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Ermittlungen gegen Klopp nach Jubelarie: Das ist absurd!

Jürgen Klopp steht nach seiner Jubelarie im Merseyside-Derby gegen den FC Everton stark in der Kritik, der englische Verband FA hat Ermittlungen gegen den Liverpool-Coach aufgenommen. Das ist geradezu absurd.

Jürgen Klopp muss eine Strafe wegen unsportlichen Verhaltens befürchten.
Jürgen Klopp muss eine Strafe wegen unsportlichen Verhaltens befürchten.

Jürgen Klopp wollte die Angelegenheit klein reden. “Das ist nicht die Geschichte des Spiels”, sagte er nach dem Last-Second-Sieg seines FC Liverpool im Derby gegen Everton. Doch in den englischen Medien – ob TV-Sendung oder Zeitungskolumne – war Kloppos Jubelarie unmittelbar nach dem Siegtor in der sechsten Minute der Nachspielzeit sehr wohl ein Thema – das wichtigste des gesamten Premier-League-Spieltags.

Die Zeitung The Sun veröffentlichte eine großformatige “Jürgen Klopp heat map”, der Liverpool Echo startete Sonderumfragen. War Klopps Reaktion einfach nur cool oder völlig überzogen, weil respektlos gegenüber dem Gegner? Diese Frage spaltet das Mutterland des Fußballs. Während Ex-Liverpool-Star Jon Arne Riise twitterte, er lieber Klopp für seinen Run umso mehr, polterte Danny Mills, ebenfalls ein ehemaliger Spieler der Reds: “Was Klopp da macht, ist absolut schockierend”, schimpfte Mills in der BBC. “Okay, mal ein wenig die Seitenlinie entlanglaufen, die Coachingzone verlassen, mit den Mitarbeitern auf der Bank jubeln – damit habe ich kein Problem. Aber in den Mittelkreis zu rennen, ist meiner Meinung nach respektlos gegenüber Everton. Das geht unter keinen Umständen.”

“Andere Trainer”, so Mills “würde man für so etwas schlachten.” Klopp dagegen “scheint jeder zu lieben, er kann nichts falsch machen”. Mills sprach zwar keinen Namen für das “Schlachtopfer” auf, aber man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass es sich dabei um Jose Mourinho handelt. Den Trainer von Manchester United mag auf der Insel eigentlich niemand (mehr).

Pep Guardiola springt Jürgen Klopp zur Seite

Klopp wurde nach eigener Aussage von seinen Emotionen übermannt. “Wenn ich das sagen könnte, hätte ich es kontrollieren können. Ich wollte nicht rennen, das war nicht mein Plan. Ich wollte nicht zu Ali (Liverpools Torhüter Alisson, d.Red.) rennen, aber ich konnte mich nicht bremsen. Das ist nicht cool, aber es ist eben passiert”, sagte er.

Unterstützung bekam Klopp vom prominentesten aller Trainerkollegen.”In solchen Momenten sind einfach viele Emotionen da”, sagte Pep Guardiola. Er selbst habe so eine Aktion in der vergangenen Saison gegen Southhampton gebracht, erzählte der ManCity-Coach. “Manchmal ist es, was es ist – ein emotionales Spiel.”

Dass es in England offensichtlich nicht en vogue ist, als Trainer ein wichtiges Tor oder einen Sieg ausgelassen zu feiern, musste vor Klopp bereits dessen Trauzeuge und Huddersfield-Coach David Wagner feststellen. “In der britischen Kultur scheint es anders als in Deutschland unhöflich zu sein, wenn ich mit meinen Spielern juble”, sagte Wagner 2017, nachdem er für eine ähnliche Aktion für zwei Spiele auf die Tribüne verbannt worden war.

Klopp droht eine ähnliche Sanktion. Der englische Verband FA nahm am Montag Ermittlungen gegen Klopp auf, eine Strafe (Geldbuße oder Sperre) ist sehr wahrscheinlich.

Sport in Großbritannien: Fairness und Respekt unabdingbar

Fairness und Respekt vor dem Gegner wird im Sport nirgendwo so groß geschrieben wie in Großbritannien. Das wird auch von den Fans geradezu eingefordert. Bevor die eigene Mannschaft nach einer Niederlage verschmäht wird, wird der siegreiche Gegner abgefeiert. Das ist einzigartig in der Welt des Sports und dafür gebührt den Briten höchste Anerkennung.

Das darf aber niemanden daran hindern, seine Emotionen dauerhaft zu unterdrücken. Wenn Spieler und Fans aus Freude ausflippen, warum dürfen das dann nicht auch Trainer und Betreuer? Wir reden hier ja nicht von unsäglichen Provokationen, wie sie beispielsweise einige Betreuer des DFB nach dem WM-Sieg gegen Schweden vornahmen. Sondern vom Glücksmoment eines verdammt wichtigen Tores in einem verdammt wichtigen Spiel. Und Klopp lief auch nicht wie ein Rumpelstilzchen die Fäuste ballend an der Everton-Bank entlang, sondern lediglich seinem Torhüter in die Arme.

Sport bedeutet in erster Linie Emotion und Leidenschaft. Das weiß niemand besser als das britische Publikum, weil es niemanden gibt, der das besser vorlebt. Der Verband und auch der eine oder andere TV-Experte sollte hier die Kirche im Dorf lassen.

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