Die vier großen Baustellen der Bayern

Von Jens Fischer

Die vier großen Baustellen der Bayern

„Wir sind noch bereit, die Champions League zu gewinnen“. Klare Worte von Bayern-Coach Guardiola. Ein Blick auf die Lage an der Isar bestätigt den Spanier. Eine Analyse von Jens Fischer.

Kennen Sie Boubacar Barry? Oder Dimitris Diamantakos? Nein? Macht gar nichts! Beides sind Offensivkräfte des Zweitligisten Karlsruher SC und beide haben das Starensemble des großen FC Bayern München in deren einzigem Testspiel der Winterpause mächtig durcheinandergewirbelt. 2:1 gewann der KSC, Jerome Boateng flog vom Platz und die Bayern zeigten eine konfuse Vorstellung, die jede Menge Fragen aufwirft.

Sind die Bayern in diesem Jahr wirklich reif für den großen Coup, für das ersehnte Triple. Ein Blick auf die vier Baustellen der Münchner lässt da gehörig zweifeln.

1.)   Trainer Pep Guradiola

Es bringt nichts, darüber zu philosophieren, ob der Zeitpunkt von Guardiolas Abschiedsankündigung wirklich sinnvoll war. Gedanken aber werden sich seine Stars schon machen. Der Begriff der „lame duck“ macht die Runde, und der Spanier hat die Skepsis an seiner Person in den letzten Wochen noch genährt. „Fußball ist Emotion, Titel sind Ziffern. Und Ziffern sind langweilig“, sagte er zuletzt. Jeder weiß: Das sehen wohl alle Verantwortlichen in München anders. Dort zählen Titel, Erfolge, Punkte – und das alles schwarz auf weiß. Nicht nur Sammer oder Rummenigge werden da an Guardiola gezweifelt haben, sondern – und das wiegt deutlich schwerer – auch die Spieler. Denn die wollen 2016 die Champions League gewinnen, und nicht den Oscar für die schönsten Spielzüge.

Fazit: Es ist ein verdammt schwerer Spagat, denn Trainer und Mannschaft in den kommenden Monaten zu bewältigen haben. Das Vertrauen in Guardiola wurde zuletzt sicher nicht gestärkt, und auch er weiß ganz genau: Er muss die Champions League gewinnen. Ansonsten ist seine Mission in München knallhart gescheitert.

2.)   Die Vorbereitung

Sicher lässt sich darüber diskutieren, ob es wirklich richtig war, die Vorbereitung in einem politisch unkorrekten Staat wie Katar zu absolvieren. So gab es für die Bayern im Wüstenstaat auch jede Menge mediale Störfeuer, die der sportlichen Vorbereitung auf die Rückrunde sicher nicht unbedingt förderlich waren. Überhaupt wirkte das Trainingslager doch zuweilen vielmehr wie eine Art „Promotion-Tour“ als knallhartes Übungsprogramm. Dazu kommt, dass die Bayern mit der Partie in Karlsruhe gerade einmal ein einziges Testspiel absolviert haben, viel zu wenig, um Mechanismen aufzubauen. Eingespielt kann die Mannschaft vor dem Auftakt beim HSV nicht sein.

Fazit: Während andere Teams zahlreiche Testtermine hatten, haben die Bayern intern an ihrer Abstimmung gefeilt. Beim KSC-Spiel herrschte Chaos auf dem Platz, gegen den HSV wird eine gewaltige Steigerung nötig sein.

3.)   Die fehlende Zeit

Die Bayern haben alles: die besten Spieler, super Trainer, tolles Stadion und so weiter. Nur eines fehlt: Zeit. Das betonte auch Guardiola in Katar zuletzt. Permanente Spiele erfordern Ruhephasen für die Stars, Arbeit an der Abstimmung ist kaum möglich. Da wunderte es nicht, dass Neuer und Boateng nach der KSC-Pleite die Alarmknöpfe drückten. „Wir sind jetzt hoffentlich wach“, so Neuer. „Wir sind noch nicht bereit“, machte sich Boateng Sorgen.

Fazit: Es ist fast davon auszugehen, dass der Bayern-Start in die Rückrunde holprig verläuft. Automatismen sind nicht garantiert, die Bayern gleichen derzeit einer Wundertüte.

4.)   Angeschlagene Führungsspieler

Natürlich haben die Bayern einen qualitativ hochwertigen Kader. Dennoch hat sich in der Vorrunde gezeigt, dass sie auf einzelne Stars angewiesen sind, auf die „Unterschied-Spieler“. Da sind Costa, Robben oder Ribéry zu nennen – und alle drei waren sie zuletzt verletzt. Dazu kommen mit Götze, Alaba, Benatia oder Badstuber weitere angeschlagene Spieler, denen Wettkampfhärte fehlt. Viele Personalprobleme also, die gegen den HSV zu kompensieren sind, aber schon im anstehenden CL-Duell gegen Juventus Turin dramatisch enden könnten. Schon die letzte Saison hat gezeigt: Ohne die Einzelkönner ist der große internationale Traum nicht zu erfüllen. Das weiß auch Guardiola.