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Erleiden Schalke und Bremen das HSV-Schicksal? "Absolut möglich"

Erleiden Schalke und Bremen das HSV-Schicksal? "Absolut möglich"

Doppelter Kracher zum Start in die neue Saison der 2. Bundesliga!

Absteiger Schalke 04 empfängt am Freitagabend zum Auftakt den Hamburger SV (2. Bundesliga: Werder Bremen - Hannover 96 am Samstag ab 20.30 Uhr LIVE im TV auf SPORT1), am Samstag geht es im ersten Topspiel zur Sache.

Dort empfängt der zweite Absteiger Werder Bremen im Nordderby Hannover 96. SPORT1 zeigt diesen Kracher und die weiteren Topspiele der 2. Bundesliga am Samstagabend ab 19.30 Uhr LIVE im TV. (2. Bundesliga: Werder Bremen - Hannover 96 am Samstag ab 20.30 Uhr LIVE im TV auf SPORT1).

Der frühere Nationalspieler Fabian Ernst spielte in seiner Karriere für alle vier Klubs und spricht im SPORT1-Interview über den Knaller-Start in die 2. Bundesliga und Gefahren für die Top-Teams. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)

Schalke gegen HSV - „das klingt nicht nach 2. Liga“

SPORT1: Herr Ernst, Schalke gegen HSV - das ist gefühlt Bundesliga, oder?

Fabian Ernst: Ja. Das klingt definitiv nicht nach 2. Liga. Vor einigen Jahren ging es bei diesem Duell noch um die internationalen Plätze. Es ist schon komisch, jetzt insbesondere Schalke in der 2. Liga zu sehen. Aber man hatte ja über ein halbes Jahr fast Zeit, sich an die Zweitklassigkeit zu gewöhnen. Und ein Wiederaufstieg wird nicht leicht. Die Hamburger probieren es jetzt schon seit drei Jahren aufzusteigen. Schalke ist also gewarnt. Aber es ist ein tolles Auftaktspiel, keine Frage.

SPORT1: Wie fühlen Sie als ehemaliger Königsblauer?

Ernst: Für die Schalker tat es mir schon sehr leid, aber das hat sich über die Jahre abgezeichnet. Beim HSV war ich von 1998 bis 2000, da war ich 18. Aber natürlich verfolge ich meine früheren Klubs noch. Auch für Werder ist es extrem schade, dass man jetzt in der 2. Liga spielen muss. Dort hatte ich meine schönste Zeit mit dem Gewinn des Doubles. (DATEN: Die Tabelle der 2. Bundesliga)

„So einen Plan kannte man bei Schalke nicht“

SPORT1: Hat Schalke in den vergangenen Monaten alles richtig gemacht, nachdem der Abstieg feststand? Man hatte zuletzt das Gefühl, dass man jetzt aufgewacht ist.

Ernst: Man hat einiges besser gemacht, auch in der Kaderplanung, aber das ist ein wenig aus der Not heraus geboren. Für alle Vereine war es durch Corona in der alten Saison schwer. Viele mussten den Euro zweimal umdrehen und in dieser Phase abzusteigen, ist doppelt bitter. Ich habe eigentlich gedacht, dass man mit Grammozis doch nicht weitermacht. Aber wenn von vornherein der Plan war, mit ihm alles komplett neu aufzubauen, dann war das gut. So einen Plan kannte man bei S04 nicht, das kann auch schnell in die andere Richtung gehen. Dass Dimi da die Chance bekommt, etwas aufzubauen, ist eine gute Sache. Nur wird es extrem schwer, denn Schalke hat im oberen Regal nichts mehr verloren, was Transfers angeht. In der 2. Liga bewegen sich die Ablösesummen zwischen 500.000 und 1 Million Euro. Da muss man kreativ sein.

SPORT1: Das musste der neue Sportdirektor Rouven Schröder jetzt auch auf der Torwartposition. Ralf Fährmann hat Corona. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)

Ernst: Das mit Fährmann ist für Schalke natürlich zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt passiert, extrem bitter, zumal man ja eigentlich zur Vorbereitung absolut kein Problem auf der Position hatte. Aber es ist auch ein überschaubarer Zeitraum wegen Corona. Zum Glück hat Rouven Schröder schnell reagiert und mit Martin Fraisl einen Torwart verpflichten können. Ich finde, dass auch eine interne Lösung sinnvoll gewesen wäre als Überbrückung, bis Fährmann wieder da ist. Aber nun hat man sich für eine externe Lösung entschieden. Wie schon gesagt, das lief wie alle Transfers bisher sehr geräuschlos ab. Chapeau.

SPORT1: Wie beurteilen Sie sonst die Arbeit von Schröder? Spieler wie Simon Terodde und Danny Latza zu bekommen ist à la bonne heure. Oder?

Ernst: Absolut. Es liegt natürlich auch am Trainer, was er jetzt liefert und ob er sein Konzept durchbringen kann. Zudem muss man auch im eigenen Nachwuchs schauen, was Sinn macht. Ich denke, dass sich der eine oder andere Spieler aus der zweiten Mannschaft auch schon angeboten hat. Von der Marschrichtung her ist das gut, was sich auf Schalke getan hat. Die aktuellen Transfers wurden zudem erst bekannt, als sie perfekt waren. Früher war das auf Schalke anders, da wurden wochenlang Namen hin- und herjongliert. Bisher war das alles recht ruhig für Schalker Verhältnisse. Das ist schon mal ein guter Anfang und ein positives Zeichen.

Ernst: Das ist bei Schalke jetzt wichtig

SPORT1: Terodde und Latza sind die Hoffnungsträger bei S04. Der Ex-Mainzer wurde gleich neuer Kapitän.

Ernst: Es ist ganz wichtig, neben den jungen Spielern, die nachkommen, ein starkes Gerüst aus erfahrenen Jungs wie Terodde und Latza zu haben. Terodde macht gefühlt in jedem Zweitligaspiel ein Tor. Er ist einer der Topstürmer in der Liga und daher ein ganz starker Transfer. Auch Latza ist erfahren und hat Stallgeruch. Und mit Dries Wouters hat man auch noch einen guten Abwehrspieler verpflichtet. Das Gerüst sieht für die 2. Liga recht vielversprechend aus.

SPORT1: Viele haben zum Ende der alten Runde gesagt, dass Grammozis sich da schon verbraucht hatte. Welche Meinung haben Sie?

Ernst: Eigentlich geht es für Grammozis jetzt erst richtig los. Er wird sich beweisen müssen. In der Rückrunde war für ihn nicht viel zu holen. Es ist nur fair, dass er jetzt weiter da ist und sich voll zeigen kann.

Ernst sieht „keinen absoluten Topfavoriten“

SPORT1: In der besten 2. Liga aller Zeiten?

Ernst: Das sehe ich kritisch. Viele gute Klubs sind auf dem gleichen Niveau und der eine oder andere Klub fällt etwas ab, aber ich sehe keinen Verein ganz oben - auch Schalke nicht. Es gibt für mich keinen absoluten Topfavoriten. Die Königsblauen werden in einem guten Maß mitschwimmen. Nur weil sie abgestiegen sind, sind sie in dieser Liga nicht gleich oben dabei.

SPORT1: Ist es ein Vorteil für Schalke, dass man sich seit Monaten im Kopf mit der 2. Liga beschäftigen konnte?

Ernst: Schwer zu sagen. Diese 2. Liga wird unglaublich schwer für alle Klubs, die vorne mitmischen wollen. Auch für Schalke. Ein großes Plus für S04, Werder und den HSV wird sein, wenn die Zuschauer wieder ins Stadion dürfen. Das emotionale Drumherum kann Schalke den einen oder anderen Punkt schenken, wo es bei anderen Teams nicht funktioniert.

Droht Schalke und Werder das HSV-Schicksal?

SPORT1: Muss Schalke und Bremen nicht aufpassen der zweite HSV zu werden? Die Hamburger starten ihren vierten Anlauf auf die Bundesliga-Rückkehr.

Ernst: Es ist absolut möglich, der zweite HSV zu werden. Ich habe noch kein offizielles Statement gehört,. in dem gesagt wird: ‚Wir wollen gleich wieder aufsteigen.‘ Natürlich wollen das die Absteiger immer, aber so richtig rausgehauen hat es noch keiner von Schalke und Werder. Ich denke, dass man sich intern bewusst ist, dass es eine sehr schwierige Runde wird.

„Das könnte für Schalke zum Problem werden“

SPORT1: Sie haben Schalke und das Umfeld selbst jahrelang hautnah miterlebt. Wie viel Kraft, aber auch Unruhe, kann durch das emotionale Umfeld entstehen?

Ernst: Auf Schalke muss man wissen, was medial passiert, wenn es nicht läuft. Das ist nun mal schwarz-weiß. Das könnte für Schalke zum Problem werden. Wenn es nicht sofort läuft, kann es schnell ungemütlich werden. Auf der anderen Seite hast du die Fans, die ein feines Gespür dafür haben, wer da auf dem Platz steht. Wenn du als Spieler 100 Prozent gibst, verzeiht dir der Fan auch mal einen Fehler. Vor allem, wenn Spieler aus dem eigenen Nachwuchs dabei sind. Die Fan-Power auf Schalke ist unglaublich.

SPORT1: Worauf wird es auf Schalke ankommen, um sportlich wieder langfristig und nachhaltig in die Spur zu kommen?

Ernst: Schalke kann sich die 2. Liga nicht lange erlauben. Das gilt auch für Bremen und den HSV. Die Hamburger machen es noch ganz gut dafür, dass sie drei Mal nicht aufgestiegen sind. Sie werden diese Saison auch wieder vorne sein. Für Schalke gilt nur volle Attacke und ich hoffe, dass sie sofort reinkommen in die Liga.

SPORT1: Wo war Ihre schönste Zeit in der Bundesliga?

Ernst: Ich kam mit 18 nach Hamburg und spielte plötzlich mit Jungs wie Thomas Doll, Anthony Yeboah oder Thomas Gravesen oder im zweiten Jahr mit Niko Kovac zusammen. Das waren tolle zwei Jahre und sportlich hat es ganz gut funktioniert. Aber das Highlight waren die nächsten fünf Jahre in Bremen mit dem Gewinn des Doubles. Das schaffst du nicht alle zwei, drei Jahre, es sei denn, du spielst bei den Bayern (lacht). Schalke mit all den Nebengeräuschen war sportlich auch eine tolle Zeit.

SPORT1: Es hat den Anschein, dass der HSV dieses Mal nicht der Topfavorit ist. Kann das befreiend sein?

Ernst: Weiß nicht. Ich denke, die Hamburger haben im vierten Anlauf auch einen gewissen Druck. Und deshalb würde ich sie etwas stärker einschätzen als Schalke oder Bremen. Für mich ist der HSV einer der Topfavoriten auf den Aufstieg. Hamburg ist eine Stadt, zu der passt 2. Liga nicht.

SPORT1: Das heißt Bremen und Schalke könnten sich ein weiteres Jahr 2. Liga auch erlauben?

Ernst: Schon. Grundsätzlich sind Schalke, der HSV und Werder die Topfavoriten für den Aufstieg. Aber du musst St. Pauli oder Fortuna Düsseldorf auch erstmal schlagen. Das wird für keinen einfach, aber vom Gefühl her würde ich es so prognostizieren. 2. Liga ist nicht das Riesenspektakel. Es gilt den Kampf anzunehmen. Da geht es richtig zur Sache.

SPORT1: Werder empfängt am Samstag Ihren anderen Ex-Klub Hannover 96. Wie blicken Sie auf dieses Duell?

Ernst: Für 96 wird es in dieser Spielzeit schwer. Mit dem Aufstieg werden sie nichts zu tun haben. Es wurden die besten Spieler abgegeben. Vor allem Haraguchi hatte das gewisse Etwas, konnte Impulse geben und Spiele alleine entscheiden. Ich wünsche Jan Zimmermann alles Gute. Ich kenne ihn noch von früher. Ich glaube, dass er gute Arbeit abliefern wird, aber man sollte den Druck von ihm nehmen und nicht irgendwelche Prognosen abgeben.

SPORT1: Auch die Bremer haben mit Markus Anfang einen neuen Trainer. Er kennt die 2. Liga sehr gut. Ist er der Richtige für den Neuanfang an der Weser?

Ernst: Intern wird man sich Gedanken gemacht haben, wer der richtige Trainer für die neuen Ziele ist. Ich denke schon, dass Werders Verantwortliche ganz bedacht handeln. Je nachdem wie die Zielrichtung ist. Entweder Vollgas für den Wiederaufstieg oder ob man sich Zeit nehmen will, etwas zu entwickeln.

SPORT1: Sie haben mit Frank Baumann zusammengespielt. Kritiker sagen, er hätte nach dem Abstieg auch gehen sollen. Wie sehen Sie es?

Ernst: In Bremen war es schon immer ein Zusammenspiel aus Manager, Trainer und den anderen Bossen. Da handelt keiner allein von oben herab. Frank traut es sich zu, weiter die Verantwortung zu übernehmen, also soll er weitermachen. Ich schätze Frank als vernünftigen Menschen und er wird seine Gründe haben, warum er geblieben ist. Wahrscheinlich will er Werder wieder nach oben führen und hat einen Plan dafür.

SPORT1: Was macht Ihnen Hoffnung, dass Schalke und Bremen vielleicht doch gleich wieder aufsteigen?

Ernst: Aufgrund der zurückliegenden drei Jahre sehe ich den HSV im Vorteil. Man muss die 2. Liga kennen, annehmen und wissen, was auf einen zukommt. Bei Schalke und Werder ist das nur bedingt der Fall, da müssen teilweise auch junge Spieler herangeführt werden. Es wird aber auch die eine oder andere Überraschungsmannschaft geben, die vorne mit dabei sein wird.

SPORT1: Wenn Sie sich festlegen müssten: Wer steigt auf?

Ernst: Der HSV und Schalke. Danach wird es schwierig...