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Die Causa Kovac: Unwürdiger Komödienstadl

Erst folgen Giftpfeile aus Frankfurt, dann aus München. Der Fall Niko Kovac hat beim FC Bayern derart für Entrüstung gesorgt, dass die schwersten Geschütze aus der Abteilung Attacke aufgefahren wurden. Ein bizarres Theaterstück.

Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge schossen Giftpfeile nach Frankfurt zurück
Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge schossen Giftpfeile nach Frankfurt zurück

Vor seiner Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung genoss Uli Hoeneß nach Heimspielen des FC Bayern das Rampenlicht auf dem Weg durch die Mixed Zone; dort, wo Journalisten auf die besten Statements der Protagonisten lauern. Und nicht selten erschien er mit hochrotem Kopf und einer Menge Wut im Gepäck. Abteilung Attacke eben. Mal wurde ein Journalist wegen eines in Hoeneß’ Augen schlechten Artikels vom Boss glattgebügelt, mal griff Hoeneß gegnerische Spieler (“Der Otto Addo gehört in einen Zirkus und nicht auf den Fußballplatz”) oder Klubfunktionäre an.

Seit seiner Rückkehr als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern hat sich Hoeneß diesbezüglich stark zurückgehalten. Kameras und Mikrofonen ging er aus dem Weg, meist gab es lediglich ein freundliches “Schönen Sonntag, meine Herren” oder wahlweise “Frohe Ostern zusammen” zu hören.

Bayern-Boss im Rechtfertigungs-Modus

Am Samstagabend nach dem 5:1-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach kehrte die Abteilung Attacke zurück. Und Hoeneß brachte gleich noch Verstärkung mit. Karl-Heinz Rummenigge erschien mit Einstecktuch, Hoeneß mit Fanschal und Unterlagen unter dem Arm. Es galt, die Dinge um die Verpflichtung von Niko Kovac als Heynckes-Nachfolger, die Sicht der Münchner darzulegen. Und das macht man am besten im Doppelpack. Hoeneß und Rummenigge im Rechtfertigungs-Modus.

Es ging um folgende Fragen: Wann wurde Kovac von den Bayern das erste Mal kontaktiert? Wann einigte man sich mit dem neuen Coach? Wer gab die Info am Donnerstag an die Presse weiter?

Frankfurts Sportdirektor Fredi Bobic hatte den Bayern Respektlosigkeit und unprofessionelles Verhalten vorgeworfen. Das konnten Hoeneß und Rummenigge natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Hoeneß konterte die Bobic-Attacke als “ziemlich unverschämt und anständig”, da Bobic die Sachlage nicht gekannt habe.

“Wir haben uns sehr professionell verhalten. Wir haben eine Lücke im Vertrag von Niko Kovac genutzt, den doch nicht wir gemacht haben”, sagte Hoeneß. Kovac ließ sich 2016 eine Klausel einbauen, wonach er Frankfurt beim Angebot eines Topklubs für 2,2 Millionen Euro Ablöse vorzeitig verlassen kann. Was Hoeneß nicht sagte, aber die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte: Die Bayern hatten Kovac vor einem Jahr erst zu diesem Hintertürchen geraten.

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Info an die Presse? Doch nicht von den Bayern

“Wir waren fair, seriös und in der ganzen Geschichte sauber. Wir haben keinen respektlosen Auftritt gehabt”, verteidigte auch Rummenigge die Vorgehensweise des FC Bayern. Und außerdem sei aus München nichts “hintenrum” an die Öffentlichkeit lanciert worden. Genau das hatte Bobic den Münchnern unterstellt.

Wer hat hier also den schwarzen Peter? Wie drang die Info nach draußen? “Wir haben nichts dazu beigetragen”, behauptet Hoeneß. Man habe “lange” überlegt, “wie man die Frankfurter am besten informiert: Jetzt gleich oder am Ende der Saison, was auch möglich gewesen wäre. Wir haben uns dann dafür entschieden, dass so schnell wie möglich zu tun, damit die Frankfurter genügend Zeit haben, nach einer Alternative für Niko zu suchen. Dass aus dieser eigentlich großzügigen Geste uns ein Bumerang gemacht wird, verstehen wir überhaupt nicht.”

Statt Kritik zu ernten will Hoeneß lieber einen Orden verliehen bekommen für seine ach so geschmeidige Vorgehensweise. Obendrein kamen Hoeneß und Runmenigge bei der Frage nach der ersten Kontaktaufnahme Richtung Kovac ins Schlingern. Während Rummenigge im ZDF ein früheres Treffen verneinte, gab Hoeneß zu, Niko Kovac und dessen Bruder und Co-Trainer Robert Mitte März auf der Geburtsfeier seines kroatischen Fahrers in einem Restaurant in einem Münchner Vorort getroffen zu haben. Doch Hoeneß schränkte gleich ein: “Da waren 60 Leute. Das ist ja wohl kein Rahmen für Vertragsgespräche.”

Das vielleicht nicht, aber die Version der Bayern und auch der von Kovac, man habe tatsächlich erst letzten Donnerstag zum ersten Mal gesprochen und praktisch Minuten später Einigkeit über einen Dreijahresvertrag erzielt, klingt schon sehr unglaubwürdig. Auch Christoph Metzelder zweifelt daran. “Ich kann das nicht glauben. Selbst in der Kreisliga lotet man so etwas aus”, sagte der Sky-Experte.

“Das geht Sie einen ziemlichen Mist an”

Auf die Nachfrage eines Journalisten, wann genau der erste Kontakt zu Kovac stattfand, wich Hoeneß unwirsch aus: “Wir sind hier nicht bei der Staatsanwaltschaft und das geht Sie einen ziemlichen Mist an.” Auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der den Deal aus Münchner Sicht letztlich vergangenen Donnerstag eingefädelt hat, hüllte sich bei dieser Frage weitgehend in Schweigen.

Die Bayern haben also aus ihrer Sicht wieder alles richtig gemacht uns sahen sich gezwungen, ihre Hände in der breiten Öffentlichkeit in Unschuld zu waschen und die Samariter zu spielen. Es war ein bizarres Theaterstück, dass Hoeneß und Rummenigge am Samstag aufführten. Und viele Fragen sind immer noch nicht abschließend geklärt.

Am Dienstag muss der FC Bayern in Leverkusen zum DFB-Pokal-Halbfinale antreten. Immerhin ist rechtzeitig zum Start der heißen Phase der Saison die Trainer-Kuh vom Eis. Die Art und Weise, wie das vonstatten ging, war aber recht fragwürdig.