Zverevs Schmerz: "Als würde einen die Frau verlassen"

Zverevs Schmerz:
Zverevs Schmerz:

Alexander Zverev war bitter enttäuscht, total niedergeschlagen. Aber der Olympiasieger konnte seine schmerzliche Niederlage gegen Novak Djokovic schnell richtig einordnen.

„Es war eine großartige Schlacht“, sagte der Tennis-Topspieler völlig abgekämpft. Knapp eine Stunde zuvor war sein großer Traum vom ersten Grand-Slam-Titel in einem echten Thriller einmal mehr geplatzt: „Wir haben beide alles auf dem Platz gelassen. In den wichtigen Momenten wird er auf einmal zur Wand.“

Djokovic: Zverev „ein großer Champion“

Sechs Wochen nach dem Goldtriumph in Tokio unterlag der 24 Jahre alte Hamburger dem Titelfavoriten im Halbfinale der US Open 6:4, 2:6, 4:6, 6:4, 2:6. Im Vorjahr hatten Zverev im Endspiel nur zwei Punkte zum großen Coup in New York gefehlt, nun erwies sich der Weltranglistenerste aus Serbien auf seiner historischen Titelmission als zu stark.

Zugleich nahm Djokovic Revanche für die erlittene Niederlage gegen Zverev in der Vorschlussrunde der Olympischen Spiele und spielt nun am Sonntag gegen den russischen Weltranglistenzweiten Daniil Medvedev um seinen insgesamt 21. Major-Titel.

Medvedev hatte sich im ersten Halbfinale mit 6:4, 7:5, 6:2 gegen den Kanadier Felix Auger-Aliassime durchgesetzt. „Alexander ist ein großer Champion“, sagte Djokovic: „Ich bewundere ihn auf dem Platz und auch abseits davon. Ich wusste, dass es ein großer Kampf werden würde.“

Djokovic greift nach historischem Grand Slam

Djokovic ist in Flushing Meadows angetreten, um den ersten Grand Slam seit Rod Laver 1969 zu komplettieren - den Titelgewinn bei allen Majors des Jahres. In Melbourne, Paris und Wimbledon hatte der 34-Jährige jeweils die Trophäe gewonnen. Er besitzt zudem die große Chance, sich zum alleinigen Grand-Slam-Rekordsieger vor Roger Federer (Schweiz) und Rafael Nadal (Spanien) zu küren. Alle stehen bei 20 Titeln bei den vier wichtigsten Turnieren des Jahres.

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Schon vor Turnierbeginn hatten Fans und Experten über das mögliche Duell von Djokovic und Zverev diskutiert, und tatsächlich schafften beide sicher den Einzug in die Runde der besten Vier; Zverev sogar noch etwas souveräner. Er gab in seinen vorigen fünf Matches nur einen Satz ab, Djokovic dagegen vier.

Zverev spielt Vollgas-Tennis

„Er ist in einer fantastischen Form“, sagte Djokovic vor dem Matchbeginn über Zverev, der mit dem Selbstvertrauen von 16 Siegen in Serie antrat: „Aber es ist best-of-five. Es ist ein Grand Slam.“ Und da hatte der Serbe in diesem Jahr bislang alle seine Matches gewonnen.

Im bis unters Dach gefüllten Arthur-Ashe-Stadion, in dem auch Laver in der ersten Reihe Platz nahm, waren die Rollen schnell verteilt. Wie auch Basketball-Nationalspieler Moritz Wagner als einer von 21.139 Zuschauern von der Tribüne aus beobachtete, drückte Zverev in den Ballwechseln aufs Tempo, spielte Vollgas-Tennis. Djokovic versuchte mit Tempowechseln den Rhythmus seines Gegners zu brechen, streute Stopps ein. Doch Zverev spielte fast fehlerlos, breakte den Favoriten und verdiente sich den Satzgewinn.

Djokovic schlägt zurück

Djokovic hatte auch in den drei Runden zuvor zunächst zurückgelegen und dann aufgedreht. Das passierte erneut. Zverev leistete sich eine Schwächephase zu Beginn des zweiten Satzes - und der „Djoker“ war sofort da. Das galt auch für die Crunchtime des dritten Durchgangs, in der beide teilweise sensationelles Tennis boten, aber Djokovic letztlich den entscheidenden Tick besser war.

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Zverev ließ sich nicht demoralisieren, bäumte sich noch einmal auf, aber in dem entscheidenden Abschnitt stellte der Tour-Dominator Djokovic einmal mehr seine große Nervenstärke unter Beweis.

„Als würde einen die Frau verlassen, die man seit Jahren liebt“

Gleich zu Beginn des fünften Satzes schnappte sich der Serbe ein Break.

„Dieses Break, das war einfach unfassbar unglücklich, aber das passiert nun mal“, sagte Zverev: „Es waren zwei durchschnittliche Aufschlagspiele zu Beginn des Fünften, aber der merkt das. Er spielt immer dann sein bestes Tennis, wenn er es sollte, das tun die Wenigsten. Deshalb ist er der Beste, und deshalb fühlt es sich jetzt für mich so an, als würde einen die Frau verlassen, die man seit Jahren liebt.“

„Der Beste“ sagte Zverev laut dpa innerhalb von fünf Minuten insgesamt mehr als zehn Mal.

Und so blieb dem Deutschen nur die Rolle des fairen Gratulanten.

Mit Sport-Informations-Dienst

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