Die neue Geilheit des FC Bayern München

Mit dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beginnt für den FC Bayern die heiße Phase der Saison. Jupp Heynckes warnt vor Gegner Besiktas, doch die Saison der Münchner weist erstaunliche Parallelen zur Triple-Saison 2013 auf.

Auf dem Weg zum zweiten Triple? Die Bayern-Stars Robert Lewandowski und David Alaba
Auf dem Weg zum zweiten Triple? Die Bayern-Stars Robert Lewandowski und David Alaba

Jupp Heynckes musste lachen. Darf ich das Wort jetzt sagen, oder nicht? Dieses komische Wort aus der Jugendsprache. Geil. Heynckes rang sich durch. “Wir sind einfach eine geile Mannschaft”, sagte der Trainer des FC Bayern München vor dem ersten Duell in der Königsklasse gegen Besiktas Istanbul.

Heynckes wiederholte die Aussage von Thomas Müller nach dem Last-Minute-Sieg in Wolfsburg. Der hatte den momentanen Run der Münchner damit begründet, dass die Mannschaft enormen Wille und Gier habe.

“Ich hatte ein gutes Gefühl, dass wir das Spiel noch drehen können. Es macht uns viel zu viel Spaß zu gewinnen, anstatt dass man sagt: ‘Ja, wir haben am Dienstag gegen Besiktas ein wichtiges Spiel, jetzt schenken wir hier ab. Die Jungs wollen immer gewinnen. Diese Mannschaft ist einfach geil”, sagte Müller.

Arjen Robben pflichtete ihm bei: “Es zeigt die Qualität der Mannschaft, dass sie trotz des großen Vorsprungs in der Bundesliga jedes Spiel gewinnen will.”

Die laufende Saison weist Parallelen zur Triple-Saison 2013 auf. Auch damals hatten die Bayern einen großen Vorsprung in der Liga und zogen trotzdem in jedem Spiel bis zum Ende durch. “Wir haben damals in Hannover gespielt und 4:0 geführt”, erinnert sich Robben. “Trotzdem sind wir vorne weiter auf jeden Ball draufgegangen, um noch mehr Tore zu schießen.”

Statt in der Liga Kräfte zu sparen, um in der Champions League voll da zu sein, gingen die Münchner seinerzeit in jedem Spiel ans Limit. Das Gleiche gilt für diese Saison.

Lewandowski: Können jetzt unsere beste Leistung abrufen

Die wiedergewonnene, neue Geilheit kommt gerade rechtzeitig, denn die Saison beginnt eigentlich erst jetzt für die Münchner. National spielen die Bayern in einer eigenen Welt; die März-Meisterschaft rückt immer näher. International muss die Heynckes-Elf erst noch den Beweis antreten, dass sie mit Real Madrid, Manchester City und dem FC Barcelona mithalten kann. Dass sie nach 2013 wieder bereit ist, den größten Titel im Vereinsfußball zu gewinnen.

Für Robert Lewandowski spricht neben der Gier nach Erfolg das Alter eine entscheidende Rolle. “Im Fußball ist das Alter zwischen 29 und 33 die perfekte Zeit für einen Spieler. Wir haben viele in diesem Alter und können jetzt unsere beste Leistung abrufen“, sagte der Pole dem “kicker”.

Heynckes von Besiktas beeindruckt

20 von 21 Spielen hat der FC Bayern unter Jupp Heynckes gewonnen; zuletzt verloren die Münchner im November 2017 in Mönchengladbach. Mit Besiktas haben sie einen vermeintlich einfachen Gegner im Achtelfinale zugelost bekommen. Das sieht Heynckes anders.

“Ich habe Besiktas eingehend studiert. Sie sind mit international erfahrenen Top-Spielern gespickt. Sie haben auch einen Top-Trainer, der einen wirklich guten Fußball spielen lässt. Die Mannschaft ist zudem defensiv gut strukturiert und kontert gut. Es ist keine Überraschung, dass sie alle drei Auswärtsspiele in ihrer Gruppenphase gewonnen haben. All das habe ich meinen Spielern gesagt. Wir brauchen in beiden Spielen eine Top-Leistung, um weiterzukommen”, sagte der Coach.

Hummels spricht von harten Zeiten

Heynckes’ größtes “Problem” vor dem Hinspiel ist aber hausgemacht. Nach Thiago hat sich auch Kingsley Coman für das Spiel fit gemeldet. Außer Manuel Neuer stehen Heynckes damit alle Stars zur Verfügung. Drei Feldspieler muss er auf die Tribüne setzen. “Es ist nicht einfach, hochkarätigen Spieler sagen zu müssen, dass sie nicht dabei sind”, so Heynckes.

Selbst Mats Hummels spürt den Konkurrenzdruck: “Es wird in der Mannschaftsaufstellung mindestens einen Härtefall geben. Es ist unsere Aufgabe, damit vernünftig umzugehen. Diese harten Zeiten gehören dazu.”

Harte Zeiten, wenn man alles gewinnt. Das klingt paradox. Das interne Hauen und Stechen um die Stammplätze ist für die Bayern derzeit aber deutlich unangenehmer als das der Gegner.