Die WM in Katar: Alle Fakten zum Turnier

Die WM in Katar rückt näher, in dreieinhalb Monaten wird am 21. November das Auftaktspiel angepfiffen. Was zu dem umstrittenen Turnier bislang bekannt ist.

Den Adidas Spielball
Den Adidas Spielball "Al Rihla" gibt es schon, bei der WM in Katar rollt er ab November. (Bild: Matthew Ashton - AMA/Getty Images)

Zum 22. Mal wird eine Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen. Doch vieles ist diesmal anders als sonst. Zum einen ist da der Austragungszeitraum: Noch nie zuvor wurde das Turnier im Winter ausgespielt. Und zum anderen gibt es die anhaltende Kritik am Gastgeberland Katar, dem immer wieder Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.

Selten war die Vorfreude auf eine WM wohl so gemischt wie in diesem Jahr. Denn statt eines Sommermärchens kann es höchstens eine Wintertraum geben. Public Viewing mit Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt wirkt für viele europäische Fußballfans noch sehr befremdlich. Dennoch ist klar: Die WM, die bereits 2010 von der FIFA an das Emirat vergeben wurde, findet statt. Hier sind alle wichtigen Infos.

Zeitraum

Das Eröffnungsspiel bestreiten am 21. November um 13 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) Senegal und die Niederlande. Auch das ist ungewöhnlich, denn normalerweise eröffnet das Gastgeberland das Turnier. Da das Spiel zwischen Katar und Ecuador aber zu einer fernsehtauglichen Zeit in Lateinamerika laufen sollte, wurde es nach hinten verschoben und ist nun erst das dritte Spiel des Auftakttages. Die DFB-Elf steigt erst am Mittwoch, den 23. November in das Turnier ein. Im ersten Spiel der deutschen Mannschaft geht es ab 14 Uhr (MEZ) gegen Japan. Ab dem 3. Dezember werden die K.o.-Runden ausgetragen. Die Halbfinals sind am 13. und 14. Dezember jeweils um 20 Uhr (MEZ). Das Finale wird am Sonntag, den 18. Dezember, um 16 Uhr (MEZ) im Lusail Iconic Stadium nördlich von Doha ausgetragen.

Spielorte

Der aufwändige Neubau der Infrastruktur war einer der Kritikpunkte an der WM in Katar im Vorfeld. Beauftragt mit der Planung war das Frankfurter Büro Albert Speer & Partner. Fünf Stadien wurden komplett neu gebaut, drei bestehende modernisiert und ausgebaut. Die neuen Stadien wurden in modularer Bauweise erstellt. Dadurch soll es nach der WM möglich sein, sie an den Bedarf in Katar anzupassen oder sogar, sie vollständig wieder abzubauen. Wegen der großen Hitze in dem Wüstenstaat müssen alle Spielorte temperiert werden. Das größte der acht Stadien ist der Final-Spielort in Lusail. Der Neubau hat Platz für 86.250 Zuschauer*innen.

Das Lusail Stadion wird Austragungsort des Finales am 18. Dezember sein.
Das Lusail Stadion wird Austragungsort des Finales am 18. Dezember sein. (Bild: David Ramos/Getty Images)

Danach folgt das ebenfalls neu gebaute al-Bayt-Stadion in der Küstenstadt al-Chaur mit 60.000 Plätzen. Es ist im Design an die traditionellen Zelte der katarischen Nomaden angelehnt, die ihm auch seinen Namen verliehen.

Das al-Bayt-Stadion soll an die Form klassischer Nomandenzelte erinnern
Das al-Bayt-Stadion soll an die Form klassischer Nomandenzelte erinnern.(Bild: David Ramos/Getty Images)

Dort werden insgesamt neun WM-Partien ausgetragen, unter anderem das Eröffnungsspiel. Auch die DFB-Elf hat zwei ihrer Gruppenspiele dort, der Auftakt gegen Japan findet im ausgebauten Khalifa International Stadium in Rayyan westlich von Doha statt. Dort passen, genau wie in die weiteren fünf Stadien, jeweils 40.000 Fans hinein.

Die WM-Gruppen

Nachdem es Überlegungen gab, das Teilnehmerfeld auf 48 zu vergrößern, wird die WM 2022 nun doch wieder mit 32 Mannschaften bestritten. Zuletzt qualifizierten sich in den Playoffs noch Australien und Costa Rica, damit sind die Gruppen komplett. Die Teams sind in die folgenden acht Vierergruppen aufgeteilt.

Infografik: Getty
Infografik: Getty

Weltmeister Frankreich hat mit Australien, Dänemark und Tunesien in der Gruppe D vermeintlich leichtere Gegner erwischt. Die Deutsche Gruppe E hat mit Spanien zumindest einen echten Hochkaräter, auch Japan und Costa Rica sind durchaus unangenehme Gegner. Bundestrainer Hansi Flick reagierte gelassen auf die Auslosung: "Ich war damit zufrieden. Brasilien ist eine der stärksten Mannschaften, Frankreich ist eine Gruppe vor uns. Es ist alles so, wie es ist. Wir sind zufrieden und nehmen es gerne so an. Es ist an uns, uns top vorzubereiten", sagte er in der PK nachdem die Gruppen am 2. April bekannt gegeben wurden. Spannend wird auch, wie sich die Gastgeber schlagen. Denn immerhin hat das auf der Fußballbühne bislang eher unbekannte Katar 2019 die Asienmeisterschaft gewonnen.

Regeländerungen

Wie schon bei der EM hat die FIFA einige Regeln angepasst. So wurde die Kadergröße von 23 auf 26 Spieler angehoben. AM Spieltag dürfen allerdings weiterhin nur 23 Spieler gemeldet sein. Auch die Anzahl der Auswechslungen wurde angepasst. In Katar dürfen die Trainer nun ebenfalls fünfmal wechseln. Die Verlängerung der Spielzeit auf 100 Minuten, die kurzzeitig heiß diskutiert wurde, wird in Katar nach Aussagen der FIFA wohl nicht kommen. Viel Zeit zur Regeneration haben die Spieler nicht, denn wegen der Winterzeit hat die FIFA den Beginn der Spielpause für die WM auf den 14. November gelegt, also eine Woche vor Turnierbeginn.

Der VAR soll in Katar zusätzliche Unterstützung erhalten. Mit der sogenannten halbautomatischen Abseitstechnologie sollen die Videoschiedsrichter schneller und zuverlässiger entscheiden können. Das System wird in allen 64 WM-Partien zum Einsatz kommen und die Schiedsrichter auf dem Feld binnen Sekunden über eine Abseitsstellung informieren. Getestet wurde das Kamera-gestützte System bereits erfolgreich bei der Club-WM und dem Arab-Cup. Der Spielball ist dafür mit einem Chip versehen, um den Abspielmoment exakt bestimmen zu können. Nach wie vor gibt es eine Sperre nach der zweiten gelben Karte. Die Karten aus den vorherigen Spielen werden aber vor dem Halbfinale gestrichen, damit ein Spieler nicht wie Michael Ballack 2002 das Finale gelbgesperrt verpasst.

Fans

Auch für Fußball-Fans, die sich tatsächlich aus der ganzen Welt in Richtung Katar aufmachen, wird es ein anderes Erlebnis werden. Denn, wer es nach Doha schafft, muss sich auf besondere Umstände einstellen. Es mehren sich die Anzeichen, dass es im Emirat gar nicht ausreichend Schlafplätze für alle Besucher*innen geben könnte. Möglicherweise müssen sie auf Campingplätze oder sogar Nachbarstaaten ausweichen. Schon länger bekannt ist, dass Fans auf Booten vor der Küste nächtigen werden, was allerdings den Vorteil internationaler Gewässer mit sich bringen könnte. Denn an Land wird es im öffentlichen Raum keinerlei Alkohol-Ausschank geben, das hat die Herrscherfamilie klar gestellt, auch wenn die FIFA noch um einen Kompromiss ringt. Auch auf andere Drogen sollte man besser verzichten. Wird man zum Beispiel mit Gras erwischt, drohen schnell bis zu 20 Jahre Gefängnis.

Fans aus Costa Rica feiern die Qualifikation ihrer Mannschaft bei der Flaggenzeremonie in Doha.
Fans aus Costa Rica feiern die Qualifikation ihrer Mannschaft bei der Flaggenzeremonie in Doha. (Bild: REUTERS/Mohammed Dabbous)

Besonders ist auch die strenge Gesetzeslage bezüglich Intimitäten. Weltweit schrieben Medien über die "WM ohne One-Night-Stands". Denn außerehelicher Sex ist im Emirat verboten und kann mit Gefängnis bestraft werden. Das Gleiche gilt für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Bei homosexuellen Handlungen drohen bis zu sieben Jahre Haft, sogar das Auspeitschen ist theoretisch erlaubt. Ob zum Beispiel das Zeigen von Regenbogen-Symbolen von Spielern und Fans im Stadion unterbunden wird, ist ein heiß debattierter Kritikpunkt.

Kritik

Nicht nur der Zeitraum der WM sorgte im Vorfeld für Kritik oder die Vergabe an ein Land ohne nennenswerte Fußballtradition oder Ligabetrieb. Es waren auch Menschenrechtsfragen, die immer wieder laut wurden. Vor allem beim Bau der Stadien und der dazugehörigen Infrastruktur soll es immer wieder zu Unfällen und Missbrauch der Arbeiter*innen gekommen sein. Amnesty International nennt das Turnier sogar eine "WM der Schande". Spätestens, als der britische Guardian Anfang 2021 nach investigativen Recherchen enthüllte, dass bis zu 6.500 hauptsächlich migrantische Arbeiter*innen aus Indien, Pakistan, Nepal oder Bangladesch im Vorfeld der WM ums Leben gekommen seien, war die weltweite Empörung groß. Nicht so groß jedoch, die Turniervergabe wieder zurück zu ziehen.

Arbeiter beim Bau des Lusail Stadions im Dezember 2019.
Arbeiter auf der Baustelle des Lusail Stadions im Dezember 2019. (Bild: REUTERS/Kai Pfaffenbach)

Verschiedene Fußballverbände äußerten sich kritisch, wie beispielsweise in Norwegen, wo Spieler und Verband bereits 2021 einen WM-Boykott gefordert hatten. Doch der Protest verhallte und die Skandinavier sind ohnehin nicht für die WM qualifiziert. Einzelne Protestgesten, wie sie auch die DFB-Elf präsentierte, wirkten eher halbgar zur Befriedung der Kritiker und Fans. Die finanziellen Verknüpfungen zwischen dem Emirat und der Fußballwelt sind inzwischen eng. Das Kalkül, sich einen Platz in der internationalen Gemeinschaft durch massives Sport-Sponsoring erkaufen zu können, scheint aufzugehen.

Die staatliche Fluglinie Qatar Airways ist nicht nur Trikotsponsor bei PSG, sie ist auch offizieller Partner der FIFA. Seit 2016 bekommt auch der FC Bayern jährlich Millionen von Qatar Airways, was in der Fanszene teilweise auf großen Widerspruch stößt. An zu engen Verbindungen zum Emirat kann man sich trotzdem immer noch die Finger verbrennen. Im Juli erst legte Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger seine Ehrenpräsidentschaft beim Rheinländischen Fußballverband wegen einer Millionenspende aus Katar nieder.

Im Video: Julian Brandt kritisiert WM-Gastgeberland Katar