Die Fortsetzung des filmreifen Olympia-Märchens

Die Fortsetzung des filmreifen Olympia-Märchens

Einige Jahre ist es her, da erlebte Yusra Mardini einen wahren Horror-Moment.

In einer Schwimmhalle in ihrer Heimatstadt Damaskus durchschlug eine Granate das Dach ihrer Trainingshalle. Die junge Syrerin und ihre Trainingsgruppe hatten Glück, weil die Granate auf den Grund des Beckens sank, ohne zu explodieren.

Der Horror des Bürgerkrieges ist für die 23-Jährige inzwischen weit weg, erlebte sie seitdem doch mehr als nur ein Märchen. Und nun steht das nächste Kapitel ihrer außergewöhnlichen Geschichte bevor.

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Bei den Olympischen Spielen 2016 war Mardini die große Protagonistin für Herz und Seele. Nach ihrer Flucht aus Syrien trainierte sie in Deutschland und fuhr mit dem offiziellen IOC-Flüchtlingsteam tatsächlich zu den olympischen Schwimmwettbewerben in Rio de Janeiro.

Damit ging für die damals 18-Jährige ein Traum in Erfüllung - der nun noch getoppt werden könnte. Auch in Tokio wird sie mit 28 anderen Athletinnen und Athleten für das IOC Refugee Olympic Team an den Start gehen - und hofft dabei auf eine besondere Ehre: Sie möchte die Flagge für das Team ins Stadion tragen.

"Das ist einer meiner größten Träume! Ich würde richtig, richtig stolz sein", erklärte sie im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: "Ich glaube, meine Mutter würde heulen. Und mein Vater wäre richtig stolz."

Yusra Mardini: "Tokio noch emotionaler als Rio"

Unabhängig davon ist die zweite Teilnahme an den Olympischen Spielen aber ohnehin bereits eine unglaubliche Geschichte - und sogar noch bedeutsamer als Olympia 2016. Als sie von ihrer Nominierung erfuhr, habe sie die ganze Zeit geheult, "weil es so emotional für mich war. Wenn ich ehrlich bin: Das war viel emotionaler als Rio", gestand sie. Schon als sie nach Rio fuhr, konnte sie es kaum glauben und "jetzt kann ich nicht glauben, dass ich nach Tokio gehe."

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Die erneute Teilnahme ist die Belohnung ihrer harten Arbeit. Denn ihr Erfolg sei kein Glück, sondern das Ergebnis ihres Trainings, seit sie drei Jahre alt war. "Ich habe so hart gearbeitet. In Syrien musst du immer kämpfen für deinen Sport – sogar um deine Schwimmbahn."

Netflix will ihre Geschichte erzählen

Aber Mardini musste nicht nur um ihren Sport kämpfen. Auf ihrer Flucht über das Mittelmeer saß sie mit ihrer Schwester in einem überfüllten Schlauchboot. Als dessen Motor vor der Insel Lesbos den Geist aufgab, sprangen die beiden Schwestern und zwei weitere Flüchtlinge ins Meer, stabilisierten das Boot und zogen es schwimmend drei Stunden lang an das Ufer. 20 Menschenleben konnten durch den mutigen Einsatz gerettet werden.

In ihren Träumen verfolgt sie dieses Erlebnis immer noch. Und doch gibt es ihr Kraft, um weiterzukämpfen. "Wenn ich die Augen aufmache, dann weiß ich es. Was auch immer passiert, ich werde aufstehen", schreibt sie in ihrem Buch "Butterfly".

Fahnenträgerin bei Olympia?

Die beeindruckende Lebensgeschichte der Sportlerin soll im nächsten Jahr sogar verfilmt werden. Erst kürzlich gab der Streamingdienst Netflix bekannt, mit "The Swimmers" das Leben von Yusra Mardini und ihrer Schwester Sarah zeigen zu wollen. Mit dabei ist dann unter anderem der deutsche Schauspieler Matthias Schweighöfer. (Alles Wichtige zu Olympia)

Nun steht für die 23-Jährige aber erst einmal die zweite Olympia-Teilnahme vor der Tür. Sollte ihr dabei die Ehre zuteil werden, die Fahne für das Flüchtlingsteam zu tragen, wäre dies wohl eines der größten Highlights ihres Lebens.

Und selbst für die Zeit nach der Sportkarriere hat Mardini bereits einen Plan: endlich den deutschen Pass erwerben, studieren und eine Schwimmschule eröffnen. Ihre 140.000 Follower auf Instagram wird sie garantiert auf dem Laufenden halten.