Ende eines Langweilers

Von Klaus Bellstedt

Ende eines Langweilers

Wladimir Klitschko hat mit der peinlichen Niederlage gegen Tyson Fury viel verspielt. Eine Box-Legende kann er nicht mehr werden. Für das Schwergewichtsboxen ist das gut. Ein Kommentar von Klaus Bellstedt.

Im April dieses Jahres, unmittelbar vor seinem Kampf gegen Bryant Jennings im New Yorker Madison Square Garden (knapper Sieg nach Punkten), sagte Wladimir Klitschko zum Autor dieser Zeilen folgenden Satz: „Ich will allen auch weiterhin gerne zeigen, dass ich ‚the best man on the planet‘ bin.“ Fast auf den Tag genau sieben Monate danach lässt sich festhalten: Von wegen ‚best man‘, der Lauf Klitschkos ist nach der Peinlich-Pleite von Düsseldorf gegen den Briten Tyson Fury vorbei. Mehr noch: der jüngere der beiden Klitschko-Brüder, der fast ein Jahrzehnt das Schwergewichtsboxen nach allen Regeln der Kunst dominiert hat, hat in der Nacht auf Sonntag seine Boxer-Ehre verloren. Weil sein Bezwinger Tyson Fury heißt.

Der Underdog aus Manchester, vor dem Kampf immerhin Pflichtherausforderer der Verbände WBA und WBO, gilt in der Szene aufgrund seiner Größe, der immensen Reichweite und seines unkonventionellen Stils zwar als unberechenbar, aber dass Fury eines Tages als Schwergewichts-Champ eine Ära prägen wird, ist so gut wie ausgeschlossen. Und daran ändert auch sein Sieg gegen Klitschko nichts. Man musste am Samstag gar nicht mal ein Experte dieser Sportart sein, um deutlich zu erkennen: Wirklich gut boxt dieser Fury nicht. Das macht die Niederlage Klitschkos so dramatisch.

Tappsig wie ein alter Bär

Der Kampf gegen Fury sollte für den Ukrainer eigentlich nur ein Zwischenschritt sein. Der eigentliche Höhepunkt, vielleicht sogar von Klitschkos gesamter Karriere, sollte im nächsten Jahr folgen: Der große Vereinigungskampf aller vier Verbände gegen den hoch eingeschätzten US-amerikanischen WBC-Champion Deontay Wilder. Alle vier Gürtel zu besitzen, es war immer Klitschkos Traum. Lennox Lewis hatte sie alle. Der Brite ist eine Box-Legende. Wladimir Klitschko, das ist spätestens nach Düsseldorf sicher, wird nie eine werden. Auch wenn er sich mit einem Sieg im möglichen Rückkampf gegen Tyson Fury halbwegs rehabilitieren könnte. Aber soll man ihm das überhaupt wünschen?

Die sportliche Vorstellung von Klitschko glich in allen 12 Runden einem boxerischen Armutszeugnis. Körperlich nicht auf der Höhe sowie taktisch schlecht vorbereitet, tappste er wie ein alter Bär mit Rheuma durch den Ring. Immer wieder provoziert von einem boxenden Clown namens Tyson Fury, der zeitweise beide Hände hinter den Rücken nahm und so seinen Gegner übel verhöhnte. Klitschko hatte dem Ganzen überraschenderweise nichts entgegenzusetzen. Auch seine Ecke um Coach Johnathon Banks versagte. So war die Niederlage nur eine logische Konsequenz. Wer Wladimir Klitschko nach diesem Auftritt noch einmal den Generalangriff auf alle vier Gürtel zutraut, möge die Hand heben. Meine bleibt unten.

Klitschko im Anerkennungsdilemma – für immer

Es ist ein bisschen tragisch mit Wladimir Kitschko. Zeit seiner Karriere eilte ihm der Ruf voraus, sich vergleichsweise leichte Gegenr für seine Pflichtverteidigungen im Schwergewicht auszusuchen. Was natürlich Quatsch ist. Klitschko, von Teilen der Öffentlichkeit immer schon als zu kühl und berechnend gesehen, hatte ganz einfach das Pech, dass ernst zu nehmende Konkurrenz in seiner Ära so gut wie nicht vorhanden war.

"Es fehlen die großen Namen, die ganz großen Kämpfe", brachte Lennox Lewis Kitschkos Anerkennungsdilemma (vor allem auch in USA) in einem Interview mit der „Welt“ vor dem Kampf gegen Fury auf den Punkt. Die Folge waren unzählige Kämpfe geprägt von gähnender Langeweile. Damit ist nun Schluss. Die Karriere von Wladimir Kiltschko steht kurz vor dem Ende. Traurig für ihn, ein Segen für das Schwergewichtsboxen.

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