Entscheidung im Diack-Prozess

Lamine Diack erschien wie gewohnt im weißen Unschuldsgewand, doch Richterin Rose-Marie Hunault kannte keine Gnade mit dem gefallenen Leichtathletik-Paten.

Der Strafgerichtshof in Paris sprach den ehemaligen Präsidenten des Weltverbandes IAAF (heute World Athletics) am Mittwoch wegen Korruption, Geldwäsche und Dopingvertuschung schuldig. Das Urteil: Vier Jahre Haft für den 87 Jahre alte Senegalesen wegen seinen kriminellen Machenschaften, zwei Jahre davon auf Bewährung. Zudem muss Diack 500.000 Euro Strafe zahlen.

Laut Richterin Hunault sei es aber wegen des Alters des Verurteilten unwahrscheinlich, dass er die Strafe im Gefängnis absitzen müsse. Diack kündigte dennoch umgehend Berufung gegen das Urteil an. Sein ebenfalls angeklagter Sohn Papa Massata Diack wurde in Abwesenheit zu einer Strafe von fünf Jahren Haft verurteilt und mit einer Geldstrafe von einer Million Euro belegt - er gilt als Schlüsselfigur in dem laut Anklage "wahrhaft kriminellen" System.

Diack verhindert Dopingsperren

Lamine Diack hatte während des Prozesses die bis vor einigen Jahren unvorstellbaren Verschwörungen zugegeben. So hatte er Dopingsperren besonders gegen russische Athleten im Vorfeld der Olympischen Spiele 2012 in London verhindert - aus Gründen der "finanziellen Gesundheit" des Weltverbandes. Diack bestreitet aber, dafür von den Athleten Geld erpresst zu haben. Er habe vielmehr einen Skandal und damit den Verlust von Sponsoreneinnahmen aus Russland verhindern wollen.

Diack, der auch verklagt wurde, weil er seinem Sohn dabei geholfen hat, in Verhandlungen mit Sponsoren mehrere Millionen Euro abzugreifen, war zwischen 1999 und 2015 Präsident der IAAF und führte den Verband laut Anklage mit mafiösen Strukturen. Die Ermittler sahen es als erwiesen an, dass die Diacks und ihre Komplizen Bestechungsgelder erpresst haben, damit positive Dopingtests nicht öffentlich werden.

Allein 23 russische Athleten sollen jeweils zwischen 100.000 und 600.000 Euro gezahlt haben, um in London und an den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau starten zu können. Insgesamt haben Diack und seine Mitstreiter laut Anklage mindestens 3,45 Millionen Euro Schmiergeld für fallengelassene Dopingdelikte kassiert. Diacks Sohn Papa Massata bezeichnete die Anklage zuletzt als "größte Lüge in der Geschichte des Weltsports".

World Athletics fordert wohl Entschädigung von Diack

Haft- und Geldstrafen bekamen zudem Walentin Balachnitschew, Ex-Präsident des russischen Verbandes sowie Schatzmeister unter Diack, sowie der ehemalige russische Cheftrainer Alexej Melnikow und Habib Cisse, ein ehemaliger Berater Diacks. Gabriel Dolle, ehemaliger Direktor des Anti-Doping-Programms des Weltverbandes, kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

World Athletics mit dem neuen Präsidenten Sebastian Coe an der Spitze will nach dem Urteil nun offenbar versuchen, von Diack eine Entschädigung in Höhe von 41,2 Millionen Euro für den entstandenen Imageschaden zu erhalten. Dazu droht den Diacks in Frankreich weiterer juristischer Ärger: Im Mittelpunkt einer anderen Ermittlung geht es um einen angeblichen Stimmenkauf bei den Vergaben der Olympischen Spiele nach Rio und Tokio. Diack Senior, ehemaliges IOC-Mitglied, und sein Sohn stehen im Verdacht, die Wahlen verschoben zu haben.