Werbung

Die Wahrheit hinter der Fan-Inszenierung des DFB

Die gute Stimmung in Stuttgart beim WM-Quali-Spiel gegen Norwegen wurde von der deutschen Nationalmannschaft zurecht gelobt. Doch die Fan-Problematik liegt wie ein Schatten über dem DFB. Nicht erst seit der Schande von Prag.

Der Fanclub Nationalmannschaft richtet ein Zeichen gegen Rechts
Der Fanclub Nationalmannschaft richtet ein Zeichen gegen Rechts

Das Stuttgarter Publikum hatte verstanden. Partypeople statt brauner Mob, “Timo Werner”-Sprechchöre statt Nazi-Parolen. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wurde gefeiert und nicht von ein paar unverbesserlichen Kleinhirnen verunglimpft. Nur drei Tage nach der Schande von Prag wurde das deutsche Fan-Bild würdevoll korrigiert. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Der jämmerliche Auftritt von knapp 200 rechtsradikalen, teilweise polizeibekannten Hooligans in Prag wirkt nach. Der Weltverband Fifa hat angekündigt, den Vorfall intensiv zu prüfen. Dem DFB drohen Konsequenzen, von einem Geisterspiel bis hin zu Punktabzug. Beides könnte man verkraften, der Imageschaden wäre jedoch immens.

Lesen Sie auch: Das hat Timo Werner lange nicht mehr erlebt

Probleme existieren seit Jahrzehnten

Die Reaktion des DFB auf die Vorkommnisse in Prag kam prompt und war in ihrer Deutlichkeit bemerkenswert. Doch mit der Aussage “Das sind nicht unsere Fans” ist es bei weitem nicht getan. Der DFB hat seit Jahrzehnten (!) ein Problem mit pöbelnden deutschen Fans, insbesondere bei Auswärtsspielen. Während der WM 1990 zogen deutsche Hooligans durch Mailand und richteten schwere Verwüstungen an. Bei der WM 1998 wurde der französische Polizist David Nivel bei Krawallen deutscher Hooligans in Lens halbtot geprügelt.

Gerade rechtsradikale Fans nutzen auch die kleine Bühne eines EM- oder WM-Quali-Spiels, bevorzugt im osteuropäischen Raum, für die Verbreitung ihres kruden Gedankenguts. Dieses Problem hat der DFB nie in den Griff bekommen, schlimmer noch: er ist es nie richtig angegangen, wie die Vorfälle in Prag zeigen. Wie sonst hätten polizeibekannte Hooligans aus dem Raum Dresden auf einfachstem Weg Karten für das Spiel in Tschechien ergattern können, auch wenn sich ein Teil der Fans laut DFB-Boss Grindel illegal Zutritt zum Stadion verschafft hat?

Der DFB verbreitet lieber das Bild vom fahnenschwenkenden Fan, der sich schwarz-rot-goldene Streifen auf die Wangen malt und die Irokesenschnitt-Perücke in den Landesfarben aufzieht. Kommt ja auch besser an.

Fanclub Nationalmannschaft wird “benutzt”

Am Montagabend hing ein 70 Meter breites Banner hoch oben in der Stuttgarter Arena mit der Aufschrift: “Gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung – der Fanclub ist bunt und steht hinter der Mannschaft.” Eine richtige und wichtige Botschaft. Doch dieser “Fanclub” wird vom DFB gesteuert und instrumentalisiert.

Es handelt sich beim Fanclub Nationalmannschaft nicht um einen organisch gewachsenen Fanclub, sondern um ein Marketing-Produkt des DFB. Der Zusatz “powered by Coca-Cola” ist laut Verlautbarungen des DFB zwingend.

Viele Mitglieder nutzen den Fanclub, um einfacher an Tickets für Länderspiele zu kommen. Dieses Phänomen existiert real seit 2006. Damals genügte es, sich wenige Monate vor Beginn der Heim-WM anzumelden, um den “deutschen Weg”, also alle sieben Partien vom Eröffnungsspiel gegen Costa Rica bis hin zum Spiel um Platz drei, in den Stadien mitgehen zu können. Angesichts dessen ist es wenig verwunderlich, dass der Fanclub Nationalmannschaft in der deutschen Vereins-Fanszene einen vernichtenden Ruf genießt.

Durch derartige Inszenierungen lässt sich das Fan-Problem in Deutschland nicht lösen. Zumal DFB und DFL an mehreren Fronten gefragt sind. Dumpfe, rechtsradikale Schreihälse bei Länderspielen, randalierende Hooligans, sowie Ultras, die sich als wichtigen Teil des Vereins sehen, einen eindeutigen Gewalt-Verzicht aber verweigern.

Die ungebetenen Gäste werden nicht so einfach aus den Fan-Blocks verschwinden. DFB und DFL müssen endlich handeln.

Lesen Sie auch: Norwegens Presse schießt gegen ihre Mannschaft

Video: Löw lobt Zuschauer und Timo Werner