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Auferstehung - und noch ein Spiel zum sagenhaften Rekord

Auferstehung - und noch ein Spiel zum sagenhaften Rekord

"Die Realität ist süßer als der Traum", titelt die italienische Zeitung Tuttosport am Montagmorgen. Tatsächlich dürfte vor drei Jahren kaum ein Italiener davon geträumt haben, was in der Nacht von Sonntag auf Montag geschah.

Von einer "Nationalelf in Trümmern" oder sogar einer "Apokalypse" war 2018 noch geschrieben worden. Die italienische Nationalmannschaft hatte sich damals nicht für die Weltmeisterschaft in Russland qualifizieren können. Fast schon eine Staatskrise in dem fußballverrückten Land.

Drei Jahre später feiert ein ganzes Land nun den größten Erfolg seit dem WM-Triumph 2006 in Berlin. Und nicht nur ein Land, sondern alle Italiener weltweit - wie auch in Deutschland bei dem ein oder anderen Autokorso zu hören war. Beim 3:2-Sieg im Elfmeterschießen gegen England holte Italien den zweiten EM-Titel seit 1966. Und dann auch noch im Wohnzimmer der Three Lions - dem Wembley Stadium.

Roberto Mancini lief mit Tränen in den Augen über den in diesem Fußball-Tempel heiligen Rasen und konnte sein Glück kaum fassen. Der Trainer ist der Architekt des Wandels, der die Squadra Azzurra neu erfunden hat.

Mancini hat sein Versprechen gehalten

"Das war das Gefühl, das aufkommt, wenn man etwas Unglaubliches erreicht hat, wenn man sieht, wie die Jungs feiern, wie die Fans auf den Tribünen jubeln", erklärte Mancini seine Tränen: "Es war, alles zu sehen, was wir geschafft haben, all die Arbeit, die wir in den letzten drei Jahren und speziell in den letzten 50 Tagen, die sehr hart waren, geleistet haben." (Stimmen zum EM-Finale)

Der 56-Jährige gilt als Stil-Ikone und ist außerdem ein Trainer, der die richtigen Worte findet - und zwar zu seinen Spielern und auch in der Öffentlichkeit. Mit fast schon philosophischen Reden hat er einem ganzen Land wieder Hoffnung gemacht. Er hat vor drei Jahren bei seinem Amtsantritt einen Wandel versprochen. Und den hat er geliefert.

Der geschichtsträchtige Sieg gegen England ist bereits das 34. Spiel in Folge, in dem die Italiener ohne Niederlage blieben. Die letzte Pleite gab es im September 2018 in der Nations League gegen Portugal.

Falls Italien nach der EM noch ein weiteres Spiel ungeschlagen bleibt, dann wäre der Rekord von Spanien und Brasilien eingestellt, die jeweils 35 Spiele in Folge nicht als Verlierer den Platz verließen. Es ist eine eindrucksvolle Auferstehung eines Teams, welches 2018 vor einer der größten Krisen überhaupt stand. Und der Wandel, den Mancini gebracht hat, ist mehr als nur reine rekordverdächtige Serie und ein großer Titel.

Der italienische Fußball wurde von Mancini wachgeküsst

Mancini hat es geschafft, die Einstellung eines ganzen Landes gegenüber einer der wichtigsten Institutionen zu verwandeln. Die Liebe zu ihrer Squadra Azzurra war über Jahrzehnte hinweg eine der wenigen Dinge, die alle Italiener von Norden bis Süden miteinander verband - zusammen mit der katholischen Kirche, der Verbundenheit zur eigenen Familie und der Liebe zur Pasta.

Doch zuletzt stand die italienische Nationalmannschaft für eine konservative Herangehensweise, für Langeweile, für Ideenlosigkeit und für eine überalterte Struktur. Ein wenig sinnbildlich für vieles, was in Italien aus Sicht vieler Einwohner falsch läuft - gerade auch in der Politik.

Mancini hat aus der Squadra Azzurra ein Team gemacht, das mutig, frech und erfrischend aufspielt. Ein Team, das Spaß macht und wenig bis nichts mit dem in Italien traditionellen Catenaccio zu tun hat. Ein Team, das ein fußballverrücktes Land lieben und mit dem es mitfiebern kann.

Durch die Krönung im EM-Finale hat Mancini bewiesen, dass sein Stil nicht nur schön, sondern auch erfolgreich sein kann. Er hat den italienischen Fußball wachgeküsst.

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Das Potenzial von Italien ist groß

"Die Dunkelheit des Jahres 2018, ohne WM und ohne Hoffnung, ist eine ferne Erinnerung", schreibt Tuttsport nun drei Jahre nach der Apokalypse. Die stolze Fußballnation hat sich ihrer alten Stärken - der Leidenschaft und dem Willen - erinnert und neue angeeignet.

Mit Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci haben die beiden erfahrenen Weltklasse-Innenverteidiger der Italiener mit dem EM-Sieg praktisch einen Preis für ihr Lebenswerk erhalten. Was aber für noch mehr Euphorie in Italien sorgen sollte, ist die Tatsache, dass das Team ansonsten jung und ambitioniert ist.

Das Potenzial ist auch für die nächsten Jahre groß, es handelt sich nicht um eine Mannschaft von Mittdreißigern, deren ihr Ruf hervoreilt - wie es in der Vergangenheit oft der Fall war. Im Gegensatz zu anderen Nationen wie Deutschland hat Mancini mit der Squadra Azzurra den Umbruch gemeistert.

Der italienische Fußball ist auferstanden - und mit Italien ist auch dank Mancini in den nächsten Jahren zu rechnen. Der Vater des Erfolgs will es nach seinem größten Triumph ruhig angehen lassen. Statt Wembley Stadium ist der Jakobsweg angesagt, den er mit engen Freunden mit dem Rad befahren will. Das hatten sie im Falle eines EM-Erfolges ausgemacht, wie ein enger Freund berichtete.

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