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FC Bayern: Fokus auf den Markenkern

FC Bayern: Fokus auf den Markenkern

DIe Bayern brechen einen Umsatzrekord nach dem anderen, die Internationalisierung des Klubs schreitet in großen Schritten voran. Uli Hoeneß sieht darin aber auch Gefahren - und argumentiert anders als etwa Karl-Heinz Rummenigge.

Es gibt Ereignisse, die hätte man gerne live und vor Ort und in Farbe erlebt. Die Mondlandung etwa oder den Abend in der Prager Botschaft damals. Und natürlich wäre es auch sensationell gewesen, bei einer Zusammenkunft in diesem Sommer an der Cote d’Azur dabei gewesen zu sein.

Helge Leonhardt, Präsident von Erzgebirge Aue, verabredete sich dort mit Uli Hoeneß. Eine der schillerndsten Figuren der zweiten Liga und der bald wieder wichtigste Protagonist der Bundesliga. Ein zufällig arrangiertes "Gigantentreffen" des deutschen Fußballs, beide wollten in Südfrankreich eigentlich nur ihren Urlaub genießen.

Leonhardt wollte bei Hoeneß vorfühlen, ob sich dieser einen Auftritt seiner Bayern im Rahmen der Eröffnung von Aues neuem Stadion vorstellen könnte. Mit Hoeneß wollte er unbedingt von Angesicht zu Angesicht reden. Karl-Heinz Rummenigge hatte Leonhardt davor schon ein entsprechendes Schreiben zukommen lassen.

Diese kleine Geschichte ist zum einen ein wenig amüsant, wenn man sich Leonhardt und Hoeneß zusammen vorstellt, wie sie da sitzen und über Gott und die Welt reden und über die Eröffnungsfeier und dabei gut essen und ein bisschen Wein trinken. Sie erzählt aber auch viel darüber, welcher Wind wohl bald schon wieder beim FC Bayern München wehen wird.

Dauerhafte Präsenz im Ausland

In der Zeit, als Uli Hoeneß seine Haftstrafe absitzen musste und später allenfalls als eine Randfigur und nur partiell wieder bei den Bayern mitwirken konnte, hat sich der Rekordmeister immer noch ein Stückchen weiter entfernt von seiner Basis. Sie sehen es zumindest Teile der Fans.

Die Bayern reiten seit drei Jahren voll auf der Internationalisierungswelle. Sie haben ein Büro in New York eröffnet und eins in Schanghai. Sie haben in Asien vorgespielt und ihre Saisonvorbereitung in die USA verlegt. Im Winter blieben sie ihren Freunden in Katar treu. Die Einnahmen aus Merchandising und Sponsoring in Fernost und im zahlungskräftigen Westen sollen steigen, unter anderem deshalb wurden reine Onlineshops eröffnet, wie der in China.

"Dort gibt es 170 Millionen Fußball-Fans, 90 Millionen sind Sympathisanten des FC Bayern", sagt Jörg Wacker. Er ist der Mann hinter den hochtrabenden Plänen, bei den Bayern zuständig für die im Sommer 2013 neu geschaffene Stelle "Internationalisierung und Strategie", sowie Merchandising und Lizenzen. "Wir wollen, dass unsere Marke in diesem Markt 365 Tage im Jahr sichtbar ist."

Hoeneß' scharfe Kritik

Als Uli Hoeneß als Manager beim Rekordmeister anfing, das war Ende der 70er Jahre, wären die Bayern schon froh gewesen, wenn ihr Logo flächendeckend in München zu sehen gewesen wäre. Hoeneß hat Wacker zu den Bayern geholt, der 48-Jährige ist sein Mann. Natürlich sind die Bayern eine globale Marke und natürlich stimmt es, wenn Wacker sagt: "Wer mit den Großen spielen will, muss in die Welt."

Aber die Bayern sind ja immer auch ein Role Model, zumindest für den deutschen Fußball. Hier toben seit geraumer Zeit die Debatten über Sinn und Unsinn ungezügelter Internationalisierung, über Pokalspiele in China, über die Superliga der Superreichen oder Spieltage, die sich von Freitag bis Montag erstrecken und schon lange nichts mehr mit der Grundprämisse "Samstag, 15.30 Uhr" zu tun haben. Es geht um viel Geld und die Grenzen der Belastbarkeit (der Spieler) und den Grenzen dessen, was den Fans zumutbar ist. Und was eben nicht.

Hoeneß geht auf Konfrontationskurs mit KHR

Uli Hoeneß hat in diesen Tagen aufhorchen lassen. "Wenn ich Präsident werden sollte, werde ich den Finger in die Wunde legen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht für jeden Fan, den wir in China gewinnen, einen in Bayern verlieren", sagte Hoeneß bei einem Kongress der "DAB-Bank". "Wir dürfen nicht unsere Heimatfans verlieren! Wir müssen wissen, wo unsere Wurzeln liegen. Das ist ein schwieriger Spagat, den wir schaffen müssen."

Die klaren Worte überraschen in ihrer Direktheit. Aber Hoeneß ist nun einmal Hoeneß und der macht schon Wochen vor seinem zu erwartenden Comeback als Präsident klar, wie er sich den zukünftigen Weg der Bayern vorstellt.

Die Spirale nicht überdrehen

Die Bundesliga und auch DFL-Chef Christian Seifert dürften aufmerksam zugehört haben. Hoeneß‘ Worte sind ein Fingerzeig dafür, dass der (deutsche) Profifußball aufpassen muss. Dass er das Rad nicht überdrehen darf und sich die Spirale des Geldverdienens nicht unendlich dreht. Zumindest nicht, ohne dabei das Essenzielle dabei zu verlieren: Die Fans.

Auch deshalb kommen seine Aussagen an der Basis sehr gut an. Hoeneß redet nicht nur für Kongressteilnehmer und Wirtschaftsbosse, in Los Angeles, Tokio oder Dubai. Er redet auch für die Menschen in den Bierzelten und an den Stammtischen in Starnberg, Passau oder Garmisch. Und - zumindest indirekt - auch im Rest der Republik.

Hoeneß hat Gespür für die Basis

In seiner Rolle als Vorreiter hat Hoeneß schon so manchen Trend initiiert und moderiert. Nun ist nicht davon auszugehen, dass aus ihm in den letzten Monaten und Jahren ein lupenreiner Marxist geworden ist. Aber Hoeneß hat ein sehr feines Gespür dafür, wie die Dinge an der Basis aufgenommen werden. Und wie weit man gehen darf bei der Jagd nach immer noch mehr Erfolgen und Geld.

Auch deshalb ist so ein Treffen mit einem Präsidenten eines kleinen Zweitligaklubs mehr als eine Geste. Es ist ein Signal. Deutschland bleibt für Hoeneß das Zentrum. Ein Gastauftritt im Erzgebirge wäre für den FC Bayern ein Klacks, im dicht gedrängten Terminkalender könnte dann im Zweifel ein Termin in Übersee unter den Tisch fallen. Die Bayern aber stärkten dadurch ihren Kernmarkt. Auch wenn Aue erwiesenermaßen gar nicht in Bayern liegt.