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Franck Ribery: Eine Entgleisung zu viel

Franck Ribery durfte sich als Angestellter des FC Bayern München viele Fehltritte leisten, stets kam er glimpflich davon. Das gilt auch für sein schäbiges Verhalten in der Goldsteak-Affäre. Dennoch könnte ihn die Internet-Pöbelei einholen – und dieses eine Mal empfindlich treffen.

Franck Ribery spielt seit 2007 für den FC Bayern München.
Franck Ribery spielt seit 2007 für den FC Bayern München.

Franck Ribery wusste, was er tat. Seine vulgäre Twitter-Entgleisung, sein hasserfülltes Pamphlet, ist in dieser Form einzigartig im deutschen Sport und einzigartig ist hier ausnahmslos negativ behaftet. Die Tatsache, dass Riberys Wortwahl nicht im Affekt passierte, nicht am Spielfeldrand nach emotionalen 90 Minuten ohne Happyend, nicht nach einem üblen Tritt eines Gegenspielers, sondern “wohl” überlegt war mit Vorabankündigung (“Ich werde wohl einige Mütter beleidigen müssen”) macht die Angelegenheit noch schlimmer, unabhängig davon, gegen wen sich Riberys Tirade richtet; in erster Linie müssen sich Riberys Landsleute angegriffen fühlen, vornehmlich Journalisten.

Ribery hat schon vor langer Zeit mit seiner Heimat gebrochen – und sie mit ihm. Spätestens seit der WM 2010 ist sein Verhältnis zu Frankreich konfliktbelastet. Damals galt Ribery als Rädelsführer der französischen Revolution gegen Nationaltrainer Raymond Domenech. Der Mann, der Frankreich vier Jahre zuvor in Deutschland ins WM-Finale geführt und dem jungen Franck Ribery erstmals auf die große Bühne des Weltfußballs verholfen hatte.

Gegenseitige Abneigung

2014 verzichtete Ribery auf die WM in Brasilien, als Grund gab er Rückenbeschwerden an. Seine Landsleute warfen ihm vor, sich für den FC Bayern schonen zu wollen. Seitdem wird jeder Fehltritt des Verstoßenen in Frankreich ausgeschlachtet, seine sportlichen Leistungen sind oft nur noch eine Fußnote. Gerne lassen sich die Franzosen über seinen protzigen Lebensstil aus, amüsieren sich über sein angeblich schlechtes Französisch und machen sich sogar über sein Äußerliches lustig. Zur Erinnerung: Riberys Narbe im Gesicht resultiert aus einem schweren Verkehrsunfall als er zwei Jahre alt war.

Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Ribery hat schon vor Jahren verkündet, nie mehr in Frankreich leben zu wollen; er sieht die Zukunft für sich und seine Familie in Deutschland, seiner zweiten Heimat.

Der Gegenwind, den Ribery aus Frankreich spürt, verknüpft mit fiesen Beleidigungen jenseits des guten Geschmacks, denen auch enge Familienmitglieder ausgesetzt sind, sind nicht tolerierbar, berechtigen ihn aber keineswegs, derart obszön und unanständig zurückzuschießen.

Nach den Handgreiflichkeiten mit einem Fotografen im September 2018 und einem Journalisten im letzten November hat Ribery abermals schlechte Manieren gezeigt. Der letzte Akt könnte ihn noch lange beschäftigen. Bis 30. Juni steht er beim FC Bayern noch unter Vertrag, es droht ein Spießrutenlauf durch fremde Stadien und auch der eine oder andere Bayern- und Ribery-Fan hat via Social Media eine Entfremdung angedeutet.

Ribery verbaut sich seine Zukunft

Sein Arbeitgeber hat bei Ribery einmal mehr beide Augen zugedrückt. Die von Sportdirektor Hasan Salihamidzic angekündigte “sehr hohe” Geldstrafe kann gar nicht hoch genug ausfallen, sie nötigt Ribery bei geschätzten 14 Millionen Euro Jahresgehalt nur ein müdes Lächeln ab.

Ribery würde seinen am Saisonende auslaufenden Vertrag gerne noch einmal verlängern und in ein 13. Jahr beim FC Bayern gehen. Zum Ende der Hinrunde hat er mit drei Toren in zwei Bundesligaspielen Werbung in eigener Sache für eine weitere Anstellung als Spieler gemacht. Seine beschämende Internet-Pöbelei könnte ihn diesbezüglich aber nachhaltig und diesmal empfindlich schaden. Es ist nicht vorstellbar, dass er über den 30. Juni hinaus noch eine Zukunft hat beim FC Bayern. Das war dann doch eine Entgleisung zu viel.