesgemäß mauert, nach dem Motto „es ist noch immer gut gegangen“ und Niersbach vorsichtshalber nur mit der eigenen Website redet, wird die Luft auch bei einstigen treuen Medienbegleitern immer dünner. Zunächst wetterte Sport-Bild Chef Alfred Draxler noch beim "Doppelpass" gegen den SPIEGEL-Bericht als „unsachlich“ und „unprofessionell“. Doch jetzt darf sich selbst Lichtgestalt Franz Beckenbauer, vor kurzem noch nahezu kritiklos in der ARD oder bei "11Freunde" zum 70. Geburtstag abgefeiert, nicht mehr sicher fühlen. Der Kaiser auf der Flucht vor aufdringlichen SPIEGEL TV-Teams, der Kaiser auf der Titelseite der BILD, wegen seiner Rolle bei der Vergabe der beiden kommenden Weltmeisterschaften.

Dabei ist das dort sonst eher das Wohlfühlbad von Deutschlands Fußballautoritäten. Selbst Sportjournalismus-Schlachtross Waldemar Hartmann, bierseliger Freund der Großen und Mächtigen, wirft den Menschen Naivität vor, die an einen sauberes Bewerbungsverfahren geglaubt haben.

Immer mehr Sommermärchenzerstörer
Dabei passiert so viel auf einmal, dass den Journalisten so manches durch die Lappen geht. Im Aktuellen Sportstudio darf Ex-Fifa Mediendirektor Guido Tognoni Theo Zwanziger mehr oder weniger unverblümt als Nestbeschmutzer darstellen und Katrin Müller-Hohenstein spaziert einfach darüber hinweg. Allein daran hätte man die Corps-Mentalität erkennen können, die Fußballverbände im Umgang mit den Medien einfordern. Denn langsam formiert sich so etwas wie eine Gegenbewegung, die eine Schmutzkampagne gegen Wolfgang Niersbach wittert. Focus-Chef Helmut Markwort sieht den SPIEGEL als Sommermärchenzerstörer. Von "Gerüchte-Produktion" wird in der Politik gesprochen, gleich das ganze schöne neue Image des Landes in Gefahr gesehen.

Da war es nicht gerade hilfreich, dass SPIEGEL-Autor Jens Weinreich sich im Sky-Interview als passiv-aggressiver Interviewgast präsentierte und seinen ohnehin schon in harscher Tonalität verfassten Enthüllungsartikel damit diskreditierte. Es wäre sehr schade, wenn die Diskussion, die ja im Sommermärchen-umwehten Land erst im Fahrtwind des FIFA Skandals aufkommen konnte, direkt in eine mediale Schlammschlacht ausartet. Das dient allerhöchstens dem Interesse derer, die das Geschehene lieber im Trüben versinken sehen würden. Lange haben sich die deutschen Medien ja selbst in den Taumel vom Sommermärchen geschrieben. Jetzt ist wichtig, dass sie sich hineinknien in das bislang undurchschaubare Gestrüpp aus Wirtschaft, Sportverbänden und Politik. Wenn endlich ein klares Bild dieser Verstrickungen gezeichnet würde, müsste sich auch kein Journalist mehr vorwerfen lassen, willfähriges Helferlein zu sein. Das wäre dann ein wirklich mal ein mediales Herbstmärchen.