ALLES WAS SIE ÜBER DIE FORMEL E WISSEN SOLLTEN

Es ist erst die ihre dritte Saison, aber es scheint als wäre die Formel E eine der größten motorsportlichen Erfolgsgeschichten des 21. Jahrhunderts. Mit enthusiastischen Fans und natürlich kompletten Elektrorennwagen “The new kid on the racing block” hat es bereits geschafft, wichtige Hersteller zum mitmachen zu begeistern und generiert viel Aufmerksamkeit in der Rennsportwelt.

Der Hintergrund

Die Formel E wurde 2012 ins Leben gerufen, als die FIA verkündete, dass es eine neue Motorsport-Weltmeisterschaft mit rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen geben wird. Diese würde vor allem für eine jüngere Zielgruppe geschaffen und könnte der Autoindustrie eine Vision für die zukünftigen Jahrzehnte bieten.

Das waren natürlich große Ambitionen, aber im September 2014 und damit nur zwei Jahre später, fand in Peking auf einer Strecke rund um das Gelände der olympischen Spiele von 2008 tatsächlich das erste Rennen statt. Sieger des historischen Rennens wurde der ehemalige Formel 1-Pilot Lucas di Grassi, nachdem die beiden führenden Autos mit Nicolas Prost und Nick Heidfeld in der letzten Kurve ineinander krachten… und die Formel E in die Schlagzeilen brachte.

Inzwischen ist die Formel E in ihrer dritten Saison angekommen und begeistert bis zu einer Million Zuschauer, von der viele ganz neu zum Motorsport gekommen sind. Enorm ist auch das riesige Echo im Social Media. Allein hier wurde die Formel E in der ersten Saison nahezu füf Milliarden mal erwähnt.

Seit damals wurde die Serie immer besser, zog einige der größten Firmen im Motorsport an (auch der F1-Koloss Mercedes bekundete kürzlich Interesse) und veranstaltet ihre Rennen mitten in einigen der aufregendsten Städten der Welt.

Die Autos

Die Formel E Autos spiegeln das aktuell Machbare im Bereich elektrisch angetriebener Fahrzeuge und die Serie wurde zum Testfeld für Innovationen, die in unsere Straßenautos fließen werden.

Bereiche wie Kühltechnologie, Batteriemanagement, Software und Leistungselektronik werden alle bis zum Limit ausgereizt, damit die Autos immer besser werden und die zur Verfügung stehende Energie optimal ausnutzen.

Im Moment verwenden die Fahrer während eines Rennens zwei Autos, da die aktuelle Batterieleistung noch nicht auf eine volle Renndistanz kommt. Das Ziel ist es, dies innerhalb der nächsten beiden Saisons zu schaffen. Sobald es der Formel E gelingt, die Fahrzeit und auch die Leistung ihrer elektrischen Autos zu verbessern, ist fast schon sicher, dass diese Technologien sehr bald ihren Weg in unsere Familienautos finden werden.

Im ersten Jahr wurden die Teams mit einem Standardfahrzeug ausgerüstet – dem Spark-Renault SRT01E. Die Technik dazu wurde in großen Teilen von den größten Namen im Motorsport geliefert. Hierzu gehören Firmen wie McLaren mit dem Elektromotor, Dallara mit dem Chassis und ein Batteriesystem aus dem Hause Williams.

Seitdem wurden den Teams immer mehr Freiheiten in der Entwicklung ihrer eigenen Autos gegeben, zwischenzeitlich dürfen sie ihre eigenen Elektromotoren, Kühlsysteme, Getriebe und Inverter bauen.

Zur dritten Saison wurde ein neuer Frontflügel eingeführt. Dieser hat eine aggressive Doppeldeckerform und ist zum größten Teil nur eine kosmetische Änderung, um die Formel-E von den anderen Serien mit freistehenden Rädern abzuheben. Die Formel E arbeitet aber auch sonst sehr an ihrem Aussehen. Für die fünfte Saison ist ein atemberaubendes neues Chassis geplant und man hat die Hoffnung, dass das Auto am Ende noch aggressiver aussehen wird.

Auf der technischen Seite war für diese dritte Saison die größte Änderung, dass den Teams erlaubt wurde, während einem Rennen mehr Leistung zu generieren als zuvor. In Zahlen: Das erlaubte Limit der Energierückgewinnung wurde um 50% auf 150kW erhöht. Dadurch hat ein effizienteres Auto über die Renndistanz gesehen mehr Leistung, die der Fahrer abrufen kann.

Williams Engineering brachte dazu eine neue Batterie ins Fahrzeug, damit die zusätzliche Energie auch gespeichert werden kann – ein großartiges Beispiel, wie die Entwicklungen aus der Formel E den Elektro- und Hybrid-Autos auf der Straße helfen kann.

In der Formel E gibt es keine Boxenstopps. Außer bei einem Reifenschaden, kommt es nicht zu einem Wechsel der Räder. Eigesetzt werden 18 Zoll Räder von Michelin, der normalerweise ein gesamtes Rennwochenende durchhält. Dabei gibt es auch hier eine regelmäßige Weiterentwicklung, so zum Beispiel in dieser Saison, bei der der Rollwiderstand verringert und damit das Aufwärmverhalten optimiert wurde – und dazu das Gewicht reduziert.

Die Rennen

Ein Renntag in der Formel E beginnt um 8:00 Uhr morgens. Dann haben die Fans bei den Trainings die erste Chance, die Autos auf der Strecke fahren zu sehen. Die Fahrer haben zu dieser Zeit die Möglichkeit, beide Autos mit ihrer maximalen Leistung von 200kW zu nutzen.

Das Qualifying beginnt zur Mittagszeit und dauert eine Stunde.

Im Qualifying kommt es dann zu einem ersten Höhepunkt, wenn die Fahrer in kleinen Gruppen sechs Minuten lang versuchen, eine absolut schnellste Runde zu fahren- auch wieder mit der vollen Leistung von 200kW.

Nach dieser Gruppenphase dürfen in der Super-Pole die fünf schnellsten Fahrer nochmal einzeln auf die Strecke und fahren in diesem “Super-Pole-Shootout” die Pole-Position aus. Der Fahrer, der dieses Shootout gewinnt, holt sich auch drei zusätzliche Punkte für die Gesamtwertung.

Danach ist eine Pause bis zum Rennen. Das Rennen selbst dauert ungefähr 50 Minuten und es ist ein Boxenstopp enthalten, in dem das Auto getauscht wird. Da die Batterien bislang noch nicht die gesamte Renndistanz durchhalten, ist das notwendig, ebenso wie die Reduzierung der Leistung auf 170kW.

Die ersten zehn Fahrer erhalten nach dem gleichen Punktesystem wie in der Formel 1 ihre Punkte für die Gesamtwertung. Einen zusätzlichen Punkt gibt es für die schnellste Rennrunde.

Social Media

Einzigartig ist der “FanBoost”. Dieser wurde extra für die Formel E erschaffen, um einen regelrechten Social Media-Hype zu schaffen. Hierbei kann jeder Fan für seinen Favoriten stimmen. Die Wahl wird ein paar Wochen vor dem Rennen geöffnet und sechs Minuten nach dem Beginn des Rennens geschlossen. Die drei Fahrer mit den meisten Stimmen bekommen als “Preis” die Möglichkeit, während des Rennens einen Bonus von 100kJ Energie zu nutzen. Das hilft dem Piloten kurzfristig auf 180-200kW Leistung, also ungefähr die Power aus dem Qualifying, zu kommen. Der Einfluss des Fanboost im Rennen wurde seit der ersten Saison etwas verringert um zu vermeiden, dass das Rennen nicht durch die Beliebtheit des Fahrers gewonnen wird, sondern durch dessen fahrerische Qualitäten.

Die Umwelt

Die Formel E wurde auch deshalb ins leben gerufen, um eine weit umweltfreundliche Serie als die bisherigen traditionellen Rennserien zu etablieren. Die Autos verwenden Glyzerin für ihren Antrieb. Glyzerin wird von der britischen firma Aquafuel hergestellt und ist ein Generator, der alle 40 Formel E-Autos innerhalb von 50 Minuten komplett laden kann.

Dieses Glyzerin ist Carbonneutral und ein Nebenprodukt bei der Herstellung von Bio-Diesel oder wird durch den Anbau von Salzwasseralgen an der Meeresküste gewonnen, also in Gebieten, in denen ein Anbau von anderem Getreide nicht möglich ist.

Die Formel E-Reifen von Michelin sind extrem effizient konstruiert und funktionieren bei jedem Wetter. Dazu werden sie alle nach dem Rennen recycled.

Und die Rennen, die finden auf Straßen in den Weltmetropolen statt – nur der mexikanische GP wird auf einer traditionellen Rennstrecke ausgetragen, aber auch dieser liegt im Herzen von Mexico City.

Das bedeutet, dass es keine neue Umweltverschmutzung durch neue Rennstrecken und Asphalt gibt. Ein weiterer Vorteil ist: Die Zuschauer müssen nicht weit zur Strecke fahren, wodurch sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen können und damit auch selbst einen Beitrag zur Schonung der Umwelt leisten.

Dazu ist noch hervorzuheben, dass der Kalender der Serie so aufgebaut wurde, dass man den Reiseaufwand der Teams so klein wie möglich hält. Der Offizieller Logistiker der Serie, die deutsche DHL, transportiert das Material der Formel E bevorzugt via Seefracht, Zug oder auf der Straße und nur wo nötig per Luftfracht.