Die schlechteste EM aller Zeiten

Die schlechteste EM aller Zeiten

Eine Vorrunde mit ganz viel schlechtem Fußball neigt sich dem Ende zu. Nie gab es so viele schwache und langweilige Spiele bei einem Turnier. Ein Kommentar von Nico Stankewitz.

Es war ein von Anfang an umstrittenes Projekt, gleich 24 der insgesamt 54 Mitgliedsverbände der UEFA an einer Endrunde teilnehmen zu lassen. Der Wunsch nach Stimmen für Michel Platini von den kleinen Mitgliedsverbänden und die Gier nach höheren Fernseheinnahmen führte zur der Aufblähung des zuvor ziemlich intensiven Turniers. Dazu wählte die UEFA einen äußerst langweiligen Modus, der es schon ziemlich schwierig macht, hier in der Vorrunde auszuscheiden.

Kampf der „Underdogs“

Um das Teilnehmerfeld aufzufüllen, musste also zwangsläufig eine ganze Reihe von höchst mittelmäßigen Mannschaften ,die vielleicht deutsches Zweitliganiveau verkörpern, bei der EM dabei sein. Insbesondere ARD und ZDF – in dem verständlichen Wunsch, ihr teuer erworbenes Produkt möglichst anzupreisen – betont seitdem in jeder Übertragung der betreffenden Mannschaften, was für ein großer Erfolg die „erstmalige Qualifikation“, „das erste Tor“, „der erste Punkt seit 19..“ usw wären - gleichsam gebetsmühlenhaft wird wiederholt „es gibt keine Kleinen mehr“.

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Was auf dem Platz passiert, ist ein Reflex, den wir auch in der Bundesliga regelmäßig beobachten können, insbesondere in Spielen gegen den FC Bayern. Die „sympathischen Underdogs“ stellen sich mit 8-11 Mann am eigenen Strafraum auf und beschränken sich in weiten Teilen darauf, das Spiel des Gegners zu zerstören, selber haben sie selten spielerische Ambitionen. Das ist natürlich alles legitim – ebenso wie es legitim ist, wenn das etwa Eintracht Frankfurt gegen Bayern München macht – aber es hat nichts mit einer Endrunde zu tun, sondern bisher sollte diese Endrunde keine Messe der Durchschnittskicker, sondern ein Premium-Produkt sein – leider vorbei.

Versagende Stars

Praktisch alle Topstars dieses Turniers haben mit argen Problemen zu kämpfen: Cristiano Ronaldo mühte sich mit massenhaft Torschüssen glücklos ab und lieferte mit dem verschossenen Elfmeter gegen Österreich sogar noch das negative Highlight aus portugiesischer Sicht. Bei Deutschland wirkt Thomas Müller verkrampft und überspielt, Polens Robert Lewandowski hat wie Schwedens Zlatan Ibrahimovic in zwei Spielen noch gar nicht aufs Tor geschossen. Bei Frankreich finden Antoine Griezman und Paul Pogba mühsam ins Turnier, nachdem sie beim zweiten Gruppenspiel sogar auf der Bank Platz nehmen mussten.

Noch nicht richtig im Turnier: Kevin de Bruyne
Noch nicht richtig im Turnier: Kevin de Bruyne

Und Geheimfavorit Belgiens Schlüsselspieler Eden Hazard und Kevin de Bruyne müssen auch erheblich mehr zeigen, wenn sie noch lange in Frankreich bleiben wollen. Viele Spitzenspieler wirken nach der langen Saison müde, auch nicht gerade ein Argument für ein verlängertes Turnier. Folge: Es gibt wenige spektakuläre Aktionen, wenn überhaupt Tore fallen, sind es oft Flanken und Kopfbälle.

Am Ende werden sich die guten Mannschaften trotz des ganzen Gewürges durchsetzen und dann kann man so ab dem Viertelfinale auf eine richtige Europameisterschaft hoffen, mit Mannschaften die gewinnen wollen und auch die Mittel dazu haben. Aber der Weg dahin ist mit unnötigen Hindernissen gepflastert – und die sollte man in einer Qualifikation aus dem Weg räumen und nicht in einer Endrunde.