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Die Rote Gefahr: Chinesische Fußballtransfers

Von Moritz Piehler

Die Rote Gefahr: Chinesische Fußballtransfers

Neuerdings werden nicht nur aus England oder Spanien sondern auch aus China irre Transfersummen gezahlt. Muss sich die Bundesliga jetzt auf einen Ausverkauf einstellen?

Die Bundesliga generiert sich gerne als Hort der Vernünftigen, solides Wirtschaften, Vermeidung von Großinvestoren und Geldscheichs stehen bei den Deutschen Profivereinen ganz oben auf der Liste. Gut, ein bisschen Streit um die 50+1 Regelung gibt es ab und zu aber sonst ist man sich hierzulande doch recht einig darüber, eine letzte stabile Bastion gegen den schnelllebigen Transferwahnsinn im Fußballgeschäft zu sein. Gerade erst ist der letzte Schock verwunden über die horrenden Gehälter und Ablösen die in der Premier League gezahlt werden, da taucht am Horizont auch schon die nächste Bedrohung auf. Ausgerechnet die Chinesen, die schon ganze Werke in Deutschland abtragen lassen und ohnehin als diffuse Bedrohung des Mittelstands wahrgenommen werden, mischen sich jetzt auch noch ins deutsche Kerngeschäft, den Fußball ein.

Zunächst brachte der fußballbegeisterte Präsident Xi Jiping einen 50 Punkte Plan in Stellung, mit dem er für den Aufstieg Chinas zur fußballerischen Weltmacht sorgen will: Fußball im Schulunterricht, 20,000 neue Sportschulen und Stärkung der Nationalmannschaft. Vor allem soll aber auch die heimische Liga attraktiver gemacht werden. Und das mit unglaublichen Fantasiepreisen für ausländische Stars, möglich gemacht durch die Großunternehmen, denen die chinesischen Vereine gehören. In den europäischen Ligen klingen angesichts der unproportionalen Yuan-Schwemme nach diesem Winter die Alarmglocken.

42 Millionen für Jackson Martinez
Für Atletico Madrids Jackson Martinez zahlte Guangzhou Evergrande satte 42 Millionen Euro. Damit lag die Ablöse für den Kolumbianer gut zwölf Millionen über seinem Marktwert. Dazu war die Summe ein neuer Rekord für China, allerdings nur von kurzer Dauer, denn der brasilianische Stürmer Alex Teixeira wechselt kurz darauf für 50 Millionen von Schachtor Donezk zum Chinesischen Erstligisten JS Suning. Vor allem Brasilianer scheinen es den Chinesen angetan zu haben, die Liste der südamerikanischen Stars, die aus den europäischen Ligen in die Volksrepublik wechseln, ist lang. Das klingt ein bisschen nach Neunziger Jahren, als sich hier jeder Oberligist mit einem „Sambafußballer“ schmücken wollte. Grund zur Panik sollte die aktuelle Entwicklung jedoch für die Bundesliga nicht sein. Dass die deutschen Profivereine im großen und ganzen so solide dastehen und die Liga Jahr um Jahr höhere Gewinne zu verzeichnen hat, liegt ja auch gerade daran, dass sich die Bundesliga bisher nicht auf das irre Wettbieten der Konkurrenz eingelassen hat.

Angesichts der bisherigen Qualität des chinesischen Fußballs dürfte zudem der Anreiz für ambitionierte Profis gering sein, sich in Asien abseits der Öffentlichkeit zu präsentieren. Bislang gilt China ähnlich wie die Arabischen Ölligen eher als letzte Cash-Station fürs Karriereende. Eine Massenabwanderung im Sommer, wie von Augsburgs Präsident Klaus Hofmann befürchtet, ist doch eher unwahrscheinlich, auch wenn mit Werder Bremen bereits ein Bundesligist einen Spieler in Richtung Fernost ziehen lassen mussten. Verteidiger Assani Lukimya wechselte für relativ marktwertgerechte zwei Millionen zu Lianoning FC. Bis sich echte Stars auf dem Zenit ihrer Karriere gegen die europäischen Ligen und für ein Profidasein jenseits der Großen Mauer entscheiden, dürfte noch einige Zeit vergehen, egal mit wie viel Geld dort gerade um sich geworfen wird. Übersprungshandlungen, wie die Ausweitung eines Ligapokals (von Klaus Allofs gefordert), um mehr Geld zu generieren, sind dagegen wenig hilfreich. Die deutschen Vereine täten gut daran, sich von der neuen Chinawelle nicht kirre machen zu lassen und in Ruhe solide weiterzuarbeiten, durchaus mit dem Fokus auf die eigene starke Nachwuchsarbeit.