EM 2024 in Deutschland: Die Verantwortung liegt nicht nur beim DFB

Die UEFA hat sich für Deutschland als Austragungsort der EM 2024 entschieden. Das ist eine große Chance für den DFB, jüngste Verfehlungen auszubessern. Die Verantwortung liegt allerdings nicht nur beim deutschen Fußball-Verband.

Gleichermaßen in der Pflicht: DFB-Präsident Reinhard Grindel, Angela Merkel und Botschafter Philipp Lahm. (Bild: Getty Images)
Gleichermaßen in der Pflicht: DFB-Präsident Reinhard Grindel, Angela Merkel und Botschafter Philipp Lahm. (Bild: Getty Images)

Mit erstaunlich wenig Brimborium verkündete die UEFA am Donnerstagnachmittag die so enorm wichtige Entscheidung. Nach dem Experiment der auf mehrere Länder verteilten EM 2020 wird die EM 2024 in Deutschland stattfinden, die Türkei ging leer aus.

Auf der Bühne allein ein UEFA-Sprecher neben Präsident Alexander Ceferin. Kurze Worte, dann ein simpler Umschlag. Kein Vergleich zu Auslosungen der Champions League oder der kürzlich stattgefundenen Wahl zu Europas Fußballer des Jahres.

Für die deutsche Delegation hätte es wohl sicherlich etwas mehr Trubel sein dürfen, kommt doch 18 Jahre nach der WM 2006 wieder ein potentielles Sommermärchen in die Bundesrepublik. Bis dahin allerdings ist es noch ein weiter Weg.

Für den DFB beginnt ein langer Weg

Das gilt natürlich insbesondere für den DFB, für den die Bewerbungsphase nur der erste von vielen, vielen weiteren Schritten gewesen ist. Jetzt beginnt die Ausführung der präsentierten Planung und das möglichst mit deutscher Effizienz.

Die UEFA erwartet, das machte Ceferin vor der Vergabe deutlich, einen großen Gewinn von der Euro 2024. Das versprach in ihrer Bewerbung eigentlich vor allem die Türkei, für die entsprechend andere Faktoren zum Stolperstein wurden.

Der DFB hatte in Person von Präsident Reinhard Grindel ein “offenes, verbindendes Fußballfest” angekündigt. Das ist auch dringend nötig, um das Image des Verbands wieder aufzupolieren. Zu tief sitzen die Risse nach letzten Vorkommnissen im deutschen Fußball.

Die Schokoladenseite muss zur Wahrheit werden

Das offenbar gekaufte Sommermärchen 2006, in dessen Fall noch immer ermittelt wird, das Scheitern bei der WM 2018 in Russland und die Debatte um Ex-Nationalspieler Mesut Özil, der bei seinem Rücktritt Rassismusvorwürfe gegenüber dem Verband erhob: Die Liste wurde länger und länger.

Nun will sich der DFB ganz anders präsentieren. Transparent, herzlich, integrativ. Die Schokoladenseite zeigten Grindel, Joachim Löw und Philipp Lahm bereits am Donnerstag in Nyon, nun muss sie über die Grenzen des UEFA-Hauptquartiers hinausgetragen werden.

Doch ein neuer Twitter-Hashtag, verbesserte Infrastruktur und renovierte Stadien werden nicht ausreichen. Nun gut, sie reichen für ein Turnier, wie wir es kürzlich in Russland verfolgen mussten, genügen aber nicht höchsten Ansprüchen.

Auch die deutsche Gesellschaft ist gefordert

Der DFB muss vor der EM 2024 überfällige Aufklärungsarbeit leisten. Intern wie extern. Das Thema Rassismus muss endlich ernsthaft angepackt und nicht in verwirrenden Statements zerredet werden. Die Affäre um die WM 2006 braucht Aufklärung. Es wartet viel Arbeit.

Das gilt derweil nicht nur für den DFB. Auch Deutschland als solches gibt derzeit nicht in jedem Moment das Bild ab, das ein “offenes, verbindendes Fußballfest” ermöglicht. Politische Spannungen und rassistische Tendenzen beschäftigen die Gesellschaft.

Der Weg zum Sommermärchen 2024 ist lang für Verband und Land. Sechs Jahre klingen nach einer langen Zeit, sind politisch gesehen aber in wenigen Augenschlägen vorbei. Es wird Zeit für den DFB, unter Beweis zu stellen, dass der deutsche Fußball Menschen wirklich vereinen kann.