Das Ende des wohl teuersten Missverständnisses

Am 22. Januar 2018 dürften in der Arbeiterstadt Manchester ausnahmsweise die Sektkorken geknallt haben - auf jeden Fall bei den Verantwortlichen und Fans, die es mit dem roten Klub der Stadt halten.

Immerhin hatte Manchester United gerade einen großen Coup gelandet und mit Alexis Sánchez den wohl begehrtesten Spieler der Premier League verpflichtet. Netter Nebeneffekt: Sie schnappten ihn dem Stadtrivalen Manchester City vor der Nase weg, Pep Guardiola hatte monatelang um den Chilenen geworben.

34 Millionen Euro überwies United im Zuge des Transfers an den FC Arsenal, zusätzlich ging mit Henrikh Mkhitaryan ein Topspieler zu den Gunners. Das Bemerkenswerte an dem Deal war allerdings das Gehalt.

Die Red Devils einigten sich mit Sánchez auf rund 450.000 Euro - pro Woche! Der Neuzugang stieg dadurch zum bestbezahlten Spieler der Premier League auf. (Europa League: Manchester United - LASK Linz ab 21 Uhr im LIVETICKER)

Gut zwei Jahre später will United den ehemaligen Transfercoup so dringend loswerden, dass sie ihn sogar ablösefrei ziehen lassen, damit der Klub sich die Dienste von Dortmunds Shootingstar Jadon Sancho leisten kann.

Doch wie kam es zu einem der größten Missverständnisse der Transfer-Geschichte?

Mourinho: "Er war ein trauriger Mann"

Eigentlich schien es in der Karriere des Stürmers nur bergauf zu gehen. Bei Udinese Calcio, seiner ersten Station in Europa, überzeugte Sánchez auf Anhieb. Und zwar so, dass sich der FC Barcelona die Dienste des Knipsers sicherte.

Drei Jahre später folge der Wechsel zu Arsenal. Bei den Gunners fand er sich perfekt ein, in seinen vier Jahren in London erzielte er 80 Tore in 166 Pflichtspielen und gewann zweimal den FA Cup. Es folgte der lukrative Wechsel ins Old Trafford.

Er habe die Chance einfach ergreifen müssen, "für den größten Klub der Welt" und außerdem "unter José Mourinho" zu spielen, sagte Sánchez bei seiner Vorstellung. Doch die Vorfreude verwandelte sich schon bald in puren Frust.

Der Mittelstürmer musste sofort funktionieren, da er im Winter wechselte und in England keine Pause gemacht wird. Das gelang ihm aber nicht.

In den ersten Spielen stand der Mittelstürmer zwar in der Startformation Mourinhos, konnte aber selten überzeugen. Nach dem Saisonende hofften die United-Fans darauf, dass sich ihr neuer Superstar in der nächsten Spielzeit steigern würde.

Sánchez trifft nur ein Mal in der Saison

Doch das Gegenteil war der Fall. Nach dem Beginn der Saison 2018/19 titelte The Telegraph: "Die Fans von Manchester United müssen hoffen, dass Alexis Sánchez nun wenigstens den Tiefpunkt erreicht hat und nicht weiter fallen kann."

Mourinho bot den formschwachen Angreifer nicht mehr regelmäßig auf. In der kompletten Spielzeit gelang Sánchez letztlich in 20 Premier-League-Partien ein einziges Tor.

"Er war ein trauriger Mann", behauptete Mourinho - der mittlerweile Tottenham Hotspur trainiert - nach seinem Rauswurf in Manchester. Der Portugiese erklärte damit das Scheitern seines früheren Spielers: "Ich glaube, dass es in keinem Job einfach ist zu performen, wenn man nicht glücklich ist."

Wiederauferstehung bei Inter

Sánchez sah den Grund für seine schwachen Leistungen allerdings eher beim Trainer.

"Manchmal habe ich nicht gespielt, dann habe ich gespielt, dann habe ich nicht gespielt. Es wurde eine Atmosphäre geschaffen, die nicht gesund war. Manchmal habe ich gut gespielt und ein Tor geschossen und er nahm mich raus", verriet er jüngst im Interview mit BBC.

Die Behandlung habe ihn demoralisiert: "Ich spiele seit meinem fünften Lebensjahr Fußball. Und wenn mir der Ball weggenommen wird, verliere ich meine Freude."

Auch nach der Entlassung Mourinhos fand der Torjäger unter Ole-Gunnar Solskjaer seine Form - und seine Freude - aus den vergangenen Jahren aber einfach nicht wieder. Im letzten Sommer folgte daher das nächste Kapitel seiner Geschichte: eine Leihe zu Inter Mailand.

Nach einer Hinrunde zum Vergessen, die er größtenteils wegen einer Verletzung verpasste, war es in Mailand wieder zu sehen, das Genie aus vergangenen Tagen. Vier Tore erzielte Sánchez für die Nerazzurri, neun weitere Treffer bereitete er vor.

Wegen seiner Wiederauferstehung ist es kein Wunder, dass Sánchez gerne in der Lombardei bleiben und Inter ihn gerne behalten würde (Europa League: Inter Mailand - FC Getafe ab 21 Uhr im LIVETICKER). Überraschend ist, dass United diesem Wunsch sogar entgegenkommt.

Macht Sánchez Platz für Sancho?

Laut übereinstimmenden italienischen Medienberichten hat sich der englische Klub mit Sánchez auf eine Auflösung des eigentlich noch bis 2022 laufenden Vertrags geeinigt. Damit müsste Inter nicht einmal mehr eine Ablösesumme für den Stürmer bezahlen. Motto: Hauptsache weg.

United würde sich hingegen endlich das astronomische Gehalt sparen. Sogar als Sánchez bei inter spielte, sollen die Engländer noch fast 300.000 Euro des Wochengehalts übernommen haben.

Die Red Devils wollen durch den Abgang wohl Spielraum für eine Verpflichtung des Wunschspielers Sancho schaffen. Nach Informationen von Sky soll sich der Klub mit dem Spieler sogar schon einig sein.

Gut möglich also, dass im roten Manchester bald wieder die Sektkorken knallen, wenn der Abgang von Alexis Sánchez dazu führt, dass sich Jadon Sancho United anschließt. Verbunden mit der Hoffnung, dass ihnen ein weiteres Missverständnis erspart bleibt.